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Der hellste Stern am Himmel

Der hellste Stern am Himmel

Titel: Der hellste Stern am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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vorkommen, wenn wir ihn nicht einladen, aber wenn wir ihn doch einladen,
dann sieht es aus, als wollten wir uns über ihn lustig machen, oder?«
    »Lad ihn doch einfach ein. Soll er selbst entscheiden, was er will«, sagte Matt.
    »Nein, Matt, bitte … so einfach ist das nicht. Er ist unglücklich.«
    »Die Sache ist die, Maeve: Er wollte dich, ich wollte dich. Ich habe dich bekommen. Mehr nicht. Damit muss er sich abfinden.«
    »Du bist so pragmatisch.«
    »Du sagst es. Ich bin brutal.« Er gab ihr einen Stoß in die Rippen, und sie lächelte ihn an, dann sagte sie traurig: »Matt, sei so lieb, denk an seine Gefühle.«
    »Ich denke die ganze Zeit an seine Gefühle. Ich denke seit fünf Monaten an seine Gefühle. Und die drei Monate davor auch. Das reicht.«
    »Also gut, ich lade ihn ein.«
    Als er bis zum Tag der Party weder zu- noch abgesagt hatte, sagte Matt: »Das bedeutet wahrscheinlich nein.« Maeve war sich da nicht so sicher. Sie stellte sich vor, die Gäste kämen an und stellten fest, dass ihnen der Zugang zu Hilary und Walters prachtvollem Haus von David und einer Gruppe von Sympathisanten verwehrt wurde, die mit Äxten bewaffnet waren und sie zu einem Partyboykott animieren wollten.
    Aber alles klappte nach Plan. David kam nicht, und Maeve wusste nicht, ob sie traurig oder erleichtert sein sollte.
    SIEBENUNDDREISSIG TAGE …
    Was die Sache für Lydia so verdammt schwer machte, war Ellens Fähigkeit, für kurze Zeitspannen völlig normal zu erscheinen. Als sie mit ihrer Mutter in die Praxis von William Copeland kam, musste sie den Wunsch unterdrücken zu sagen: »Hier ist meine Mutter, geben Sie uns einfach eine Überweisung für einen Scan, dann gehen wir wieder.« Und der Neurologe bestand darauf, ein Gespräch mit Ellen zu führen, die charmant mit ihm plauderte. Auf seine einfühlsamen Fragen gab sie den Namen des Präsidenten korrekt an und schaffte es überdies – Lydia konnte es nicht glauben –, einfache Rechenaufgaben auszuführen. Die Frau, die der Hälfte der Einwohner von Boyne zu unerhofftem Reichtum verhalf, weil sie einen Zehneuroschein nicht von einem Hunderteuroschein unterscheiden konnte, war jetzt in der Lage, sechs mit zwölf malzunehmen. Und dann bestand sie tatsächlich einen kurzen – und sehr leichten, wie Lydia besorgt feststellte – Intelligenztest.
    »Sieht doch alles sehr gut aus«, meinte Dr. Copeland.
    »Der Test war sehr leicht.«
    »Es ist der Standardtest.«
    »Aber meine Mutter war in letzter Zeit so … anders.«
    »Geben Sie mir ein Beispiel.«
    »Sie kann nicht mehr mit Geld umgehen.«
    »Sie hat gerade bewiesen, dass sie es sehr gut kann.«
    »Nur weil sie sich bemüht, höflich zu sein. Weil Sie Arzt sind –«

    »Facharzt.«
    »Meinetwegen Facharzt. Sobald wir hier weg sind, verwandelt sie sich wieder in eine Irre.«
    »Das Wort gefällt mir nicht.«
    »Verrückte, meinetwegen.« Als er immer noch kein Verständnis zeigte, sagte sie: »Können Sie meine Mutter zu einem Scan überweisen?«
    »Ich sehe keinen Grund dafür.«
    »Sie hält mich für ihre tote Schwester.«
    »Stimmt das?« Er richtete sich an Ellen.
    »Lydia sieht fast genauso aus wie Sally, als sie starb«, sagte Ellen leise. »Manchmal entschlüpft mir der falsche Name.«
    Dr. Copland nickte. »Manchmal nenne ich meinen Sohn Sophie. So heißt der Hund.«
    »Sie hat aufgehört, ihren Haushalt ordentlich zu führen«, sagte Lydia. »Früher war es immer ganz sauber und ordentlich bei ihr.«
    »Sie darf doch ein bisschen kürzertreten. Meinen Sie nicht, dass sie lang genug für Sie und« – er blickte in die Notizen vor sich – »Ihre Brüder gesorgt hat?«
    Genau das hatte Ronnie auch gesagt.
    »Aber das Haus verkommt. Entschuldigung, Mum, aber so ist es doch. Also, unnormal . Da muss man schon an Ratten und Ungeziefer denken.«
    Ellen lachte leise. »Ich habe deine Wohnung gesehen. Du und Sissy, ihr haust in einem Schweinestall.«
    »Aber Mum, ich bin sechsundzwanzig. Ich bin verantwortungslos. Sauberkeit und so, das ist nicht mein Ding. Das wird erst wichtig, wenn man älter wird. Und«, fügte sie halb verzweifelt hinzu, »ich wohne nicht mehr
mit Sissy zusammen. Ich bin vor zwei Monaten ausgezogen. Das hast du auch vergessen.«
    Dr. Copeland zeichnete Kringel auf seinen Block. Er schien mit einer unangenehmen Entscheidung zu ringen. Schließlich sah er auf und sagte: »Lydia, ich möchte Ihnen etwas sagen. Zu mir kommen erwachsene Kinder, die sich Sorgen machen, weil ihre Eltern plötzlich

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