Der Mann aus Israel (German Edition)
dann ab. Das Klopfen
wird wiederholt. Ganz sanft. Sie hat mich gesehen vorhin auf dem Gang, denke
ich, deshalb weiß sie, dass ich da bin. Sie wird nicht lockerlassen, bis sie
ihre Pflicht getan hat. Ich spüre, wie ich wütend werde und diese unerbetene
Fürsorge als lästig und aufdringlich empfinde. Ich gehe zur Tür und öffne sie
einen Spalt und sage ziemlich schroff „Ich brauche nichts, Ludmilla, vielen
Dank und gute Nacht.“ und will die Türe wieder schließen, aber ein Fuß schiebt
sich in den Spalt. Ich starre den Schuh an, hebe langsam den Kopf, schaue auf,
an dunkelgrauen Jeans entlang, erkenne die Gürtelschnalle aus Silbermetall und
schon blicke ich in goldgrüne Augen, die mich forschend anschauen. Mein
Herzschlag setzt aus, für einen Moment schließe ich die Augen. Ist das möglich,
kann das wahr sein? Als ich sie wieder öffne, schauen mich die goldgrünen Augen
immer noch an. Es ist wahr! Er ist gekommen. Er ist da, er ist bei mir. Mein
Herz fängt an zu rasen.
„Ich habe es nicht länger ohne Dich ausgehalten, Elisabeth.
Ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten.“ höre ich Raffaels Stimme. Ich
zittere beim Klang seiner Stimme. Sie ist verführerisch weich, ich spüre sie
wie eine Liebkosung. Mein Herz macht Bocksprünge, ich bebe am ganzen Körper.
Raffael! Raffael ist zu mir gekommen. In meinem Hirn tobt ein Sturm, ich denke
tausend Sachen gleichzeitig. Ich will, dass er mich in die Arme nimmt, einschließt
in seine Wärme und Kraft. Ich mache einen kleinen Schritt nach vorne. Mach` die
Türe zu, schlag` sie zu, ruft eine andere Stimme in mir, hysterisch und laut.
Wenn Du jetzt nicht das Tor verrammelst, ist es zu spät. Dann bist du dran,
dann gibt es kein Zurück mehr. Wenn er erst einmal in Deinem Zimmer steht,
wirst Du Dich nicht mehr wehren können. Ich fühle, wie mir der Schweiß
ausbricht, wie mir ein heißer Schauer durch den Körper zuckt, und zugleich ist
es mir kalt. Ich bin zu keiner Bewegung fähig. Er kommt langsam auf mich zu,
streicht ganz sanft mit seiner Hand über meinen Hals, schließt die Türe hinter
sich. Ich spüre seine Berührung wie eine Welle warmen Windes, die durch meinen
Körper rieselt. Er schiebt meinen Bademantel zur Seite und küsst mich auf die
nackte Schulter. „Elisabeth, meine kleine süße Taube“, flüstert er. „ich will
Dich so sehr.“ Meine Hand schiebt sich unter sein Hemd, zum ersten Mal berühre
ich seine Haut, ich kann nichts mehr denken, die kleine Erbse zwischen meinen
Beinen tanzt wie verrückt. Ich will Dich auch, singt mein Herz, ich will Dich
auch, Raffi, mein warmhäutiger Geliebter!
„Ich kann nicht, Raffi“, sage ich stattdessen laut. „bitte
versuche, mich zu verstehen. Bitte. Ich darf nicht.“ Verzweifelt lege ich
meinen Kopf an seine Schulter. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Der Wunsch,
ihn zu berühren, ist so stark. „Ich war nie mit einem anderen Mann zusammen,
seit ich verheiratet bin. Bitte geh` wieder.“ Er schaut mich erstaunt an und
zieht ein wenig die Augenbrauen zusammen. Ob er mir nicht glaubt? Oder sagen
das zuerst einmal alle Frauen, die er nachts besucht? Ich schiebe ihn ein wenig
von mir. „Raffi, ich bringe es nicht fertig, ihn zu betrügen, ich würde es mir
nie verzeihen. Ich kann nicht. Bitte, lass` mich. Geh wieder. Bitte.“
Er lässt meine Schultern los und nimmt meinen Kopf in beide
Hände. „Ich werde nichts tun, was Du nicht willst, meine duftende Lilie.“
flüstert er. Er tritt einen Schritt zurück und legt den Kopf ein ganz klein
wenig in den Nacken. „Eigentlich bin ich sowieso nur gekommen, um Deine
Aussicht zu genießen. Man sagt, du habest einen schöneren Blick als einst Salomon
aus seinem Palast. Zeige ihn mir, meine Fürstin.“ Er lacht, ganz entspannt und
selbstverständlich und schiebt mich hinaus auf die Terrasse. Ich zurre den
Bademantel ganz fest zu. Raffi lehnt über der Brüstung und blickt herum. „Mann,
das ist ja gewaltig.“ sagt er. „Schau, Elisabeth, ganz weit hinten siehst Du
die Lichter von Ramat Rachel , und dort, siehst du, das ist die Montefiori- Windmühle.
Das ist ja toll, sogar das Davids-Grab ist beleuchtet. Siehst Du den
Mond? Mein Gott, ist das schön!“ Er ist bewegt vom Blick auf Davids goldene
Stadt und erklärt sie mir. Seine Stadt. Als ob ich noch hier gewesen wäre. Oder
als sei ich als Fremde nicht in der Lage, irgendetwas zu sehen und zu
verstehen. Selbstverständlich erkenne ich jedes Gebäude genau wie er, aber er
erklärt mir die
Weitere Kostenlose Bücher