Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der König Von Korsika

Titel: Der König Von Korsika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
Vom Netzwerk:
zumindest in der Erinnerung zu beeindruckendem Format zu verhelfen – ein großer Charakter, ein Schicksal beweist sich nicht nur in der Konfrontation mit großen Hindernissen, sondern darin, jede Mücke nicht etwa zum Elefanten zu machen, sondern zutiefst als Elefanten zu erleben.
    Nach diesen Erwägungen hörte er wieder hin, was der Abbé erzählte, und bekam mit, man habe ihn aus zwei Gründen ausgesucht, einmal, da er der deutschen Sprache mächtig sei, und zum andern, weil er ein völlig unbekanntes Gesicht habe, ein unbeschriebenes Blatt sei.
    Ich will Ihnen nicht verhehlen, Monsieur, daß Sie, sollte Ihre Mission entdeckt werden, auf keinerlei Unterstützung zu zählen haben und ganz auf sich selbst gestellt sein werden. Ein Scheitern müßten Sie zweifelsohne mit dem Leben bezahlen.
    Hier ließ sich Theodor dann doch wiederholen, was genau von ihm erwartet wurde und geriet in seinem Hausmantel ein wenig ins Schwitzen. Zum Schluß, das Beste hatte er sich für den Schluß aufgehoben, sprach der Verschleierte vom Lohn.
    Der Auftrag wurde, hälftig sofort, hälftig nach erfolgreicher Ausführung, mit einer Summe entgolten, die fünf Jahresgehältern eines Leutnants beim Régiment d’Alsace entsprach, und, wie Theodor rasch nachrechnete, einem Jahresgehalt eines Greifswalder Professors.

    Er ließ sich erklären, wo er sich am nächsten Morgen zur Aushändigung der Briefe und des Geldes einzufinden habe, verabschiedete, das Inkognito des Abbés mühevoll bis zur Wohnungstür respektierend, den Boten und sank dann in seinen Sessel, zum Platzen voll von Lust, über dieses Wunder zu reden, allen davon zu erzählen und mit dem Geld und dem Ruhm auf die angenehmste, nämlich beiläufig selbstironische Art zu prahlen. Das aber, und dies fiel als einziger Wermutstropfen in seine Euphorie, war unmöglich.
    Wieder ein wenig bei Besinnung, begannen sich dann aber doch Zweifel zu melden. In einer halben Stunde hatte er, ohne abzuwägen, ohne zu zögern, seine gesicherte Zukunft über den Haufen geworfen und seinem Leben eine vollkommen andere, gestern noch nicht für möglich gehaltene Richtung gegeben.
    Hatte er womöglich den gleichen Fehler begangen wie sein Vater, der einen Moment gedankenloser Kühnheit mit Erniedrigung und frühem Tod bezahlen mußte? Lag nicht ein bequemes, laues Glück in der Soldatenlaufbahn und das Wohlgefühl, den Plänen des Grafen Mortagne bis zum Schluß brav und wortgetreu gefolgt zu sein?
    Erschüttert bemerkte er, ahnungs- und vorbereitungslos den ersten wirklichen Kreuzweg seines Lebens erreicht und gewählt zu haben. Er, der nie in die Lage hatte kommen wollen, wählen zu müssen.
    Larbi, morgen reisen wir nach Holland. Sorge für Pferde und kümmere dich ums Gepäck.
    Und was machen wir in Holland? fragte der Diener.
    Geld anlegen, erwiderte Theodor. Die Antwort kam ohne Zögern.
    Theodors Plan hatte sich so schnell und natürlich geformt, daß von einem Plan eigentlich schwerlich die Rede sein konnte. Er würde seinen Agentenlohn als mütterliches Erbe ausgeben, das er, der junge, unternehmungslustige
Freiherr, auf dem Weg ins heimische Westfalen in Den Haag anzulegen gedachte.
    Um sein aufgewühltes Inneres zu beruhigen, besuchte er die Vesper in der Klosterkirche von St. Germain und betete für die Seele seiner Mutter, für seine Schwester und für den Grafen von Mortagne, seinen Gönner, dem er nun nicht die Freude und Genugtuung bereiten würde, die Leutnantsuniform überzustreifen, und den er damit vor den Kopf stieß, wie man nur Menschen, denen man etwas schuldet, brüskieren kann.
    Er bat um das Gelingen seiner Mission und vor allem um sein Überleben. Er sah sich dabei zu, der heilige Ernst und das inbrünstige Knien paßten vortrefflich zu einer Zukunft im Dienste unbekannter, aber zweifelsohne hoher Ideale.
    Auch eine gewisse Großherzigkeit gehörte dazu, fand er, und da die Gedanken an Mortagne ihn auf Monsieur De Broglie brachten, an dem er gesündigt hatte, entschloß er sich, diese Tat zu sühnen, um sein neues Leben reinen Herzens beginnen zu können. Er schrieb seinem alten Lehrer noch am selben Abend einen Brief, in dem er warm von seiner Schulzeit sprach und dem er einen großzügigen Wechsel beilegte, der sich angesichts seines Honorars leicht verschmerzen ließ.
    Auf dieses Schreiben erhielt Theodor übrigens Monate später auf Umwegen eine Antwort von De Broglies Witwe, voll überschwenglichen Dankes für die Gabe, die ihr und ihren halbwaisen Kindern in

Weitere Kostenlose Bücher