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Der Friedhofswächter

Der Friedhofswächter

Titel: Der Friedhofswächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sich Es war die Zeit, die er nicht mehr genau bestimmen konnte, weil die Erinnerung einfach verlöscht war. Aber er wußte noch genau, wie es damals gewesen war, als sich die Männer trafen, um zu beraten, durch welches Opfer sie den Friedhof weihen sollten.
    Ein Mensch wurde ausgesucht. Einer, der dann lebend in ein Grab geschafft wurde.
    So wie er.
    Wie hatte er noch geheißen?
    Ja, Dorian Asher, und um diesen Mann hatte es sich damals in der stürmischen Herbstnacht auch gedreht, als die vier Männer zusammenkamen. Sie saßen im Haus des Bürgermeisters zusammen. Der Pfarrer, der Totengräber und Friedhofsbauer sowie der Bildhauer, ein Landbesitzer, dem der Streifen Erde einmal gehört hatte, und natürlich der Bürgermeister.
    Die Nacht war wie geschaffen für eine heimliche Zusammenkunft. Dunkle Wolken ballten sich am Himmel und wurden vom Wind vorangepeitscht. Manchmal klatschten Regenschauer aus diesen mächtigen Gebilden und näßten den Boden.
    Der Mond und die Gestirne waren nicht zu sehen, und auch im Ort brannten kaum Lichter. Die Menschen hielten sich lieber in den Häusern und Wohnungen versteckt, denn in Nächten wie dieser gingen die Geister und Gespenster um, damit sie sich ihre Opfer aussuchen konnten. Zudem hatte es sich herumgesprochen, wer sich im Haus des Bürgermeisters versammelt hatte. Und die Leute wußten auch, daß ein Opfer ausgesucht werden sollte, um den Friedhof zu weihen. Jeder hoffte, daß der Kelch gerade an ihm vorbeiging, und die meisten von ihnen dachten daran, ob sie sich der Obrigkeit gegenüber stets korrekt verhalten hatten. Es wurden oft diejenigen genommen, auf die man sowieso schon einen Rochus hatte.
    Davon wußten natürlich auch die vier Männer. Sie machten es sich nicht leicht, aber dem alten Brauch mußte natürlich Tribut gezollt werden.
    An einem runden Holztisch hatten sie sich zusammengehockt. Auf der Platte stand ein Windlicht.
    Der Bürgermeister stand auf und holte eine Flasche, die mit einer glasklaren Flüssigkeit gefüllt war.
    »Willst du uns vergiften?« fragte der Totengräber. Er war ein hagerer Mann, sah wegen seiner blassen Gesichtsfarbe schon selbst wie eine Leiche aus und lief auch nur im schwarzen Gehrock herum.
    »Das ist Selbstgebrannter.«
    »Und der ist gut«, sagte der Pfarrer, wobei ein breites Grinsen über sein Gesicht zog. Er brachte mindestens fünfzig Pfund zuviel auf die Waage. Seine Wagen glänzten wie Speckschwarten, und in seinen kleinen Augen lag stets ein lustiges Funkeln. Er wußte die angenehmen Seiten des Lebens zu schätzen.
    »Trinken wir.« Der Bürgermeister schenkte die Trinkgefäße fast voll. Es waren schon Becher, in die so einiges hineinpaßte. Auch der Großgrundbesitzer nahm einen Krug. Er hatte nicht den besten Ruf in der Umgebung, denn es war bekannt, daß er die Leute, an die er Land verpachtet hatte, stets ausbeutete. Aber das machte ihm nichts. Er brauchte eben für sein Leben sehr viel Geld. Die Frauen waren schon immer teuer gewesen.
    Gemeinsam schlossen sich vier Hände um die Krüge, und gemeinsam hoben sie die Becher und nahmen den ersten Schluck. Der Totengräber schüttelte sich, als hätte er Säure getrunken, der Pfarrer bekam noch glänzendere Wangen, und der Großgrundbesitzer nickte nur bedächtig.
    »Das war der Anfang«, erklärte der Bürgermeister, stellte sein Gefäß weg und schaute in die Runde. »Ist euch, meine Freunde, schon eine Idee gekommen, wen wir nehmen könnten?«
    Die Männer schauten sich gegenseitig an. Sie hoben die Schultern, auch der Pfarrer. Er hielt sich meistens zurück und stimmte dann der Mehrheit zu.
    »Vielleicht wüßte ich jemand«, sagte der Reiche unter ihnen. Die anderen schauten ihn gespannt an, aber er ließ sich Zeit mit seiner Erklärung. Der Reiche war ein wild aussehender Typ, massig gebaut und bärtig. Seine Kleidung sah protzig aus, selbst innerhalb des Zimmers trug er noch einen schwarzen Hut mit der rötlichen schimmernden Feder.
    »Ihr kennt ihn alle«, sagte er nach einer Weile. »Er arbeitet bei mir auf dem Gut, und keiner mag ihn so recht.«
    »Ihr habt viele Lakaien«, sagte der Pfarrer und lachte etwas schrill danach.
    »Das stimmt. Aber Ihr solltet ihn auch kennen. Er war nicht einmal in der Kirche.«
    »Da gibt es leider mehrere. Viele sind Ketzer. Man sollte sie…«
    »Haltet den Mund, Hochwürden! Das hier ist etwas anderes. Er geht nicht in die Kirche, weil etwas Dämonisches von ihm ausstrahlt. Versteht Ihr das,

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