Der Gute Ton 1950
stellen,
als in Anwesenheit eines Kindes, das man Bescheidenheit und gutes
Benehmen gelehrt hat. Es ist nicht notwendig, dass er an diesem Tag an
Beispielen sieht, was Trunkenheit und über-mässiges Essen sind.
DIE VORBEREITUNGEN.
Vielleicht sind die Eltern nicht sehr religiös, sie dürfen aber vor
einem Kind nicht leichtfertig über die Religion sprechen. Sie werden
aufpassen, dass gerade in diesen Tagen der Vorbereitung keine Zweifel
in dem Kinde auftauchen Wenn Vater und Mutter nicht das gleiche
Glaubensbekenntnis haben, ist die Religion des Kindes wohl immer
schon vorher bestimmt, so dass dieser Tag keine neuen Diskussionen
zwischen dem Ehepaar hervorruft, wie es vielleicht bei der Taufe der
Fall war. An diesem Tag wäre dies auch viel schlimmer, weil das Kind
Zeuge wäre und die Auseinandersetzung verstehen würde. Die Eltern
sollen sich überzeugen, dass das Kind das gut gelernt hat, was der
Pfarrer ihm aufgegeben hat. Die letzten Tage vor der Kommunion oder
Konfirmation sollte eine Kind weder in ein Theater, ein Kino noch in
ein Cafe gehen. Es sollte sich nur mit religiösen Dingen beschäftigen.
DIE KLEIDUNG.
Die Kleidung soll an diesem Tag einfach und ohne unnützen
Schmuck sein. Die kleinen Mädchen tragen bei ihrer ersten
Kommunion meistens weisse Kleider, entweder mit oder ohne Schleier,
je nach den Sitten der Gegend. Die kleinen Jungen sind in blau
gekleidet.
Bei der Konfirmation wird meist ein schwarzes Samtkleid von den
Mädchen getragen, der Anzug des Jungen ist blau oder schwarz, mit
schwarzer Krawatte.
Die Kinder tragen keinen Schmuck, höchstens ein Medaillon oder die
Uhr, die man ihnen zu dieser Feier schenkte.
Der Tag sollte in engstem Kreis verlaufen. Man kann wohl einige
Freunde zur kirchlichen Feier einladen aber nur, wenn man weiss, dass
sie an diesem Tag in der Nähe des Kindes sein wollen. Das Essen sollte
einfach sein, dennoch sollte man die erste Kommunion oder
Konfirmation, die für das Kind den Anfang des Mädchen- oder
Jünglingsalters bedeutet, nicht ganz ohne kleine Feier vorübergehen
lassen. Es wäre schöner, wenn man dieses Fest erst einige Tage später,
an dem folgenden Sonntag feierte: das Kind kann dann als Konfirmand
oder Kommunikant gekleidet seine kleinen Freunde empfangen. Diese
Nachfeier hat den Vorteil, dass der eigentliche, religiöse Festtag nicht
durch Lärm, Unruhe und weltliche Gedanken gestört würde.
Konfirmanden werden meistens von diesem Tage an mit »Sie«
angeredet.
DIE GESCHENKE.
Man schenkt zu häufig Gegenstände, die zu diesem Tag gar nicht
passen. Es ist bedauerlich, wenn man Schmuck mitbringt. Man soll an
einem solchen Tag nur religiöse Dinge schenken, Gebetbücher,
Rosenkranz oder wertvolle religiöse Bücher. Selbstverständlich kann
man auch eine Uhr oder einen Füllfederhalter dem Kind überreichen,
aber beide sollten einfach sein. Man darf durch ein kostbares Geschenk
nicht den Sinn des Kindes für den Luxus wecken, es darf auch nicht
stolz werden, wenn es Geschenke erhält, die seine Kameraden nicht
erhalten haben. Deshalb ist es richtiger, die Geschenke nicht vor dem
Festtag oder an dem Tag selbst mitzubringen, sondern einen anderen
Tag abzuwarten, vielleicht den der Nachfeier. Das Kind spricht denen
seinen Dank aus, die an diesem Tag seiner gedacht haben. Es gibt dabei
ein religiöses Bildchen ab, auf dem sein Name, die Kirchengemeinde
und das Datum der Kommunion oder Konfirmation aufgedruckt sind.
Es schenkt auch seinen Freunden ein Bildchen und denen, die mit ihm
an diesem Tag die erste Kommunion oder Konfirmation gefeiert haben.
DIE VERLOBUNG UND HEIRAT.
Es ist nicht allzu viel übrig geblieben von dem früheren Zeremoniell.
Und wenn wir uns noch weiter von ihm befreien, wird der Tag bald
kommen, an dem der Vater und die Mutter erst durch eine Anzeige in
der Zeitung erfahren, dass ihr Sohn sich mit jemanden verheiratet hat,
dessen Namen sie auf diese Weise kennen lernen. Immerhin eine
Auskunft, die irgendwann einmal nützlich sein kann! Dürfen wir uns
wirklich darüber freuen, dass alle diese romantischen Formalitäten
abgeschafft sind, die um 1900 eine Heirat begleiteten? Die zahlreichen
Komplikationen haben die jungen Leute von damals bestimmt nicht
gehindert, ihr Ziel zu erreichen. Vielleicht reizte sie der Charme jener
angeblichen Schwierigkeiten; wir wollen jedoch keine psychologischen
Studien machen über den Einfluss dieser vorgetäuschten Formalitäten
auf das
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