Der Druiden-Schatz
dessen griff er wieder zur Spitzhacke, um die Umgebung des zweiten Steins freizulegen, damit sie den Brocken aus der Grube heben konnten.
Ein Stöhnen ließ ihn innehalten. Für einen Moment blieb Gerald noch in der gebückten Haltung stehen, dann hob er langsam den Kopf, um seinen Partner anzuschauen.
Der hatte den Arm ausgestreckt. Gerald konnte sich nicht daran erinnern, daß die Hand seines Freundes jemals gezittert hatte. Selbst nicht unter den härtesten Bedingungen.
Nun zitterte sie.
Und er sah auch den Grund!
Es waren die Schatten in den Wänden. Sie blieben nicht mehr an diesem Ort, hatten sich gelöst und schwebten den beiden Männern unhörbar entgegen…
***
Die Söldner und Killer standen da, ohne sich zu rühren. Sie wußten nicht, wie sie dem Phänomen begegnen sollten, sie waren seelisch fertig, in ihrem Innern brannte kein Feuer mehr, denn es war die Angst, die für eine solche Leere sorgte.
Ein unerklärliches Phänomen waren die Schatten. Vielleicht Geister von Toten, und sie erinnerten sich wieder an die Geschichten der Einheimischen, die von einem verfluchten Ort gesprochen hatten. Das schien tatsächlich zuzutreffen.
Dieser Ort war nicht normal. Wo gab es das, daß sich Schatten lösten und durch die Luft schwebten.
Gerald hielt die Hacke noch fest. Eine im Prinzip lächerliche Geste, denn mit einer Spitzhacke konnte er diesen gestaltlosen Wesen wohl kaum zu Leibe rücken. Da hätte er auch in die Luft schlagen können. Als ihm dies klar wurde, ließ er das Werkzeug fallen und legte seine rechte Hand auf den Griff des Revolvers, den er im Gürtel trug.
Nebeneinander schwebten die Schatten, und die beiden Männer konnten erkennen, daß sie nicht schwarz waren, sondern einen grünlichen Farbton angenommen hatten. Dunkelgrün…
Sie sahen Köpfe, Körper, Arme und Beine. Je näher sie kamen, um so größer wurden sie. Es würde nicht mehr lange dauern, dann waren die Schatten über ihnen, würden sie berühren und vielleicht… Da stockten ihre Gedanken.
Beide standen ein wenig versetzt zueinander, so daß Jack früher als sein Partner berührt wurde. Der Söldner spürte die Kälte. Es war wie ein Schock. Sie hatten sich an die warmen Temperaturen gewöhnt, jetzt, als der Schatten über ihn fiel, hatte er das Gefühl, inner-und auch äußerlich einzufrieren. Der Schatten überdeckte alles.
Gerald schaute nur auf seinen Partner. An dessen Reaktion konnte er sehen, was auch mit ihm geschehen würde, wenn ihn der Schatten erreichte. Es war schlimm.
Jack stand aufrecht. Er schien sich auf die Zehenspitzen gestemmt zu haben. Sein Rücken war durchgebogen, die Arme hatte er angewinkelt, die Hände waren gespreizt, und sein Gesicht glich einer entstellten Clownsmaske, wobei der »Spaßmacher« zu überlegen schien, ob er weinen oder lachen sollte.
Jack tat keines von beidem. Er schrie auch nicht, obwohl Gerald das Gefühl hatte, sein Partner würde um Hilfe rufen. Über seinen Körper hatte sich der Schatten gelegt. Ein dunkelgrüner, geisterhafter Umhang, der den anderen einhüllte und dafür sorgte, daß dieser sich nicht bewegen konnte.
Bis zu diesem Augenblick, als das Schreckliche geschah. Vor den Augen seines entsetzten Partners fiel Jack Voring zusammen. Er sackte nicht ein, sondern blieb in seiner Haltung, während die Beine nachgaben, Körper und Kopf ebenfalls, und er in der nach unten fallenden Bewegung zu Staub wurde.
Der Staub war vorhanden. Er stand in der Luft, zeichnete noch für die Dauer schrecklich langer Sekunden die Gestalt nach, bevor er von innen her zusammensank und als Ascherest zu Boden fiel. Dort blieb er liegen.
Ein Haufen Asche, Reste, Staub, feinkörnig und ohne bleiche Knochen, denn alles, was einmal einen Menschen ausgemacht hatte, war aufgelöst worden. Es gab keinen Jack Voring mehr. Selbst die Kleidung war verschwunden und nur der Stahl des Revolvers glänzte matt innerhalb des Staubhaufens.
Gerald Voring wischte über sein schweißnasses Gesicht. Er konnte es einfach nicht fassen. Für ihn war es unbegreiflich. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken, ohne zu einem klaren Ergebnis zu kommen. Er wußte auch nicht, was er tun sollte, helfen konnte er nicht, die anderen waren stärker. All seine Kampferfahrung spielte in diesem Augenblick keine Rolle mehr. Für ihn konnte es nur mehr die Flucht geben.
Und die trat er an.
Auf dem Absatz wirbelte er herum. Genau in dem Moment, als einer der Schatten nur mehr eine knappe Armlänge entfernt war
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