Der Himmel über der Heide (German Edition)
echt zu sein. Und wieder einmal fragte sie sich, warum Elli stets so gereizt auf Carstensen reagierte. Er war zwar etwas kauzig, aber eigentlich mochte Kati ihn.
«Tja, ich muss mich jetzt weiter um das Essen kümmern», sagte sie und hob entschuldigend das Tablett an.
Erst nach einer weiteren halben Stunde, als die Gäste allmählich ihre Plätze einnahmen, konnte Kati einen kurzen Moment verschnaufen. Jetzt würden einige Reden gehalten werden, und Kati wollte die Gelegenheit nutzen, um in der Küche ein Glas Wasser zu trinken.
Ob sie ihrer Großmutter von dem Überraschungsgast erzählen sollte?, fragte sich Kati. Am liebsten hätte sie sich mit Flo besprochen, doch die ging gerade Pit bei den Fleischklößchen für die Hochzeitssuppe zur Hand.
Auf der anderen Seite der Küche war Elli bereits mit dem Nachtisch beschäftigt. Sie verteilte braunen Zucker auf die kleinen Schälchen mit Crème brûlée. Eine Arbeit, die sie sehr routiniert ausführte.
«Rate mal, wer unter den Gästen ist», fragte Kati bemüht beiläufig und lehnte sich mit ihrem Glas Wasser an den Küchentresen.
«Carstensen», antwortete Elli knapp, ohne von ihrer Arbeit aufzusehen.
Kati war beinahe etwas enttäuscht von dieser Reaktion. Zumindest hatte sie erwartet, dass ihre Großmutter Carstensens Anwesenheit genauso überraschte wie sie.
«Ich habe seinen Namen heute Mittag schon gesehen», erklärte Elli.
Kati verstand. Natürlich, die Namensschilder! Elli musste sich nach dem Eindecken die Sitzordnung angesehen haben.
«Aber was hat er mit den Grünbergs zu tun?», wollte Kati wissen.
Elli zuckte mit den Schultern und drehte Kati den Rücken zu. Damit war für sie das Gespräch beendet.
Jetzt verstand Kati aber, warum Elli den ganzen Tag über schlechte Laune verbreitet hatte. Sie war nicht nur wegen der großen Hochzeit auf dem Hof so ungenießbar gewesen, sondern vor allem wegen Carstensen!
Kati atmete tief durch. Bevor das Buffet aufgestellt und eröffnet werden konnte, sollte möglichst an jedem Tisch gleichzeitig ein Gruß aus der Küche serviert werden. Anschließend wollte Kati zusammen mit Sibylle und Frau Holm neue Getränkebestellungen aufnehmen.
Drei Kräfte waren eingeteilt, die leeren Suppenteller abzuräumen, während alle anderen, einschließlich sie selbst und Dorothee, die verschiedenen Hauptgerichte und Beilagen in den Raum bringen würden. Mehrere Gasflämmchen würden unter den Wärmebehältern dafür sorgen, dass die Gäste auch bestimmt heißes Essen auf ihre Teller bekamen.
Davor aber mussten die Soßen und das Gemüse noch in bereitstehende Schüsseln umgefüllt und die bekleckerten Ränder mit einem Tuch abgewischt werden. Alles sollte sauber und appetitlich aussehen. Auf ein Signal von Dorothee, die mit einem Ohr den Hochzeitsreden gelauscht hatte, ging es schließlich los.
***
Erst weit nach Mitternacht, als das Dessert wie auch die Mitternachtssuppe längst aufgegessen waren und den letzten Gästen die Füße vom Tanzen schmerzten, wurde es in der Küche etwas ruhiger. Zwar stapelten sich im ganzen Raum noch die benutzten Teller und Töpfe, aber die Stimmung war gut.
Kati setzte sich auf einen Schemel und lehnte den Kopf an die Wand. Wie im Zeitraffer liefen die letzten Stunden noch einmal vor ihrem inneren Auge ab. Sie hatten wirklich alles gegeben und Hand in Hand gearbeitet. Trotz kurzfristiger Engpässe bei den Getränken war der Abend reibungslos verlaufen. Im Nachhinein musste Kati über die unbeschwerte Atmosphäre staunen, die diese Feier im gesamten Haus verbreitet hatte.
Selbst Elli, die den ganzen Abend ziemlich ungenießbar geblieben war, hatte am Ende lobende Worte gefunden. So eine gelungene Veranstaltung hätte der Heidehof schon lange nicht mehr erlebt, hatte sie erklärt, bevor sie sich ins Bett verabschiedete.
Nach ihrem langen und anstrengenden Einsatz hatte Elli sich einen ruhigen Schlaf redlich verdient, dachte Kati. Gleichzeitig fragte sie sich, ob womöglich die Anwesenheit eines gewissen Herrn dafür gesorgt hatte, dass ihre Großmutter sich bereits in ihre Wohnung zurückzog, obwohl es noch einiges zu tun gab. Ganz offensichtlich tat Elli alles, um Carstensen aus dem Weg zu gehen.
Kati seufzte. Endlich herrschte wieder Leben auf dem Heidehof! Ganz zu schweigen von den wichtigen Einnahmen, die ihnen diese Hochzeit bescheren würde, und der Werbung, die eine solche Veranstaltung mit sich brachte. Hoffentlich waren die Brautleute zufrieden, dachte sie. Dann könnte dieses
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