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Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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von dem kalten Wasser. Es schmeckte so frisch und klar, wie nur ein Gebirgsbach nahe der Quelle schmecken konnte. Juri tauchte gar den ganzen Kopf unter und hob ihn erst sehr viel später wieder an die Oberfläche. Glücklich prustete er einen ganzen Schwall
Wasser durch die Nüstern hinaus. »Habe ich euch eigentlich schon erzählt, wie...«
    »Ja.« Yanko hieb ihm mit der flachen Hand übermütig auf die Schulter und lachte. »Du hast uns alles schon erzählt.«
    »Das glaube ich nicht«, brummte der Drache. »Die Geschichte ist für besondere Orte vorbehalten.«
    Die Luft in der Klamm war kühl, Ben fröstelte und sah, wie auch Nica die Arme verschränkte und sich über die Oberarme rieb. Trotz der schief geschnittenen Haare war sie noch immer hübsch, und Ben fühlte einen Stich. Plötzlich sah er sie wieder wie an dem Tag, als er sich in sie verliebt hatte. Warum hatte sie ihn erst jetzt geküsst? Ben bedauerte, dass Yanko bei ihnen war, und dann schämte er sich für diesen Gedanken und dafür, sie geküsst zu haben. Immer weiter verrannte er sich in die Frage, warum sie es getan hatte. Wollte sie alles zerstören? Was zwischen ihr und Yanko war, die Freundschaft zwischen Ben und Yanko. Nie wieder würde er sie küssen, natürlich nicht, am besten sollte er sie nie wieder überhaupt irgendwie berühren, und sei es noch so flüchtig. Und doch dachte er daran, ihr den Arm um die Schulter zu legen und sie zu wärmen. Er fluchte lautlos. Gedanken an Anula konnte er sich verbieten, sie war nicht hier, doch Nica sah er jeden Tag. Und es half kein bisschen, ihr möglichst aus dem Weg zu gehen, sie war nie fern.
    Über das Plätschern und Rauschen des Wassers hinweg waren kaum andere Geräusche zu hören.
    »Habt ihr beim Anflug das Licht auf der linken Flanke des Bergs gesehen?«, fragte Nica, bevor Juri doch noch mit seiner Erzählung beginnen konnte. »Das müssen erleuchtete Fenster von Vierzinnen gewesen sein.«
    »Es waren drei Lagerfeuer«, sagte Feuerschuppe.

    »Lagerfeuer? War dort irgendein Fest? Heute ist doch kein Feiertag.«
    »Von einem Fest habe ich nichts gesehen. An jedem Feuer saßen zwei oder drei Männer, aber sie schienen nicht zu feiern. Sie wirkten müde und gelangweilt.«
    »Es ist schon wieder fast Morgen. Vielleicht sind es die Letzten, die noch wach sind. Zu erschöpft, um noch zu tanzen, aber noch nicht gewillt, schon ins Bett zu gehen.«
    »Sollen wir einen Pilz essen, um die Wahrheit darüber zu erfahren, was dort vorgeht?«, schlug Yanko vor.
    »Da ist es wohl sicherer, einfach hinüberzulaufen und nachzusehen«, entgegnete Ben und deutete auf die obere Kante der Schlucht, gute hundert Schritt über ihnen. Sie zeichnete sich im Mondlicht als zackige Linie vor dem Sternenhimmel ab. »Von da oben dürfte es höchstens eine halbe Stunde bis Vierzinnen sein.«
    »Und bis da hinauf dauert es nur wenige Augenblicke. Drei oder vier Flügelschläge vielleicht.« Aiphyron grinste. »Ihr seid leichtes Gepäck.«
    »Und du ein höchst talentierter Packesel«, entgegnete Ben ebenso grinsend. »Hast du eigentlich schon mal darüber nachgedacht, das regelmäßig zu machen? Irgendwelche Leute einen Turm rauf- und runtertransportieren, damit sie nicht die Treppe nehmen müssen? Es gibt sicher irgendwelche faulen Fürsten oder behäbige Priester, die dich dafür bezahlen würden.«
    »Ich denke, die trauen nur flügellosen Drachen? Ich hatte nicht vor, sie mir stutzen zu lassen.«
    »Das ist in der Tat ein Problem.«
    »Ja, aber ihres, nicht meins. Hoch hinaufkommen sie ohne Flügel nicht.«

    »Vor Venzara gibt es tatsächlich eine Burg mit zahlreichen Türmen, da steigt der Fürst keine einzige Stufe«, mischte sich Yanko ein. »Unter jedem der Türme wurden große längliche Kellerräume ausgehoben und über lange Gänge miteinander verbunden. In diesen Räumen befindet sich nicht viel mehr als jeweils eine riesige Kurbel, die über stählerne Träger mit dem Boden und einer Wand verbunden ist und ähnlich wie die Kurbel einer Zugbrücke funktioniert. Nur dass man mit ihr keine Brücke vor Feinden in die Höhe zieht, sondern ein kleines Zimmer mit Wänden voller feingliedriger Einlegearbeiten, das sogenannte Schwebezimmer. Darin steht ein vergoldeter Lehnstuhl mit einem besonders weichen, sonnengelben Polster, auf dem der Fürst es sich bequem machen kann, während ein Dutzend trollstarker Diener ihn inmitten des Turms nach oben oder unten kurbelt. Niemals verlassen diese Diener den Keller, sie ruhen

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