Der Kuss des schwarzen Falters: Erotischer Roman (German Edition)
den Gedanken gekommen, dass der Geist sich womöglich im selben Zimmer mit ihr aufhielt, ohne dass sie ihn sehen konnte.
»Nein«, beruhigte Xenia sie. »Er kommt nie einfach so ins Haus. Ich muss ihm immer die Tür öffnen, oder es darf zumindest nicht abgeschlossen sein. Obwohl er sicher auch durch verschlossene Türen gehen kann.«
»Ein höflicher Geist«, lobte Dora. Wenigstens lenkte diese Gespenstergeschichte sie von ihren Erinnerungen an Thilo ab. Obwohl sie immer noch sicher war, dass sie ihn aus ihrem Leben streichen wollte, kreisten seit jenem Abend beim Highflyer, der jetzt drei Tage zurücklag, ihre Gedanken ständig um ihn. Bekanntlich war es ja besonders schwierig, mit schlechten Gewohnheiten zu brechen.
Nachdem sie sich ausführlich in dem großen Standspiegel bewundert hatte und feststellte, dass Grün ihr viel besser gefiel als Blau, ließ Dora sich auf einen Stuhl fallen und schlug die Beine übereinander. »Erzähl mir mehr von Gabriel«, forderte sie Xenia auf. »Wie sieht er aus?«
»Gut«, erklärte Xenia, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. »Auf eine schwermütige, romantische Art. Blondes Haar und so ein dunkler, verletzter Blick, obwohl seine Augen eigentlich eher hell sind. Ganz hellbraun, wie Bernstein.« Sie schaute nachdenklich durchs Fenster hinaus in den Garten, wo die ersten Frühlingsblumen bunte Tupfen ins Gras malten.
»Man muss ihn erlösen«, kam es über Doras Lippen, ohne dass sie vorher darüber nachgedacht hatte.
»Du meinst, ich muss ihn erlösen«, korrigierte Xenia sie mit leiser Stimme. »Er hält mich für Katharina.«
»Würdest du mit ihm schlafen?« Dora war noch nie der Meinung gewesen, dass es Sinn machte, um etwas herumzureden.
Xenias Wangen röteten sich. »Na ja, einmal hätte nicht viel gefehlt. Und dann habe ich ihm einen Brief geschrieben. Mit einer … erotischen Fantasie.«
»Das ist immerhin ein Anfang.« Aus irgendeinem Grund war Dora enttäuscht über Xenias Initiative, die sie ihr gar nicht zugetraut hätte. Ein attraktiver Geist, dessen Liebe auch nach über hundert Jahren noch leidenschaftlich loderte, weckte Gefühle in ihr, die sie gleichzeitig traurig und sehnsüchtig werden ließen.
»Er hat den Brief aber nicht gelesen. Glaube ich zumindest.« Xenia setzte sich auf die Fensterbank und blickte zum Nachbarhaus hinüber. »Stattdessen hat Erik ihn gefunden. Und er hat die Fantasie, die ich darin beschrieben habe, wahr werden lassen.« Der letzte Satz kam so leise über ihre Lippen, dass Dora ihn nur mit Mühe verstand.
»Und ich dachte, mein Liebesleben sei kompliziert!«, stellte sie erstaunt fest. »Du hast dich also doch wieder auf Erik eingelassen, obwohl du beschlossen hattest, dass er nicht mehr als ein freundlicher Nachbar für dich sein sollte?«
Xenia zuckte mit den Schultern. »Es ist einfach so passiert.«
»Und wie war es?«
»Wunderschön. Aber hinterher hat er sich ganz komisch verhalten und wurde von einem Moment auf den anderen kühl und distanziert.« Xenia schaute immer noch zum Nachbarhaus hinüber. »Aber als wir uns das nächste Mal gesehen haben, war er wieder sehr sanft und freundlich und … zärtlich. Vielleicht liegt es an der Migräne, die er wohl öfter hat, dass er manchmal so komisch ist.«
»Autsch«, machte Dora.
»Obwohl …« Xenia zögerte und fuhr dann entschlossen fort: »Ich frage mich, ob nicht noch etwas anderes dahintersteckt. Seit ich ihn kenne, kommt er mir immer wieder sehr nah und zieht sich gleich darauf zurück. Beinahe so, als würden ihn seine Gefühle überwältigen, und als wolllte er dann versuchen, sie doch lieber zu kontrollieren.«
»Hast du nebenan schon mal eine andere Frau gesehen?«, überlegte Dora laut.
»Nein.« Xenia stieß einen leisen Seufzer aus. »Aber das heißt gar nichts. Schließlich weiß ich nur sehr wenig über ihn. Er ist irgendwie geheimnisvoll, und weil ich mich bis jetzt nicht getraut habe, ihm die Sache mit Markus und Amanda zu erzählen – ganz zu schweigen von Gabriel –, kann ich ihn auch nicht nach seiner Vergangenheit fragen. Obwohl ich zugebe, dass wir langsam anfangen sollten, offen miteinander zu reden.«
»Trefft ihr euch denn regelmäßig?« Dora war erstaunt, was sich bei ihrer Freundin alles tat, wenn sie sie ein paar Tage nicht sah.
Um Xenias Lippen spielte ein Lächeln. »Fast täglich.«
»Du bist verliebt in ihn!«, stellte Dora triumphierend fest.
Xenia setzte zu einem Kopfschütteln an, ließ es dann aber sein. »Ich weiß
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