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Der Domino-Killer

Der Domino-Killer

Titel: Der Domino-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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auf diesem Weg zu erreichen. Skype war Jacksons Ding gewesen … Mac musste den Account zufällig aktiviert haben, als er den Computer am Tag zuvor eingerichtet hatte. Ich ging zum Küchentisch, wo mein Laptop offen dastand. Das Auge der eingebauten Webcam schaute aus seinem Schlitz am oberen Rand des Bildschirms, und ich nahm den Anruf mit einem Mausklick an.
    Mir blieb das Herz stehen. Ich hörte auf zu atmen. Bewegte mich nicht. Konnte nicht denken.
    Er erschien auf meinem Bildschirm, in schlechter Auflösung und verschwommen. Aber am Leben.
    Martin Price.
    JPP.
    Der Domino-Killer.
    «Hallo.»
    Ich setzte mich an den Tisch vor den Laptop. Zitterte unkontrollierbar. Starrte ins kalte Auge der Webcam. In sein Gesicht. Oder das Abbild seines Gesichts. Auf den grauen Geist, der da auf meinem Bildschirm schwebte.

KAPITEL 8
    «Wo steckst du, Martin?»
    «Das würdest du wohl gern wissen?»
    «Was willst du?»
    «Was willst du ?»
    Sein dünnes blondes Haar war ordentlich gekämmt und auf einer Seite gescheitelt wie immer. Jede kleinste Bewegung, die er machte, wirkte mechanisch, wie eine schlechte Animation. Aber er war real. Am Leben. Irgendwo da draußen. Und sprach mit mir.
    Ich antwortete nicht. Dass er glaubte, meine Gedanken lesen zu können, machte mich krank. Er hatte meine Todessehnsucht gespürt, was sein Gefühl von Macht nur verstärkt hatte. Das konnte ich an seinem selbstzufriedenen Gesichtsausdruck ablesen, während er darauf wartete, dass ich antwortete.
    «Wie hast du mich gefunden?» Kaum hatte ich es ausgesprochen, begriff ich, dass das keine Rolle spielte. Er fand jeden, den er finden wollte. Tat immer genau das, was er wollte. Zog weiter. Und schlug dann wieder zu.
    «Interessiert dich das wirklich?»
    Und wieder antwortete ich nicht.
    «Weißt du, Karin, du solltest nicht immer wieder um Sachen bitten, von denen du dir nicht sicher bist, ob du sie wirklich willst.» Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus wie ein langsamer Schnitt mit einem Messer. Ich streckte einen Finger aus, um sein Bild zu berühren, wollte wissen, was dann passieren würde. Sein Grinsen wurde breiter, seine Lippen teilten sich. Dabei fiel mir zum ersten Mal auf, dass sich zwischen all seinen Zähnen Lücken befanden.
    «Konntest du sie dir nicht richtig merken?» Das war keine ernstgemeinte Frage, sondern eher Hohn und Spott. Er streckte die Hand vor sein Gesicht und drehte die Webcam so, dass sie die Tastatur zeigte. Auf deren vorderen Rand hatte er vier Dominos gelegt. Dieselben sieben Zahlen: drei, sechs, vier, eins, fünf, zwei, drei.
    «Doch, ich erinnere mich ganz genau an die Zahlen.»
    « Tust du nicht .»
    Er hatte eine Menge Vertrauen in unsere Fähigkeiten – in meine und die der SOKO. Als ob wir ihn inzwischen längst geschnappt hätten oder ihm zumindest dicht auf den Fersen gewesen wären, wenn ich die Zahlen nicht vergessen hätte. Glaubte er wirklich, dass wir ihn so genau durchschauten? Oder hoffte er das vielleicht? Fühlte er sich einsam, wenn er sein krankes Spiel ohne einen angemessenen Gegner spielen musste? War er beim letzten Mal frustriert gewesen, weil wir die Dominosteine auf meinem Rasen in Maplewood erst nach den Morden entdeckt hatten?
    «Wir wissen nicht, was die Zahlen bedeuten.»
    Er richtete die Webcam wieder auf sein Gesicht. Schien über etwas nachzudenken. Sein Lächeln wurde zur Grimasse: «Kürzlich irgendwelche guten Bücher gelesen?»
    Und dann war er verschwunden. Wo sein Gesicht gewesen war, schwebte jetzt ein unscharfes Quadrat. Entsetzt starrte ich auf meinen Laptop.
    Kürzlich irgendwelche guten Bücher gelesen ?
    Was wollte er mir damit sagen? Was meinte er?
    Etwas blitzte in meinen Gedanken auf. Vielleicht waren es die Tabletten, deren Wirkstoff seinen Weg in meinen Blutkreislauf fand. Oder dass es wieder eine Begegnung mit JPP in meiner Wohnung gegeben hatte. Das war nun sein dritter Besuch in meinem Leben: Zuerst war er gekommen, um meine Familie auszulöschen, dann, um mich umzubringen, und jetzt, um dafür zu sorgen, dass ich ihn nicht vergaß. Weil sein Hunger noch nicht gestillt war. Weil er irgendwo da draußen verzweifelt darauf wartete, dass wir sein Rätsel endlich lösten. Aber wieso wusste er, dass uns das noch nicht gelungen war? Woher um alles in der Welt hatte er erfahren, dass wir an der Entschlüsselung der sieben Zahlen gescheitert waren?
    Ich schob den Laptop beiseite, stützte die Ellbogen auf den Tisch und schlug die Hände vors Gesicht.

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