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Der Heilige Krieg

Der Heilige Krieg

Titel: Der Heilige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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verbreitet war, nicht entmutigen. Vielleicht wurde sein Ehrgeiz dadurch sogar noch angestachelt. Betrachtet man Oppenheims spätere Entwicklung, so drängt sich dieser Eindruck auf. Hier war einer, der erlebte, dass er ausgegrenzt wurde, und der gerade deshalb deutscher als die Deutschen sein musste, der beweisen wollte, dass er ein durch und durch loyaler Untertan seines Kaisers war.
    Unbeeindruckt von der Ablehnung, die ihm entgegenschlug, verfolgte Oppenheim seine Ambitionen weiter. In Paul von Hatzfeld, dem Londoner Gesandten des Reiches, gewann er schließlich einen Fürsprecher. Denn in dem Maß, in dem man in Berlin erkannte, dass die islamische Welt in Zukunft eine politische Größe in der Geostrategie der Weltmächte sein würde, entdeckte man gleichzeitig den eklatanten Mangel an fundierter Information aus diesem Teil der Welt. Die politische Großwetterlage arbeitete für Oppenheim. Im dritten Anlauf schließlich erreichte er 1896 sein Ziel: eine Anstellung beim Auswärtigen Amt als »systematischer Beobachter der islamischen Welt« mit Sitz in Kairo.

    »Dann begann während 13 Jahren wohl die Glanzzeit meines Lebens« – Oppenheim hatte seinen Traum verwirklicht: ein Leben zwischen Deutschland und Europa, zwischen Orientalistik und Diplomatie, zwischen Wissenschaft und Politik. Zur Konkretisierung dieses Traums gehörten auch ein prächtiges orientalisches Haus in der Altstadt von Kairo, arabische Gewänder, in die sich der Deutsche gerne hüllte, und nicht zuletzt auch die Erfüllung erotischer Sehnsüchte. Oppenheim ging eine Ehe auf Zeit mit einer jungen Einheimischen ein – eine Institution, die das islamische Recht noch heute duldet.
    »Meine … Forschungsreisen in den Orient, meine Sprachkenntnisse und mein Verkehr mit vielen Eingeborenen sowie meine ganze Stellung in Kairo waren im Hinblick auf das Leben und die Tätigkeit des durchschnittlichen Diplomaten etwas Außergewöhnliches. So entwickelte sich die Legende, daß ich ein ›Emissär‹, ein ›Geheimagent‹ oder ein ›Sondervertreter‹ des Kaisers im Orient sei.«
    Max von Oppenheim
    Ausgedehnte Reisen führten ihn häufig fort aus Ägypten. So unternahm er eine längere Expedition im Auftrag der Deutschen Bank, um die günstigste Streckenführung für die Bagdadbahn zu erkunden. Zuvor hatte das Multitalent die USA bereist und den dortigen transkontinentalen Bahnbau studiert. Bei einer seiner Reisen stieß er durch Zufall auf bedeutende Relikte einer untergegangenen Kultur in der Nähe des Euphrat, den später berühmt gewordenen Tell Halaf.
    Oppenheims schillernde Persönlichkeit und seine ungewöhnlichen Lebensumstände machten ihn bald zu einer bekannten Figur in Kairo. Roland Storrs, Orientsekretär des britischen Generalkonsulats in Kairo, bezeichnete ihn in seinen Memoiren gar als »known to us all as ›the Kaiser’s Spy‹«.
    In Wirklichkeit war Oppenheims Tätigkeit weder heimlich noch konspirativ. Er lieferte regelmäßig Berichte ab. Nicht weniger als 500 schickte er während seiner Kairoer Zeit an das Berliner Außenministerium. Die Themen seiner Ausführungen wählte er selbst: Politik, Kultur, Religion. Für die deutsche Politik wichtige Strömungen wie den antibritischen ägyptischen Nationalismus beobachtete er besonders genau.
Falls Oppenheim gehofft hatte, durch seinen Fleiß seine Karriere zu fördern, so sah er sich freilich getäuscht. Mehr als eine halboffizielle Stelle wollte man dem Mann mit dem jüdischen Familiennamen nicht zubilligen.
    Bild 139
    Mit der Ausgrabung des Tell Halaf machte sich Oppenheim einen Namen als Archäologe.
    Deshalb kehrte er 1909 der Diplomatie den Rücken und rüstete eine Expedition aus, um den Tell Halaf zu erforschen. Der Ruhm eines Ausgräbers einer bedeutenden archäologischen Stätte schien ihm verlockender als das Verfassen von Dossiers, die in Berliner Aktenschränken verstaubten.
    Die Freilegung des Siedlungshügels im heutigen Syrien wurde zu einem Meilenstein der vorderasiatischen Archäologie und machte Oppenheims Namen auch in der wissenschaftlichen Fachwelt bekannt.
    1912 stattete er englischen Kollegen, die einige Tagesreisen entfernt die Hethiterstadt Karkemisch ausgruben, einen Besuch ab. Der Deutsche machte bei dieser Gelegenheit die Bekanntschaft eines jungen, hageren Archäologen namens Thomas Edward Lawrence. Nicht ohne ei-nen
Hauch von Ironie schilderte der fast dreißig Jahre jüngere Brite die Begegnung mit dem deutschen »Baron« in einem Brief. Trotzdem

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