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Der blinde Passagier

Der blinde Passagier

Titel: Der blinde Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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gehörte, weit zurücktreten. Aus Gründen der Sicherheit.
    Als die Maschine dann zur Startbahn rollte, veränderte sie ihre Richtung, und Frau Schimmelpfennig mußte ihren Hut festhalten, weil sie plötzlich vom Wind der vier Düsentriebwerke wie von einem Wasserwerfer getroffen wurde.
    Aber sie rührte sich nicht von der Stelle.
    Das Flugzeug zog jetzt, am Ende des Flugfeldes, eine Kurve und blieb dann stehen. Gleich darauf setzte es sich wieder in Bewegung und rollte immer schneller über die verschneite Startbahn.
    Als die Maschine näher kam, glaubte Frau Schimmelpfennig trotz der Geschwindigkeit hinter einem der ovalen Fenster ihren Sohn zu erkennen. Sie riß ihre beiden Arme hoch und winkte noch, als das Flugzeug längst in der Luft war.

Frau Bergström ist an allem schuld

    Als Peter Schimmelpfennig an Bord kam, stand eine hellblonde Stewardeß an der Tür und begrüßte ihn. Sie sagte: „Guten Tag“ und lächelte so, wie Politiker oder Filmstars lächeln, wenn sie merken, daß Fotografen in der Nähe sind.
    Peter setzte sich auf einen Fensterplatz in der Mitte des Flugzeugs, dicht hinter den Tragflächen.
    Eine zweite Stewardeß, die rötliches Haar hatte und etwas mollig war, zählte ab. wieviel Passagiere eingestiegen waren. Da die Maschine beinahe leer war, hatte sie diese Arbeit ziemlich schnell erledigt. Sie sagte, zu ihrer Kollegin gewandt, „okay“, und dann fing sie damit an, den Fluggästen die neuesten Zeitungen anzubieten. Die Tür wurde verschlossen, und Peter konnte sehen, wie draußen die Gangway zur Seite gerollt wurde. Gleich darauf sprangen auch schon die vier Düsenmotoren an.
    Peter winkte noch einmal Frau Schimmelpfennig zu.
    „Bitte anschnallen, junger Mann“, sagte die hellblonde Stewardeß und zeigte, wie der Metallverschluß an dem breiten Sicherheitsgurt funktionierte.
    Die Maschine zitterte ein wenig und setzte sich in Bewegung. Als sie zur Startbahn eindrehte, wurde Frau Schimmelpfennig zum letzten Mal sichtbar. Ihr Mantel flatterte, als stünde sie bei Windstärke 12 auf der Kommandobrücke eines Schiffes. Sie mußte ihren Hut festhalten. Aber sie winkte immer noch, so gut es ging.
    Am Anfang der Startbahn brachte der Pilot die Maschine für einen kurzen Augenblick wieder zum Stehen. Er gab bei angezogenen Bremsen Vollgas, um die Motoren zu kontrollieren. Man hatte jetzt den Eindruck, als würde das ganze Flugzeug durchgeschüttelt. Aber das dauerte nur ein paar Sekunden. Gleich darauf bewegten sich vor den Fenstern Rasen und Betonbahn.
    Und dann spürte Peter Schimmelpfennig durch seinen gepolsterten Sitz und den Boden des Flugzeugs hindurch, daß sich die schwere Maschine von der Erde abhob. Sie kletterte immer höher, ging in eine Kurve und stieg direkt in das Licht der Sonne hinein.
    „Meine Damen und Herren“, sagte eine Stimme über die Bordlautsprecher, „Kapitän Webster und seine Crew freuen sich, Sie an Bord ihrer Maschine auf dem Flug nach Frankfurt begrüßen zu dürfen. Der Flug wird fünfzig Minuten dauern, und wir fliegen...“ Peter erfuhr, in welcher Höhe man fliegen würde, die genaue Außentemperatur während des Fluges und die zu erwartende Temperatur in Frankfurt. Er versuchte noch, irgendwo unter sich den Flugplatz und vielleicht auch Frau Schimmelpfennig zu entdecken. Aber das war hoffnungslos. Die Stadt lag weit zurück, und die Maschine flog bereits über Wälder, kleinere Dörfer und Straßen, die man nur schwer erkennen konnte, weil ja alles weiß und zugeschneit war.
    Nach etwa zehn Minuten kamen die ersten Wolkenfetzen angeflogen, und dann dauerte es nicht mehr lange, bis es vor den Fenstern nur noch grau und diesig war. Während das Flugzeug jetzt immer tiefer in diese Waschküche aus Dampf und Qualm hineintauchte, servierte die Stewardeß mit den hellblonden Haaren Kuchen und Kaffee.
    „Sehr freundlich“, bedankte sich Peter Schimmelpfennig und griff zu. Und jetzt erst, als er an der Schokoladentorte kaute und immer wieder einmal einen Schluck aus der Kaffeetasse nahm, fand er Zeit, um zum ersten Mal in Ruhe darüber nachzudenken, was in den letzten zwei Stunden eigentlich noch alles passiert war.
    „Wir beim Zoll sind da noch ganz andere Dinger gewohnt“, hatte Onkel Emil nur gesagt, als ihm Frau Schimmelpfennig am Telefon die Sache mit Herrn Sang Ping und dem gestohlenen Geld erzählt hatte. „Allerdings muß die Angelegenheit bis zum Abend erledigt sein. Wir haben nämlich ausgerechnet heute unsere Betriebsfeier, und da muß ich

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