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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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Eigentümer behauptete, der Schmuck sei aus Glas. Als ich darauf bestand, den Schmuck von meiner Mutter geerbt zu haben, behauptete der Mann, ich hätte ihn gestohlen, und drohte mir damit, mich bei den Magistratsbeamten anzuzeigen. Ich ging mit meinem Schmuck hinaus und fühlte mich den ganzen Tag über ziemlich elend. Außerdem fragte ich mich, ob er seine Drohung wohl wahrmachen würde. Er tat es nicht, aber ich hatte Angst, es irgendwo anders zu versuchen. Mit ein bißchen mehr Erfahrung hätte ich gemerkt, daß der Mann ganz einfach versuchte, den Preis zu drücken. Die Alexandriner sind hitzige Menschen, reizbar und aufbrausend, gewalttätig und gefährlich.
    Nach zehn Tagen begann ich mich zu fragen, ob ich nach Ephesus zurückgehen und Festinus heiraten sollte. Ich sah mich bei einigen der alexandrinischen Ärzte um, die keine Verbindung zum Museum hatten. Die meisten von ihnen waren abergläubische Quacksalber, jene Art Männer, die ihren Patienten anraten, sich im Morast zu wälzen, dreimal um den Tempel herumzulaufen und die Götter dabei anzurufen und schließlich ein Bad im Schiffskanal zu nehmen – ein Verfahren, das außer den Gesündesten jeden umbringen würde. Doch dann lernte ich Philon kennen.
    Ich traf ganz zufällig in der Bibliothek des Tempels auf ihn. Ich erholte mich gerade ein wenig von meiner letzten Abfuhr und las im Kräuterbuch des Krateuas, als ein bärtiger Mann mittleren Alters auf mich zutrat und mich fragte, ob er mal hineinsehen könne: »Falls du es nicht mehr brauchst, geschätzter Herr.« Es war ein angenehmes Gefühl nach all der Grinserei mit »geschätzter Herr« angeredet zu werden, deshalb ließ ich das Buch sinken.
    »Ich habe nur mal kurz hineingeschaut«, sagte ich zu ihm.
    »Wenn du etwas nachschlagen willst, Herr, dann nur zu.«
    Er lächelte. Ich kannte die Stadt inzwischen gut genug, um zu erkennen, daß der Bart, der mit Fransen besetzte Schal und das kleine Käppi auf einen Juden hindeuteten. Sein braunes Haar und die helle Haut unterschieden ihn von den sonst in Alexandria so häufig anzutreffenden honigfarbenen Männern. Er war groß und breitschultrig und erinnerte mich deshalb ein wenig an Thorion. »Danke dir, Herr«, sagte er und schlug eine Rezeptur für eine gynäkologische Erkrankung nach, dann schüttelte er den Kopf. »Das wird wohl nichts nützen«, sagte er. »Immerhin, man kann es ja einmal versuchen.«
    »Eine Patientin?« fragte ich, und er lächelte erneut. »Was sonst? Aber es gibt wenig genug, was ich für die arme Frau tun kann. Ein bißchen Opium, das ist alles, es lindert die Schmerzen. Eine wirkliche Heilung – die liegt in den Händen Gottes.«
    »›Das Leben ist kurz, die Kunst des Heilens aber ist lang‹«, zitierte ich. »›Das Glück ist flüchtig, die Erfahrung täuschend, die Beurteilung schwierig‹«
    »›Doch nicht allein der Arzt muß seine Pflicht tun, auch der Kranke und die Pfleger müssen ihren Teil dazu beitragen, um eine Heilung zu ermöglichen‹«, zitierte er zu Ende. »Ah, Hippokrates! Bist du Student?«
    »Nein«, entgegnete ich etwas kurz. Dann, weil er mich ein wenig an Thorion erinnerte, fügte ich hinzu: »Ich wäre gerne einer. Aber niemand scheint mich haben zu wollen. Ich bin ein Eunuch und habe nicht die richtigen Empfehlungsschreiben.«
    Er seufzte ein wenig und beobachtete mich. »Woher kommst du, wenn ich fragen darf? Du hast einen asiatischen Akzent.«
    »Aus Ephesus«, erwiderte ich. »Das heißt, eigentlich aus Amida.« Und ich erzählte ihm meine kleine Geschichte von den Persern und »meinem Vetter Ischyras«, der mich von ihnen freigekauft habe, und von Thorion, der mich fortgeschickt habe, um die Heilkunst zu erlernen.
    »Aha«, meinte er. »Darf ich deine Empfehlungsschreiben vielleicht einmal sehen?«
    Ich hatte sie natürlich bei mir und gab sie ihm. Er las sie sich durch (»dieser Theodoros – das ist doch nicht etwa derselbe, der hingerichtet wurde? Nein, nein, natürlich nicht…«), dann stellte er mir einige medizinische Fragen, die sich meist auf die klassischen Texte von Hippokrates und Galen bezogen.
    »Du bist sehr belesen für einen derart jungen Mann«, meinte er schließlich. »Und du machst einen sehr gebildeten Eindruck – kennst du dich in den Klassikern genausogut wie bei den medizinischen Schriftstellern aus? Ja? Es wundert mich, daß dich niemand als Schüler genommen hat. Ich…« er hielt inne und sah mich unentschlossen an. Dann schien er sich aufzuraffen und wagte den

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