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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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Federbusch wehte. Für einen Augenblick sah Hannes sein Gesicht: flaumbärtig und hohlwangig. Dieser Cornet musste jünger als er selbst sein.
    Der andere, ein Hauptmann offenbar, schien ein wenig älter und gesünder zu sein: Seine Gesichtszüge wirkten weicher, und sein Schnurrbart war buschig und lang.
    Hellhäutige Männer mit gepflegtem Äußeren also, beinahe elegant; Spanier und Krabaten jedenfalls sahen anders aus.
    Die beiden Offiziere liefen zu einem Wagen, den ihr Mordvolk aus der Scheune geschoben hatte und vor den es jetzt geraubte Pferde spannte. Andere beluden ihn bereits mit Kisten und Säcken, die sie aus den Häusern geschafft hatten.
    Hannes wollte hinter ihnen herschleichen, doch wie gelähmt verharrte er zwischen den Rebstöcken. Bitterkeit und Entsetzen würgten ihm den Atem ab. Was konnte er ausrichten gegen so viele Mörder? Was nützte er seinen Leuten dort beim Wagen, zwischen den brennenden Häusern oder in der Scheune, aus der das Schmerzgeschrei der ganzen Welt durch Rauch, Flammen und Schneetreiben zu gellen schien?
    Sterben. Er sprang auf, rannte los. Ich will wenigstens mit meinen Lieben sterben . Er stand wieder still. Was für ein absurder Gedanke! Er lief weiter – und plötzlich: Hilferufe aus dem Wald neben dem Weingarten, laut und flehentlich.
    Hannes dachte nicht nach, lenkte seine Schritte dorthin, wo die Rufe herkamen, stürzte zwischen Buchenstämme, stolperte durch das Unterholz. Es war eine Frauenstimme, die da um Erbarmen flehte.
    Und dann sah Hannes sie: Die Frau lehnte kniend gegen einen Stamm, ein Mann riss ihr die Kleider vom Leibe. Die Bäuerin aus dem Nachbarhaus. Hannes kannte sie, seit er denken konnte. Sie sah ihn, riss die Augen auf und verstummte. Der Soldat aber fuhr herum, und schon hing Hannes ihm an der Gurgel.
    Während die Bäuerin ihr Heil in der Flucht suchte, hieb Hannes dem Soldaten die Messerklinge in Rücken, Schulter und Oberarme. An manchen Stellen durchdrang die Klinge wohl Harnisch und Kleider – Hannes sah es am Blut, das an ihr klebte –, doch im Töten eines Menschen hatte er keine Übung, und so gelang es dem Soldaten, ihn von sich ins verschneite Unterholz zu stoßen und das eigene Messer zu ziehen.
    Seine anderen Waffen allerdings kriegte er nicht zu fassen, denn im Unterholz neben Hannes lag sein Waffengurt – mit Karabiner, Degen, Panzerstecher, Pulver- und Kugelsäckchen. Er hatte ihn abgelegt, um sich an der Bäuerin vergreifen zu können. Hannes riss den Degen aus der Scheide, stach damit nach dem Angreifer und traf ihn in den Unterleib.
    Der Soldat wich zurück, sah ungläubig an sich hinunter, sah das Blut durch seinen Hosenbund sickern und stöhnte auf. Sofort machte er kehrt und stolperte in die Richtung, aus der er die Bäuerin hierhergeschleppt hatte: ins brennende Dorf. »Her zu mir!«, rief er. »Hier ist einer! Kommt schnell …!«
    Wieder überlegte Hannes nicht lange: Er steckte sein Messer weg, packte den Degen und rannte den Waldhang hinauf. Oberhalb des Weingartens folgte er dem alten Pfad, der zum Bach führte. Er rannte, was er konnte. Sein Atem flog keuchend, sein Herzschlag dröhnte ihm in den Schläfen, Todesangst lenkte seine Schritte. Hinter sich hörte er Männergeschrei. Äste peitschten ihm ins Gesicht, er stolperte, sprang wieder hoch, lief weiter. Endlich die Bachsenke, unten am Bachlauf hörte er seinen Rappen schnauben. Er rutschte den nassen Steilhang hinunter, rollte durch Laub, Unterholz und frisch gefallenen Schnee. Endlich dasPferd! Er kletterte in den Sattel, klemmte den Degen in den Sattelgurt und hieb dem Rappen die Absätze in die Flanken.
    Das Tier sprang über den Bach, trug ihn auf der anderen Uferseite den Hang hinauf. Äste brachen gar nicht weit hinter ihm, und raue Männerstimmen riefen Befehle irgendwo oberhalb des Uferhanges auf der anderen Seite. Plötzlich krachte ein Schuss, und Hannes beugte sich tief über die schwarze Mähne. Gar nicht weit entfernt heulte eine Kugel durchs Gehölz.
    Der Schnee, schoss es ihm siedend heiß durch den Kopf, wie leicht werden sie meine Spuren ihm Schnee erkennen.
    Er riss an den Zügeln, lenkte den Rappen in weitem Bogen zurück zum Bach. Wieder krachte es hinter ihm zwischen den Buchen, und gleich darauf noch einmal. Dann fuhr ihm etwas heiß in den Rücken, doch der Schrei blieb ihm im Halse stecken. Er stürzte in die schwarze Mähne, biss in drahtiges Pferdehaar, stöhnte hinein. Scharfer Schmerz brannte ihm den Rücken herauf und hinunter, fuhr

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