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Der Junge aus dem Meer

Der Junge aus dem Meer

Titel: Der Junge aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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durch den Kopf ging. Vielleicht spürte ich noch Neid und Eifersucht. Der Gedanke an einen Diebstahl kam erst später, und zwar kurz vor Beginn der Vorstellung. Ich wollte gerade beim Portier in der Hotelhalle meinen Zimmerschlüssel abgeben, da drängelte sich dieser rundliche, dicke Mann an mir vorbei. Er hieß übrigens Halström und kam aus Stockholm, wie ich jetzt erfuhr. ,Immer noch kein Safe frei?’ fragte er. ,Leider noch nicht’, erwiderte der Portier. ,Aber wir haben zur Abendfähre sechs Abreisen. Vielleicht kommen Sie nach der Vorstellung noch einmal vorbei.’ Der rundliche Herr Halström legte seinen Zimmerschlüssel auf den Tisch, und der Portier wurde ans Telefon gerufen. Immer mehr Hotelgäste kamen inzwischen über die Treppen und aus dem Fahrstuhl. Sie legten gleichfalls ihre Zimmerschlüssel auf den Tisch der Portierloge und spazierten anschließend zum Theatersaal. Von dort war nämlich bereits das erste Klingelzeichen zu hören.
    Ich war wie festgenagelt stehengeblieben und starrte auf den Tisch, auf dem jetzt mehr als dreißig Zimmerschlüssel wie Karotten, Erbsen und Spargel im Leipziger Allerlei nebeneinander lagen. Der Portier hatte noch keine Zeit gefunden, sie zu sortieren und in die Fächer zu legen. Er war vom Telefon gerade zu der großen, gläsernen Drehtüre gesaust, um eine Gruppe japanischer Touristen zu begrüßen, die aus zwei Taxis kletterten. ,Das ist deine große Chance’ schoß es mir plötzlich durch den Kopf. ,Wenn du jetzt nur eine halbe Sekunde zögerst, ist sie vorbei und kommt nie wieder.’ Ich tat so, als würde ich meinen eigenen Zimmerschlüssel zu den anderen legen. In Wirklichkeit nahm ich aber den Schlüssel von Nummer 24. Dabei war ich selbst darüber erstaunt, wie ruhig ich blieb. Ich schlenderte, ohne mich zu beeilen, zum Lift, ließ mich in den zweiten Stock tragen und betrat das Zimmer des Schweden namens Halström, als ob es mein eigenes wäre. Ich mußte nicht lange suchen. Das kleine Paket aus Zeitungspapier lag im Bett unter der Matratze. Alles geschah jetzt wie im Traum und lief ab wie am Schnürchen. Auch das ist eine Art von Glück, redete ich mir ein, als ich die Nummer 24 hinter mir abgeschlossen hatte und die paar Schritte über den leeren Korridor zu meinem eigenen Zimmer ging. ,Die Menschen sind verschieden, und ein anderes Glück hast du gar nicht zu erwarten.’ Ich schlug das Zeitungspapier auseinander und betrachtete das dicke Bündel dänischer Kronen. Jetzt kommt es darauf an, keine Dummheit zu machen’, sagte ich zu mir selbst. Dabei holte ich bereits meine dunkelbraune Ledertasche mit den zwei Schlössern aus dem Kleiderschrank.
    Beinahe gleichzeitig fiel mir der schwarzhaarige Junge aus Iserlohn ein, der in diesem Augenblick ein Stockwerk höher darauf wartete, daß ich ihn zur Vorstellung abholte. Nicht länger, als eine Blitzlichtaufnahme dauert, sah ich ihn vor mir, wie er gestern abend bei meinem Auftritt im Theatersaal folgsam wie ein kleines Kind jedem Befehl gehorcht hatte. Und damit wußte ich von einer Sekunde zur anderen, wie ich das Geld unbemerkt aus dem Haus schaffen konnte, ohne daß auch nur der Schatten eines Verdachts auf mich fiel.“
    „Ich fange an zu begreifen“, bemerkte Professor Schreiber leise und schlug dabei zur Abwechslung einmal das linke Bein über das rechte.
    „Die Stehlampe brannte, und ich saß über meinen Schulbüchern, als er in mein Zimmer kam“, erzählte jetzt Peter Grämlich weiter. Er hatte sein Kinn auf die Knie gelegt und blickte zu Herrn Michelsen hinüber. „Ich erinnere mich ganz genau, wie er die Tür hinter sich zumachte, die dunkelbraune Ledertasche auf den Tisch stellte und dann meinte, daß ich den ersten Teil der Vorstellung ja schon kennen würde und daß wir deshalb bis zur Pause noch in aller Ruhe plaudern könnten. Er setzte sich mir gegenüber in einen Sessel...“
    „...und ohne daß du es richtig bemerkt hast, fing er gleich damit an, dich zu hypnotisieren“, ergänzte der Kriminalkommissar. Dabei blätterte er in dem Protokoll mit dem Geständnis von Herrn Landauer und las wieder vor: „Schon nach ein paar Minuten konnte er die Augen nicht mehr öffnen und war eingeschlafen. Jetzt hatte er etwa denselben Hypnosezustand erreicht wie gestern abend in der Vorstellung. Aber heute durfte ich mich damit nicht zufriedengeben. Ich mußte sein Bewußtsein so weit als möglich ausschalten und auch die letzte Spur von Widerstand überwinden.“
    „Tiefenhypnose nennen wir

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