Der Falke von Aryn
das?«, fragte die Majorin überrascht. »Ein Wort von Euch … Ihr hättet Soldaten schicken können, Mollmer zu verhaften!«
»Das konnte ich nicht. Eurer Mutter zuliebe.«
Lorentha blinzelte ungläubig.
»Ich kann es Euch erklären, aber nicht in seinem Beisein.« Er tat eine Geste in Richtung Raphanael, der freundlich lächelte und sich bequemer hinsetzte. Wenn der Graf dachte, dass er sich das entgehen lassen würde, hatte er sich getäuscht.
»Lord Raphanael besitzt mein Vertrauen«, sagte Lorentha nur. »Sagt, was Ihr zu sagen habt.«
»Hauptmann Mollmer hat mich erpresst«, gestand der Graf unglücklich. »Er leitete die Ermittlungen zum Tod Eurer Mutter. Er fand heraus, dass sie mich in der Nacht zuvor aufgesucht hat. Es hatte mit Nachforschungen zu tun, privaten Nachforschungen, in denen sie meine Hilfe brauchte, aber wenn es herausgekommen wäre, hätte es ihren Ruf zerstört.« Er seufzte. »Es scheint ja jeder zu wissen, dass ich ihr in jungen Jahren den Hof gemacht habe. Sie entschied sich für Euren Vater, eine Entscheidung, die ich nicht verstehen kann, aber immer respektiert habe. Er ist ein guter Mann, nur …« Mergton hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. »Ich hätte ihr um so viel mehr bieten können. Aber es war ihre Entscheidung, und ich habe sie respektiert. Nur könnt Ihr Euch denken, wie es ausgesehen hätte, wäre es herausgekommen, dass sie mich in der Nacht vor ihrem Tod besuchte. Da ihr Aufenthalt bei mir in jener Nacht auf keinen Fall mit ihrem Tod zu tun haben kann, habe ich Mollmer gebeten, es aus dem offiziellen Bericht zu entfernen. Er tat dies auch, aber nachdem ich ihn in die Hauptstadt geschickt habe, fing er an, mich damit zu erpressen.«
»Ein Grund, ihn aufzuhängen, aber nicht, ihm nachzugeben!«, sagte Lorentha kalt.
»Er drohte mir damit, dass er an geeigneter Stelle ein Schriftstück deponiert hätte«, sagte der Graf und zog ein Tuch heraus, um sich den Schweiß von der Stirn zu tupfen, obwohl es so warm gar nicht war. »Es würde nach seinem Tod bekannt gemacht werden. Deshalb waren mir die Hände gebunden. Ich habe Blut und Wasser geschwitzt, als er dann starb, aber er hat mich wohl getäuscht, bislang hörte ich nichts davon und glaubte das Geheimnis nun doch sicher.« Er sah fast verzweifelt zu Raphanael hin. »Wenn Ihr es bitte wahren würdet, es geht hier um das Andenken einer Dame!« Er sah fast bittend zu Lorentha hoch. »Auch Euren Vater hätte es hart getroffen.«
Es ging Euch um Euren eigenen Ruf, dachte Raphanael angewidert. Wenn es so harmlos war, dann hättet Ihr dafür geradestehen und mit Eurer Ehre den Ruf der Sera verteidigen sollen!
Auch Lorentha hatte Schwierigkeiten, dem Grafen zu glauben. »Deshalb habt Ihr zugelassen, dass die Garda vor die Hunde geht?«, fragte sie fassungslos.
»Ich habe versucht, zu tun, was möglich war. Ich habe sogar neue Offiziere angefordert, aber …« Er machte eine hilflose Handbewegung. »Sie haben mir nur einen Leutnant und ein paar Unteroffiziere geschickt, und Mollmer hat sich ihrer schnell entledigt. Am Anfang war es auch nicht so schlimm, erst in den letzten Jahren …« Er tupfte sich wieder den Schweiß ab. »Es ist mir unangenehm, Baroness, und ich tat, was ich konnte. Ich stärkte die Stadtwachen, und mancher Dinge nahm ich mich selbst an, um die Ordnung nicht zu gefährden, aber …«
Götter, dachte Lorentha, dieser Mann glaubt, er hätte meinem Vater das Wasser reichen können? Sie schüttelte fassungslos den Kopf. Ein Freund ihrer Mutter. Jemand, der es gut mit ihr meinte. Auf solche Freunde, fand sie, konnte sie leicht verzichten.
»Ihr habt mich enttäuscht«, sagte Lorentha kühl. »Ich überlasse es Euch, zu überlegen, was meine Mutter zu Euch gesagt hätte.«
»Aber sie war es doch, die darum bat, dass nichts von ihrem Besuch bekannt werden sollte!«, begehrte der Graf auf. »Hätte ich denn mein Versprechen ihr gegenüber brechen sollen?«
»Worum ging es?«, fragte Lorentha. »Was hat meine Mutter von Euch gewollt?«
Wieder sah Mergton zu Raphanael hin.
»Fragt gar nicht erst«, sagte Lorentha hart. »Ich sagte schon, ich habe wenig Geheimnisse vor ihm. Worum ging es meiner Mutter?«
»Um Dinge, die nichts mit ihrem Mord zu tun haben können!«, sagte der Graf und sah sie fast schon verzweifelt an. »Lorentha, ich bitte Euch, ich habe es ihr versprochen!«
»Sie würde wollen, dass ich es weiß«, sagte sie ruhig.
Der Graf sah sie an und seufzte. »Sie wollte Zugang
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