Der Bademeister: Roman (German Edition)
Filters löste wie ein Pflaster von einer Eiterwunde. Die anderen standen im Kreis um uns herum, ich suchte Klaus mit meinem Blick, doch der Hausmeister winkte ihm mit seiner freien Hand, und Klaus trat einen Schritt vor, knüllte eine Serviette mit roten Ketchupflecken zusammen und schleuderte sie unter dem Gelächter der anderen so weit er konnte.
Sie sind hinausgegangen, ohne mich weiter zu beachten. Als die Hand des Hausmeisters mich freiließ, blieb ich still am gleichen Platz, dann hockte ich mich an den Beckenrand, beobachtete das Wasser, das sich beruhigte wie ein Kranker, der nach einem Anfall in sich zusammensinkt, ohne sich zu wehren. Ich tauchte meine Hand ins Wasser, die Papierchen waren zu weit fort, ich konnte nicht nach ihnen greifen und stand nicht auf, um den Kescher zu holen, das Wasser war kühl und leblos wie ein toter Körper, und als ich meine Hand herauszog und daran roch, stach mir scharfer Geruch in die Nase, Putzmittel und Bosheit und Verwesung, und mich ekelte vor meiner Hand. Ich habe nichts getan. Das Wasser war mir plötzlich fremd. Ich habe mich gefürchtet. In der Eingangshalle verklangen die Stimmen, als einer nach dem anderen hinausging, ich hörte, wie die Tür ins Schloss fiel, dann war es still, ich habe nichts gesagt, es war so still wie jetzt.
Sogar im Becken sehe ich manchmal Leute. Sie gehen auf und ab wie Gefangene in einem Hof. Zuweilen bückt sich einer, streicht mit dem Finger über die Fliesen, wie ich es auch getan habe, riecht an seinem Finger, im Halbdunkel kann ich die Bewegung unterscheiden, auch wenn ich die Gesichter nicht erkennen kann, und wenn ich hinschaue, sind sie verschwunden. Schattengestalten sind es, die nicht antworten, wenn ich sie rufe. Gäbe es noch Wasser hier, würden sie nicht kommen. Tote sind dabei und andere. Wer einmal hier war, kommt nicht wieder heraus. Sogar der Hausmeister hat sich getäuscht, als er glaubte, mit dem Wasser wäre alles abgetan. Ich sehe ihn ja vor mir: die dicken Arme, die an den Schultern hängen, das gerötete Gesicht, die kurzen, lauten Schritte. Frau Karpfe ist noch immer einen halben Kopf größer, raucht mürrisch eine Zigarette nach der anderen, ihr kurz geschorenes Haar färbt sie blond, sie steht oben auf der Galerie dicht an die Wand gedrängt und hält einen Aktenordner mit Unterlagen in den Händen, und wenn ich zu ihr schauen will, wendet sie sich ab und weiß nicht, wer ich bin. Wohin soll ich denn gehen? Es kommt hier keiner heraus.
Nur das Geräusch meiner Schritte zwischen den Pfeilern höre ich, wenn ich nichts sage. Man sieht die Schrunden in der Wand. Die Plastikfolie habe ich nach meiner Rücckehr abgerissen. Sie hielt den Schmutz nicht ab, aus der offenen Stelle rieselte weiter Staub, und das Plastik raschelte, wenn man vorüberging. Die Nägel habe ich mit herausgerissen. Die Farbe ist abgeplatzt, wo der Hausmeister sie in die Wand geschlagen hat, und tiefe Risse ziehen sich einen halben Meter weit. Unterhalb der Galerie sieht man keine Schäden, weil die Wand dort gekachelt ist wie in den Auskleidekabinen. Aber wenn man über die Kacheln streicht, spürt man Unebenheiten, als wären die Mauern aufgequollen, als gäbe es Wasserschäden in der Wand.
Es lohnt sich nicht, die Schwimmhalle zu heizen, verkündete der Hausmeister am nächsten Morgen und zeigte mir ein kleines Schild aus Pappe: Die Schwimmhalle bleibt geschlossen. Du darfst das Wasser ablassen, sagte er, oder willst du, dass ich es mache?
Obwohl es kühl war, zog ich so wie an allen Tagen die Badehose an. Dann ging ich in die kleine Kammer, die vom ersten Absatz der Treppe zum Heizungskeller aus zugänglich ist.
Zögernd bin ich die Treppe hinuntergegangen und musste noch einmal umkehren, weil ich den Schlüssel in der Tasche des Bademantels vergessen hatte. Ich habe darauf geachtet, die Kammer verschlossen zu halten, denn dort befinden sich der Zufluss und der Abflussschieber, der Filter, und auch die großen Dosen mit Chlor und Flockungsmittel bewahre ich dort auf.
Nur der Hausmeister, die Verwalterin und ich haben einen Schlüssel, und ich habe die Kammer selbst geputzt, habe den Zuflusshahn und den Abschlussschieber selbst gewartet, in regelmäßigen Abständen gereinigt und geölt, damit sie sich leicht und mühelos bewegen lassen und nicht verrosten. Jede Woche einmal habe ich etwas Wasser abgelassen, frisches hinzugefügt, erst danach Chlor hineingegeben. Den Filter habe ich gereinigt, und ebenso die Pumpen, die das geheizte
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