Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund
leisen Schrei aus.
»Keine Angst, Es war noch nicht der Geist, sondern nur eine Vorhut seiner kleinen Kobolde.«
Kim funkelte ihn an, »Wirklich lustig!« Über dem Eingangsbereich lagen zwei weitere Geschosse: ein niedriges, von David als »Nasenhöhle« bezeichnet, sowie ein deutlich höheres mit einer nach oben gewölbten Decke – das Licht kam von den »Augenfenstern«. Beide Räume waren im hinteren Bereich weit in den Fels hineingetrieben. In den Wänden klafften Risse, Am Boden lagen Fledermauskot, vom Wind hereingetragene vertrocknete Blätter und einige dürre Zweige, Ansonsten gab es nichts, keine Möbel, keine zerbrochenen Tonkrüge.
»Nicht mal ein Namensschild, auf dem ›Kreis der Dämmerung‹ steht.«
»Wenn du mich fragst, sind wir hier verkehrt«, sagte Kim, Sie klebte noch immer an Davids Arm.
»M. Cournot!«, drang von draußen Chatschas Stimme herein.
Das Paar lief zur rechten Augenhöhle. »Was ist?«, rief David hinab.
»In Kürze ist es stockfinster. Lassen Sie uns bitte gehen. Morgen ist auch noch ein Tag.«
»Einen Moment noch, Chatscha.«
Bevor der Fremdenführer widersprechen konnte, hatte David seine falsche Tochter zurück in das Stirnhöhlenzimmer gezogen. Er schaltete die Taschenlampe wieder ein und bedeutete ihr, ihm bei der Suche zu helfen. Gemeinsam leuchteten sie jeden Quadratzentimeter der Rückwand ab. »Es muss hier irgendwo sein.«
»Was denn?«, fragte Kim. Sie klang nervös.
»Ein Hebel, Knopf oder irgendein Mechanismus, mit dem wir die Tür öffnen können.«
»Welche Tür? Ich sehe hier nur eine Wand voller Risse.«
»Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Aber sie ist da, glaube mir.«
Kim rollte die Augen zur Schädeldecke. »Mein Vater halluziniert!«
»Mir ist klar, dass du Angst hast. Ich fühle mich auch nicht gerade gut. Lass mich bitte nur noch etwas ausprobieren. Wenn es nicht funktioniert, gehen wir.«
Ohne eine Antwort Kims abzuwarten, konzentrierte sich David auf die Felswand. Leise murmelte er: »Wenn du den Eingang zu Belials Reich verbirgst, dann werde weiß.«
Augenblicklich nahm der Fels die Farbe des Schnees an. Als Kim die Veränderung bemerkte, zuckte sie erschrocken zusammen. »Warst du das?«
»Es handelt sich um denselben Trick, mit dem ich mein linkes Auge grün gefärbt habe. Warte!« In Gedanken sondierte er die einzelnen, von Rissen durchzogenen Segmente der Wand, aber keine farbliche Veränderung stellte sich mehr ein.
»Wir müssen nach unten gehen.«
»Gern«, sagte Kim und atmete auf.
»Lass uns zunächst im Nasenraum nachschauen.«
Sie stöhnte leise. »Sollten wir nicht besser nach draußen…?«
»Die Felswand birgt den Eingang, Kim, da bin ich mir ganz sicher. Sonst wäre sie nicht weiß geworden. Aber sie erstreckt sich über die gesamte Rückseite des Schädels. Wenn der Eingang also nicht hier oben ist, dann muss er sich irgendwo zu unseren Füßen befinden. Komm!«
Im ersten Geschoss wiederholte David die Prozedur. Mal konzentrierte er sich auf ein von Rissen umsäumtes Segment und forderte es auf schwarz zu werden, dann wieder verlangte er die Tönung eines anderen Abschnittes in pastellblau. Langsam, aber leider ohne sichtbaren Erfolg, arbeitete er sich voran. Währenddessen sang Chatscha draußen wahre Jammerarien. Er wollte nach Göreme zurück. Plötzlich färbte sich ein unregelmäßiges Felsdreieck scharlachrot.
»Da ist die Tür!«, stieß David zischend hervor. »Jetzt müssen wir nur noch den Mechanismus finden.«
Mit Davids Frage-und-Farbe-Spiel war auch diese Hürde in kaum mehr als einer Minute genommen. Aufgeregt schob er einen im Durchmesser vielleicht fünfundzwanzig Zentimeter messenden Felsvorsprung um fast eine ganze Armeslänge in die Wand. Im nächsten Augenblick schwang die Dreieckstür mit einem leisen Schaben auf.
David deutete grinsend in einen finsteren Gang. »Typischer Fall von Nasennebenhöhle. Voilà, Madame!«
Kim konnte seine Begeisterung nicht teilen. »Das letzte Mal, als du ›Voilà, Madame!‹ gesagt hast, sind wir in ziemliche Schwierigkeiten geraten.«
»Du hast Recht. Ich ziehe die Sache alleine durch und du fährst mit Chatscha nach Göreme zurück.«
»Kommt gar nicht infrage.«
»Doch!«
»Nein!«
»Doch!«
Chatschas Stimme wehte erneut herein. »Also wenn Sie jetzt nicht endlich kommen, kehre ich allein zurück.«
»Einem Dickschädel wie dir bin ich noch nie begegnet«, zischte David. »Also gut, du gehst nicht. Aber ich suche für dich ein
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