Der gefährliche Traum (German Edition)
Laubbäumen, einen windschiefen kleinen Schuppen und einen achtlos hingeworfenen Haufen Brennholz. Aber auf das, was direkt dahinter, am Rand der Lichtung, stand, war er nicht gefasst. Der Anblick jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Es war derselbe Hund, den er am Nachmittag im Wald gesehen hatte. Groß und schwarz stand er da und starrte zu ihm hinüber. Nicht zu dem Jungen, sondern zu ihm. Er schien ihm direkt in die Augen zu blicken bis tief in seine Seele.
Schweißgebadet schreckte Max aus seinem Traum hoch.
Das Gemälde
A ls Max am nächsten Morgen aufwachte, glaubte er noch immer den Rauch und Hühnermist zu riechen. Wieder konnte er sich an jedes Detail seines Traumes erinnern, als wäre er tatsächlich heute Nacht in dem Unterschlupf der Räuber gewesen.
Ich sollte aufhören, vor dem Einschlafen über Räuber und schwarze Hunde nachzugrübeln, dachte Max. Er wusste zwar, dass er viel Fantasie besaß, aber die Träume in den letzten beiden Nächten waren wirklich unheimlich. Max versuchte, sämtliche Erinnerungen daran abzuschütteln, doch bereits am Frühstückstisch holten sie ihn wieder ein.
»Du stinkst, mein Schatz!«, sagte seine Mutter zu ihm. »Tante Erna hat auch immer so gerochen, wenn sie aus dem Hühnerstall kam.« Sie schnüffelte an ihm und zog die Nase kraus. »Igitt! Hast du etwa in dem Kamin in deinem Zimmer rumgekokelt?«
Max schüttelte erschrocken den Kopf. Nach dem ersten Traum hatte er geglaubt, die Tritte zu spüren, die Andreas bekommen hatte, und jetzt stank er nach der Hütte. Wie war das möglich?
»Geh bitte duschen und zieh dir frische Sachen an!«, forderte seine Mutter ihn auf. »Wir sind heute zum Kaffee bei Franziska eingeladen.«
»Bei wem?« Max sah seine Mutter entgeistert an.
»Franziska ist die Mutter von Fritzi. Ich habe mich mit ihr angefreundet. Sie ist eine wirklich nette Frau. Wir haben uns von Anfang an prima verstanden. Sie hat uns heute Nachmittag zu sich ins Schloss eingeladen. Du sollst auf jeden Fall auch mitkommen.«
Max sah hilfesuchend zu seinem Vater, der sofort abwehrend die Hände hob.
»Schau nicht mich an. Ich habe heute Nachmittag einen Termin im Schlossarchiv.«
»Heute? Am Sonntag?«, fragte Max skeptisch. Er war sich sicher, dass das nur eine Ausrede war, um nicht mit zum Kaffeekränzchen gehen zu müssen.
»Ich kann auch nicht. Muss noch mein Referat für morgen machen.« Max sah hoffnungsvoll zu seiner Mutter.
»Dafür hast du noch genügend Zeit. Der Kaffeeklatsch ist erst um 17 Uhr. Franziska meint, dann laufen keine Touristen in Filzpantoffeln mehr durchs Haus.« Sie kicherte albern. »Zum Glück ist nur die erste Etage mit den Prunkräumen für die Touristen zugänglich, sodass sich die Familie in die zweite Etage zurückziehen kann. Aber besondere Gäste empfängt Franziska doch lieber stilvoll in einem der Salons.«
Max verdrehte die Augen. Ihm graute schon vor dem Nachmittag.
Punkt 17 Uhr standen Max und seine Mutter vor dem Haupteingang. Frau von Hohenstein und Fritzi erwarteten sie schon.
»Hallo, Britta!«, rief die Schlossherrin gut gelaunt und umarmte Max’ Mutter herzlich.
Küsschen hier, Küsschen da!, dachte Max genervt, doch ein Blick auf Fritzi ließ ihn schmunzeln. Wie er es auch schon tausendmal gemacht hatte, steckte sich Fritzi einen Finger in den Mund und tat so, als müsste sie sich übergeben. Als die beiden Frauen sich Max und Fritzi zuwandten, stand sie wieder da wie ein Unschuldsengel.
»Du bist also Maximilian«, stellte Frau von Hohenstein fest.
Max nickte verlegen.
»Du musst ein richtiger Herzensbrecher sein, mit deinen tiefbraunen Augen und den dunklen Locken.« Sie zwinkerte ihrer Tochter zu, die rot anlief und sie dabei böse anfunkelte.
»Leider gehört mehr dazu, als nur süß auszusehen«, antwortete seine Mutter. »Mein Sohn pflegt nämlich alle Mädchen durch unhöfliches Benehmen zu vergraulen.« Dabei wuschelte sie ihm durch die Haare.
»Mum!«, rief Max.
»Davon kann ich leider auch ein Lied singen«, antwortete Frau von Hohenstein. »Nur dass meine Tochter sowohl Jungen als auch Mädchen vergrault.« Sie warf ihrer Tochter einen vielsagenden Blick zu.
»Willst du unsere Gäste nicht hereinbitten? Bei Kaffee und Kuchen macht das Bloßstellen eurer Kinder noch viel mehr Spaß.« Fritzi lächelte süßlich und erntete dafür einen mahnenden Blick von ihrer Mutter.
»Du hast recht, natürlich nur, was das Hereinbitten betrifft.« Sie deutete ins Innere des Schlosses.
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