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Der letzte Winter

Titel: Der letzte Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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fortzutragen.
    Aber ein Bett ist ein Bett. Das fliegt nicht zum Fenster hinaus.
    Oder vielleicht hat es genau das getan.
    Vor dem Fenster gab es einen Boden, auf dem es landen konnte.
    »Ist draußen etwas zu hören gewesen?«, fragte er.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Können Sie von draußen Geräusche gehört haben? Ein Stück entfernt? Aus der Kristinelundsgatan?«
    »Ich … ich glaube nicht. Aber …«
    »Aber was?«
    »Möglich wäre es schon.«
    »Und Sie?« Ringmar sah den Mann an. »Was haben Sie getan, als das alles passierte?«
    »Was passierte?«
    »Zum Beispiel, dass Ihre Frau aufgestanden ist und auf Geräusche von draußen horchte.«
    »Ich habe geschlafen.«
    »Die ganze Zeit?«
    »Ja. Ich habe einen guten Schlaf.«
    »Darum beneide ich Sie«, sagte Ringmar.
    »Wie bitte?«
    »Ich habe Schlafprobleme, werde in der Nacht jede Stunde wach.«
    »Ach?«
    »Und dann kommt einem die Nacht wirklich lang vor«, sagte Ringmar.
    »Was ist eigentlich passiert?«, fragte Mildred Svensson. »Was ist in der Wohnung passiert?«
    »Wir wissen es nicht«, antwortete Winter.
    »Vielleicht ist gar nichts passiert«, sagte Ringmar.
    »Und trotzdem kreuzen Sie hier auf, und das am Silvesterabend.«
    »Wir gehen ja schon«, sagte Winter.
    »Darf ich Ihren Dienstausweis noch einmal sehen?«, bat Mattias Svensson.
    Winter zeigte ihn ihm noch einmal.
    »Hu, mir wird langsam unheimlich«, sagte Mildred Svensson. »Wenn nun …« Sie verstummte.
    »Wenn was?«, fragte Winter.
    »Nichts.«
    »Nichts ist nie. Was wollten Sie sagen?«
    »Wenn … nun noch einmal jemand zurückkommt«, sagte sie. »Das ist mir unheimlich.«
    »Wenn wer zurückkommt?«
    »Ich weiß es nicht. Aber Sie sind ja hier, nicht wahr? Sie suchen jemanden, oder? Sie suchen etwas.«
    Winter nickte.
    »Was ist eigentlich in der Wohnung passiert?«, fragte Mattias Svensson.
    »Wir wissen es nicht«, antwortete Winter. »Wir wissen es wirklich nicht.«
    »Was glauben Sie?«
    Winter schwieg. Er dachte nicht an Glauben. Er dachte an Stille. Er brauchte Stille, um nachdenken zu können. Dafür war dieser Tag schlecht geeignet. Seine Familie erwartete ihn im Haus in Hagen. Der letzte Tag des Jahres. Heute Abend würde er Lilly zu Bett bringen. Er würde sich schämen, wenn er es nicht täte. Für sie ging ein aufregendes Jahr zu Ende. Ein neues aufregendes Jahr wartete.
    »Aber wir werden versuchen herauszufinden, was passiert ist«, sagte Ringmar. »In der Nachbarwohnung wird es also etwas laut. Bald kommen ein paar Leute von der Spurensicherung.«
    »Wann?«
    Ringmar sah Winter an.
    »Vielleicht noch heute Abend«, antwortete er. »Mal sehen. Jedenfalls wird die Nachbarwohnung abgesperrt.«
    »Sind das Eigentumswohnungen?«, fragte Winter.
    »Unsere ja. Ich glaube, in diesem Haus gibt es nur Eigentumswohnungen.«
    »Können Sie uns die Telefonnummer von jemandem aus der Verwaltung geben?«
    »Herr im Himmel«, sagte Mildred Svensson. »Ich will nicht hierbleiben.«
    »Wir können zu deiner Mutter fahren«, sagte Mattias Svensson.
    Er ist ein guter Junge, dachte Winter. Richtig nett.
    Die Dämmerung hatte sich endgültig herabgesenkt. Jetzt war es Abend. Winter sah die Köpfe der Gäste bei Ming, Münder, die sich bewegten. Ein Kellner, blau und schwarz gekleidet, bewegte sich über ihnen. Silvesteressen beim Chinesen, warum nicht? Als er jung gewesen war, hatte er Take-away-Pakete vom Chinesen mitgenommen. Ming war der Erste gewesen, der Take-away angeboten hatte, oder war es Die chinesische Mauer gewesen, das erste Chinarestaurant im ganzen Land? Ming war auch schon früh aufgetaucht. Und jetzt hielt das Eisauto nicht mehr vor seiner Tür. Wenn dieser Fall gelöst war, würde er mit seiner Familie an einem Sonntag bei Ming essen gehen. Die Kinder mochten chinesisches Essen. Vielleicht lag das an der Süße in allen Gerichten. Süß und sauer.
    »Eine Weile habe ich geglaubt, wir würden Leben retten«, sagte Ringmar. »Als wir die Treppen hinaufgingen.«
    »Gut, dass du ein Optimist bist, Bertil.«
    »Sind wir nicht alle Optimisten?«
    »Natürlich.«
    »Haben wir Leben gerettet?«, fragte Ringmar.
    »Wie hätten wir das anstellen sollen?«
    »In dieser verdammten Wohnung.« Ringmar schaute hinauf. Sie standen auf der Fahrbahn der Teatergatan. Die Bühne da oben. Winter folgte Ringmars Blick. Sie sahen die Gardine. Sie wirkte ziemlich gruselig. Jetzt umso mehr, seit sie es wussten. Weniger, als sie es noch nicht wussten.
    »Was will er?!«, sagte

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