Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
Vom Netzwerk:
war der Fall noch nicht abgeschlossen, dann mussten neue Zeugen gehört werden, neue …
    Sie war in wenigen Schritten auf der Toilette. Schloss die Tür hinter sich ab, beugte den Kopf über das Waschbecken. Zwei Finger in den Hals. Nein, drei, das war besser. Der Körper setzte sich zur Wehr. Wollte sich nicht erbrechen. Sie aber bestand darauf. Zwang die Finger in den Hals, fast die ganze Hand, bis die natürliche Reaktion des Körpers gegen das Ersticken aktiviert wurde.
    Wie viel Zeit war vergangen? War es zu spät? Nein. Da lag die Tablette. Umgeben von gelber, stinkender Magensäure. Sie hob den Kopf. Schweißgebadet. Ein Brennen im Hals. Aber bereit, das Verfahren fortzusetzen und den nächsten Zeugen zu hören: Phaidon .

DIENSTAG

54.
    Islands Brygge, 14 . Juni 2011 , 08.55 Uhr
    Niels schlug die Augen auf und spürte, wie die Haut um Mund und Augen spannte. Seine Mundwinkel rissen ein, und allein die Nase zu berühren schmerzte gewaltig. Aus der Wunde auf sei ner Stirn war ihm ein schmales Blutrinnsal über das Gesicht gelaufen.
    Im Badezimmer musterte Niels sein Gesicht im Spiegel. Es sah schlimmer aus als am Vortag, da hatte er noch den Eindruck gehabt, es wäre Farbe, die er abwaschen könnte. Heute war diese Farbe zu einem Teil seines Gesichts geworden. Zu einem Teil von ihm. Trotzdem half das Waschen ein bisschen. Als er Hannah im Spiegel sah, verging eine ganze Weile, bis das erste Wort fiel.
    »Was ist passiert?«, fragte sie endlich.
    Niels drehte sich um und sah sie an. Das Leben schien sie ver lassen zu wollen, dachte er bei ihrem Anblick. Sie sah aus wie eine Todkranke, nur noch Haut und Knochen. Und ein Paar müde, intelligente Augen.
    »Ich bin gegen eine Tür gelaufen. Nichts Ernstes«, sagte er nur und hoffte, dass sie einen Schritt zur Seite trat, damit er aus dem Bad gehen konnte. Sie tat es, und schließlich standen sie im Wohnzimmer. Die Morgensonne spiegelte sich auf eine Weise im Hafenbecken, die ihnen bis vor Kurzem – bis Hannah sich ganz in sich zurückgezogen hatte – wie ein tagtäglicher Beweis ihrer Liebe vorgekommen war. Ein Altar aus Wasser. Heute war das nichts anderes als brackiges Hafenwasser.
    »Warum hast du dieses Buch mit nach Hause gebracht?«
    Er warf einen Blick auf Dictes Buch und zuckte mit den Schul tern. Schaffte es nicht, ihr von dem Fall zu erzählen. »Hannah« war das einzige Wort, das seinen Mund verließ.
    »Das ist keine Verletzung von einer Tür«, sagte sie und kam auf ihn zu.
    »Was meinst du?«, fragte er.
    »Der Abdruck da«, erklärte sie. »Auf deiner Wange.«
    Niels ließ sie ihr Gesicht studieren. Ihre Finger berührten vorsichtig die Wunde. Obgleich es wehtat, tat es irgendwie auch gut. Er schloss die Augen. Vielleicht war es genau das, was sie brauch ten? Vielleicht musste er bis zur Unkenntlichkeit verletzt werden, damit sie ihre Finger über seine Wunden gleiten lassen konnte. Nur zu gerne würde er das für sie tun, für eine kleine Berührung …
    »Was ist das?«, fragte sie.
    »Was meinst du?«
    »Ist das ein Ring?«
    »Ein Ring?«
    »Da ist ein Ring in deinem Gesicht.«
    Niels ging zurück ins Bad und studierte sein Gesicht noch einmal im Spiegel. Erst konnte er nichts sehen. Dann sah er, dass sie recht hatte. Hinter den Wunden, oder unter den Wunden, war ein schwacher, rotvioletter Bluterguss in Form eines Ringes zu erkennen. Es war aber nicht nur ein Ring. Es war mehr. Kleine Zacken und Striche. Dann fiel ihm das Glas ein, das er in Dictes Garderobe gefunden hatte.
    »Könntest du mir meine Hose holen?«
    Sie ging ins Schlafzimmer und reichte ihm die Hose am ausgestreckten Arm. Als gehörte sie einem anderen. In der Tasche fand er das Glas.
    Etwas Rundes .
    »Eine Uhr«, sagte sie.
    »Vielleicht.«
    Hannah stand hinter ihm. Er hielt das Glas über den Abdruck auf seiner Haut. Eine Fleischuhr, dachte Niels, in die Haut geschnitten.
    »Warum hast du behauptet, gegen eine Tür gelaufen zu sein? Du bist doch niedergeschlagen worden. Ein Mann hat dich mit seinem Handrücken da getroffen.«
    Niels sah in den Spiegel. Waren das römische Zahlen vom Zifferblatt? Der Mann hatte Niels zweimal geschlagen. Beim ersten Schlag hatte sich das Glas gelöst. Der zweite, härtere Schlag hatte dann diesen Abdruck hinterlassen.

55.
    Ydre Nørrebro, 11.15 Uhr
    Nørrebro. Hierher kam er fast nie. Zu viel Gewalt, zu viel Schießereien. Hatten die Medien recht, konnte man bald nicht mehr über die Straße gehen, ohne eine Kugel in den Kopf zu bekom men.

Weitere Kostenlose Bücher