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Der Junge aus dem Meer

Der Junge aus dem Meer

Titel: Der Junge aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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zu seiner Pension Möwenblick nach Westerland zurückfuhr, als ein Beamter leise an die Tür klopfte und dann hereinkam. „Entschuldigung“, sagte er, „aber Flensburg ist am Apparat.“
    „Ich komme gleich“, erwiderte Kommissar Michelsen und stand auf. „Den Rest kenne ich ja“, meinte er bereits im Gehen, und dann rief er noch dem jungen Herrn Lüders zu: „Tippen Sie das alles haargenau in Ihre Schreibmaschine.“
    Im Vorzimmer schloß er sorgfältig die Tür hinter sich, und dann griff er nach dem Hörer, der neben dem Telefon lag. „Kommissar Michelsen“, meldete er sich. Er hörte eine Weile zu, und dann erwiderte er: „Wir sind gerade dabei, ein Geständnis zu protokollieren, Herr Kriminalrat. Eine unglaubliche Geschichte, Sie werden Ihr blaues Wunder erleben.“ Und wieder eine Weile später sagte er noch: „Ich erwarte Sie am Bahnhof, Herr Kriminalrat. Bis morgen.“
    Anschließend ließ sich Herr Michelsen gleich mit dem Haus Seestern verbinden. „Hallo, Kommissar“, meldete sich
    Großmutter Kubatz. „Wir haben auf Ihren Anruf gewartet.“
    „Eigentlich wollte ich noch mal schnell zu Ihnen rübersausen“, meinte Herr Michelsen. „Aber nur, wenn es nicht zu spät ist.“
    „Sie sind doch immer willkommen“, entgegnete die Großmutter. „Wir haben eine Erdbeerbowle gemacht und feiern das Wiedersehen von Peter mit seinen Eltern. Übrigens ganz besonders reizende Zeitgenossen.“
    „Dann hat es also geklappt?“
    „Ihr Streifenwagen hat sie bereits vor einer guten Stunde bei uns abgeliefert.“
    „Ausgezeichnet“, meinte der Kommissar. „Aber hoffentlich stören wir nicht, wenn wir kommen. Es ist nämlich möglich, daß ich noch ein paar Fragen habe.“
    „Das paßt vorzüglich, wir haben nämlich auch einige Fragen“, kicherte die Großmutter. „Wir sind alle zum Platzen neugierig.“
    Als der Kriminalkommissar später zusammen mit dem jungen Herrn Lüders im Streifenwagen wirklich „eben mal rübersauste“, waren die beiden mit ihren Gedanken immer noch bei dem untersetzten Mann mit dem schwarzen Anzug und den Eulenaugen.
    „Ich frage mich immer wieder dasselbe“, meinte Herr Michelsen und blickte dabei durch die Windschutzscheibe in das Licht der Scheinwerfer. „Ob einer ein Auto klaut oder im Selbstbedienungsladen ein Pfund Butter stiehlt, sie haben alle keine Phantasie.“ Er schüttelte betrübt den Kopf. „Sie stellen sich nicht vor oder sie denken einfach nicht dran, wie das ist, wenn man ein paar Monate oder Jahre im Gefängnis sitzt.“
    „Sie rechnen gar nicht damit, daß sie einmal geschnappt werden“, erwiderte der junge Herr Lüders. „Vermutlich denken sie, daß es immer nur die anderen erwischt.“
    „So wird es wohl sein“, meinte Herr Michelsen. „Aber dann sollen sie hinterher nicht mit großen Augen verwundert aus der Wäsche gucken und so tun, als seien sie bloß bei
    Rot über die Straße spaziert.“ Er beugte sich vor. „Aha, das ist ja auch schon die Kreuzung.“
    Das ganze Haus Seestern war wieder einmal im Erdgeschoß versammelt, und der Kommissar mußte dreimal an die Tür klopfen, bis man drinnen aufmerksam wurde. Das lag an der Klaviermusik, die zu hören war. Vater und Sohn Grämlich spielten nämlich gerade vierhändig Mozart. Deshalb kamen der Kommissar und der junge Herr Lüders auch nur auf Zehenspitzen herein. Sie nickten stumm und wollten vorerst an der Tür stehenbleiben. Aber da hatte Peter die beiden entdeckt. Er gab seinem Vater ein Zeichen mit dem Ellbogen und sagte leise: „Das ist Herr Michelsen aus Westerland.“
    Herr Grämlich war ein schlanker Mann mit vergnügten Augen und lauter kleinen Lachfalten um den Mund. Er stand auf, stellte sich vor und bedankte sich. „Ich war natürlich platt vor Freude, als mich Professor Stoll in Dänemark anrief“, meinte er. „Wir nahmen die nächste Fähre, und dann wartete in List am Hafen bereits Ihre Funkstreife auf uns. Wie gesagt, noch einmal besten Dank.“ Er gab dem Kommissar die Hand, und dann sagte er: „Das ist übrigens meine Frau.“
    „Jetzt weiß ich, woher der Junge seine schwarzen Haare hat“, bemerkte Herr Michelsen und lächelte.
    „Ja, die Haare hat Peter von mir“, erwiderte Frau Grämlich und lächelte jetzt gleichfalls. „Auch ich möchte mich herzlich bedanken, Herr Michelsen. Ich fürchte, wir haben Ihnen eine Menge Arbeit gemacht.“
    Die beiden Professoren und Herr Kubatz waren höflich aus ihren Sesseln aufgestanden, und selbstverständlich hatten

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