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Der Bienenfresser

Der Bienenfresser

Titel: Der Bienenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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Parodie einer Sicherheitsvorführung ab. Bald lag ihre Uniform verstreut auf der Bühne, während sie sich, angetan mit einer Schwimmweste, den Zuschauern präsentierte. Die Lichtorgel zauberte bunte Flecken auf ihren Körper und die langen Haare.
    Ich trat an die Bühne heran, schob ihr zehn Tanit-Dollar unter die Gurte der Rettungsweste und sagte: »Schöne Grüße von Kapuste.«
    Ich war mir ziemlich sicher, dass der Tipp von ihm kam.
    Einen winzigen Moment schien die Stripperin verwirrt, dann hatte sie sich gefangen. Sie lächelte mir zu und ihr Blick deutete zu den Vorhängen, hinter denen die Separees lagen.
    Ich betrat eine der Kabinen, sie war nicht viel größer als ein Fotofix am Bahnhof und auch nicht viel anregender. Fünf Minuten später zog Kristine den Vorhang zu.
    »Tiene que estar cansado«, ich müsse erschöpft sein, sagte sie, eine Floskel, die wohl zum Ritual gehörte und eine fällige Aufmunterung einleitete, die darin bestand, dass sie mir auf die Pelle rückte, ich sie aber nicht berühren durfte. »Sonst verliere ich meinen Job«, sagte sie auf Deutsch mit slawischem Tonfall, »und der Klub seine Lizenz.«
    »Und der Gast seine Schneidezähne?«, fügte ich hinzu.
    Mir waren zwei Männer aufgefallen, die bestimmt nicht zu den Gästen zählten, ein Langer mit knochigem Gesicht und ein Kleiner mit der Figur und der Ausstrahlung eines Pitbulls.
    Sie ruckte mit den Schultern, was ihre Brüste in
    Schwingungen versetzte.
    Ich lehnte mich zurück, ließ sie gewähren.
    »Was wünschen Sie, mein Herr?«
    »Eine Auskunft.«
    Angeekelt, als hätte ich nun etwas wirklich Perverses verlangt, verzog sie ihr Gesicht. Eine gefaltete Tanit-Note glättete ihre Miene wieder. Ich winkte sie mit dem Spielgeld heran. Als sie mit ihrem Ohr ganz nah meinem Mund war, flüsterte ich: »Wo finde ich Dora Klugmann?«
    »Sind Sie ein Freund?«
    »Ich vertrete Doras Interessen«, wich ich aus.
    Meine Antwort brachte sie ins Grübeln.
    »Wenn Sie mal etwas ganz Spezielles wünschen«, sagte sie schließlich mit übertrieben erotischer Stimme und einer Geste wie aus einem alten Monroe-Film, »da gibt es eine Finca bei San Mateo, die heißt Can Blai, ein Boot steht vor der Tür. Dort werden Sie finden, was Sie suchen.«
    Ein bisschen genauer wollte ich es schon haben. Meine Tanit-Dollar waren verbraucht, ich bezahlte ihre freundlichen Sonderdienste mit normaler Währung.
    »Sind Sie nun zufrieden, mein Herr?«
    »Vollkommen«, sagte ich mit Nachdruck.
    23.
    An San Mateo war der Tourismus bislang vorübergegangen.
    Abgesehen von ein paar Bauunternehmern und Spekulanten wird das kaum jemanden gestört haben. Keine
    Ferienwohnungen, dafür Weinfelder, Pinienwäldchen, hin und wieder eine wehrhafte Finca auf kahler Hügelkuppe. Die Wege abseits der Asphaltstraßen waren staubig und voller Schlaglöcher.
    Ich brachte das Motorrad zum Stehen und hielt Ausschau.
    Hinter San Mateo sollte ich mich an einem Brunnen auf freiem Feld orientieren, der wie eine kleine Kapelle aussah, dann immer geradeaus fahren bis zu einer Gabelung und von dort aus den blauen Pfeilen folgen. So hatte mir Kristine den Weg beschrieben.
    Hörte sich einfach und präzise an. Nur dass es auf der ganzen Insel wohl keinen einzigen Feldweg gab, der geradeaus führte.
    Überall waren Kurven, Schlenker und Abzweigungen und manchmal verlor sich der Weg auf einem Feld oder endete an einer der Natursteinmauern, die wie ein Fischernetz die Insel überzogen.
    Nach mehreren Anläufen fand ich die blauen Pfeile wieder und dann sah ich auch das Boot in der Landschaft, genau genommen war es der Rumpf eines Katamarans samt
    gebrochenem Mast und losen Wanten, die im Wind hin und her schlugen. Das alte Bauernhaus sah von weitem romantisch aus mit den blühenden Bougainvillea-Sträuchern und den von Kakteen überwucherten Ställen aus Feldsteinen. Aus der Nähe betrachtet machte das Anwesen jedoch einen ziemlich verwahrlosten Eindruck.
    Allerlei Strandgut lag herum, obwohl das Meer recht weit entfernt war und sich zudem an einer Steilküste brach. Ein Zaun aus ausrangierten Bettgestellen, leere Flaschen bildeten einen regelrechten Hügel und aus einem Teerfass stieg Rauch empor. Abgemagerte Katzen, die eine riesige Paellapfanne mit Essensresten belagerten, stoben bei meinem Näherkommen auseinander.
    Nachdem ich mehrmals laut gerufen hatte, öffnete sich die Haustür.
    Ein stämmiger Mann in Latzhosen, begleitet von einem Rottweiler, erschien unter dem Vordach der

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