Der Puppenfänger (German Edition)
Dieter regelmäßig Skat. Torben war Anfang dreißig und ledig, aber in den resoluten und festen Händen einer sympathischen Grundschullehrerin mit dem Namen Anabel.
»Ich mache es so kurz wie möglich und fasse zusammen, was wir bisher wissen«, begann Dieter, nachdem auch Wilhelm Platz genommen hatte. »Das Opfer heißt Gunnar Laxhoff. Herr Laxhoff ist ein alter Bekannter, der bereits vor Jahren erkennungsdienstlich erfasst wurde. Seine Identität konnte daher anhand seiner Fingerabdrücke zweifelsfrei festgestellt werden. Abgesehen davon hatten wir das große Glück, am Leichenfundort seine Ausweispapiere sicherzustellen. Er wurde erst am letzten Freitag aus der Haft entlassen. Laut Dr. Ulrich durfte Laxhoff seine neugewonnene Freiheit nicht sehr lange genießen. Für die Feststellung des genauen Todeszeitpunkts bedarf es weiterer Untersuchungen, aber wir können vorerst davon ausgehen, dass er seit mindestens zwei Tagen tot ist und nicht länger als fünf. Todesursächlich ist eine Schussverletzung. Die Waffe wurde direkt an der Stirn aufgesetzt.«
Dieter hatte entschieden, die Gesprächsleitung an diesem Punkt an Torben Cinke weiterzugeben. »Erzähle bitte, was wir bisher erfahren haben, Torben«, wandte er sich an seinen jüngsten Kollegen.
Torben fuhr sich mit beiden Händen durch seine kurzgeschnittenen roten Haare. Er war sich nicht sicher, was der Chef genau zu hören wünschte. Nach kurzem Zögern entschied er sich, über den privaten Teil des Gesprächs, das sie miteinander geführt hatten, vorerst zu schweigen und sich kurzzufassen. »Am Montagabend erschien eine Frau Simone Schöllen auf dem Lingener Kommissariat, um eine Vermisstenmeldung aufzugeben. Sie wurde von unserem diensthabenden Kollegen vertröstet. Da Herr Schöllen …«
»Schöllen? Etwa Gerald Schöllen?«, unterbrach Anton Trappe und faltete die Hände vor seinem durchaus beachtlichen Bauch. Die Augen in seinem rundlichen Gesicht drückten Staunen aus.
»Kennst du ihn?«, wollte Karel Friedrichs wissen.
Anton nickte, betrachtete eine Weile scheinbar interessiert seine gefalteten Hände, schwieg beharrlich und strich dann einige Male verlegen über seinen Vollbart.
»Woher kennst du ihn?«, hakte Friedrichs nach.
Anton räusperte sich.
»Nun sag schon. Hast du Geheimnisse?«
»Aus dem Fitnessstudio in Meppen. Schöllen ist dort der Boss«, brummelte Anton.
Der athletische, durchtrainierte Friedrichs begann laut zu lachen und witzelte: »Du gehst ins Fitnessstudio, um zu trainieren, Anton? Donnerwetter! Das hätte ich nie gedacht. Gut, dass ich das jetzt weiß. Ich werde diese Mucki-Buden demnächst meiden. Sie bewirken offenbar das Gegenteil von dem, was ich mir von ihnen erhoffe.«
Anton Trappes Blutdruck stieg auf über zweihundert, und sein Gesicht wurde knallrot. Irgendwann wird er uns in dieser Runde vom Stuhl kippen, weil ihn der Schlag getroffen hat, dachte Dieter.
»Frau Schöllen erschien also am späten Montagabend auf dem Revier und wollte eine Vermisstenmeldung aufgeben«, setzte Torben ein zweites Mal an.
»Ich begreife die Zusammenhänge nicht«, murmelte Wilhelm. »Unser Toter heißt nicht Schöllen. Er heißt Laxhoff.«
»Wir haben erfahren, dass Laxhoff und Schöllen Halbbrüder sind«, erklärte Torben.
»Da haben wir ein bisschen viele Zufälle, und das verheißt nichts Gutes«, sagte Wilhelm.
»Können wir die Spekulationen bitte außen vor lassen? Wir sind hier nicht in der Lotterie, Imerhof«, giftete Anton.
Er würde keine Hahnenkämpfe mehr in seinem Team dulden, beschloss Dieter. Die Affäre zwischen Trappes Frau und Wilhelm lag mindestens drei Jahre zurück. Entweder Trappe bekam seine Emotionen in den Griff, oder er würde für den Querkopf eine Aufgabe außerhalb der MK suchen. Und das so schnell wie eben möglich.
»Es gibt noch eine Verbindung zwischen Laxhoff und Schöllen, die für uns äußerst interessant ist, Anton. Die Mobilnummer, die zuletzt von Laxhoffs Handy angewählt wurde, konnte eindeutig Gerald Schöllen zugeordnet werden«, sagte Michel Haila. »Und angerufen wurde am letzten Montag um 10.30 Uhr.«
Torben klopfte mit den Fingern auf die Tischplatte, ließ seinen Blick umherschweifen und vermied es, Anton oder Wilhelm anzusehen. Wilhelm war zwar ein Schwerenöter, aber Torbens Sympathien lagen eindeutig bei ihm und nicht bei dem stets schlechtgelaunten Trappe. Unentschlossen suchte Torben in Dieters Miene nach einem Zeichen. Was genau sollte er den Kollegen erzählen und was
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