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Der Schwur der Ritter

Der Schwur der Ritter

Titel: Der Schwur der Ritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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glatt verläuft und wir sofort aufbrechen. Es ginge vielleicht auch schneller, aber ich weiß ja noch, wie Ihr kämpfen musstet, um es auf diese Klippe in der Nähe von Coruna zu schaffen.«
    Will verkniff sich das Lachen über die vertrauliche Unverschämtheit, zu der sich Tam von der Heimatluft anstacheln ließ. Stattdessen sah er Mungo an und wies mit dem Kinn auf Tam.
    »Nun hört Euch dieses Geschwafel an. Ich musste ihn dort doch praktisch tragen, weil seine Beine nicht mehr wollten. Das kommt alles von der Seefahrerei und dem Mangel an Disziplin an Bord. Nun denn, ich muss mich umziehen. Sorgt doch bitte für etwas Essbares, das wir mitnehmen können. Wir treffen uns dann hier wieder.« Er schritt davon und grinste unverhohlen, sobald er sich abgewandt hatte und Tam hinter sich knurren hörte.
    Kurze Zeit später stand er wieder an Deck. Er trug nun einen langen, schweren Umhang aus dunkelgrüner Wolle über einem schlichten, knielangen Hemd und einem Lederwams, dicke, gestrickte Beinkleider und schwere Feldstiefel. Seine einzige Waffe war der Dolch an seiner Seite, denn einerseits rechneten sie auf der heiligen Insel nicht mit Angreifern, andererseits wollten sie auch selbst nicht wie solche auftreten. Die beiden anderen erwarteten ihn ähnlich gekleidet und wenig bewaffnet. Tam trug einen abgenutzten Lederbeutel vor der Brust.
    »Essen«, sagte er, als Wills Blick darauf fiel.
    »Schön. Wir werden gewiss Hunger haben, wenn wir oben sind. Haben wir auch ein Boot?«

2
    S
    IE STANDEN AUF dem höchsten Punkt der kleinen Insel und blickten nach Westen. Vor ihnen breitete sich jenseits der Bucht von Lamlash die Ostküste Arrans aus. Der Morgen war kühl und windstill, hier und dort lag noch Nebel über dem Boden. Der Himmel war bewölkt, doch die Wolkendecke hatte Lücken, und es sah vorerst nicht nach Regen aus. Myriaden von Möwen schossen ringsum durch die Luft, und ihr Geschrei übertönte jedes andere Geräusch.
    »Dort drüben regt sich nicht viel.«
    »Nein, aber das heißt nicht, dass dort niemand ist. Doch ist es nicht ein herrlicher Anblick?«
    »Aye, Mungo, das ist es. Wann seid Ihr denn das letzte Mal hier gewesen?«
    »Gott … Das ist lange her … Ich war noch ein Junge, also mindestens zwanzig Jahre.«
    Die Insel Arran hatte in etwa die Form eines Vogeleis, dessen Spitze zu ihrer Linken sanft im Meer versank. Direkt vor ihnen stieg der Strand allmählich an, bis er in ein weites Hochmoor überging. Ganz rechts wurde der Boden steiler, und hinter den sanften Hügeln ragten ferne Berge auf, deren Gipfel schon vom Schnee der ersten Winterstürme bedeckt waren.
    Sie waren im Schutz der Nacht in die Bucht gerudert, das große Segel gerefft, um nicht durch seine Reflektion verraten zu werden. Im Vorüberfahren hatten sie an der südlichen Landspitze Wachfeuer gesehen, und Mungo hatte gesagt, dies sei die Anhöhe von Kildonan, eine natürliche Klippenfestung, die schon existierte, seit die ersten Menschen nach Arran gekommen waren. Doch als er jetzt in diese Richtung blickte, konnte Will nichts Derartiges sehen, und er vermutete, dass die Festung hinter dem Vorgebirge verborgen lag.
    »Sieht jemand ein Lebenszeichen?«, fragte er und war überrascht über Tams Antwort.
    »Aye, und zwar gleich hier. Einer dieser heiligen Herumtreiber kommt gerade auf uns zu.«
    Fast hätte Will aufgestöhnt, denn tatsächlich starrte ihnen keine fünfzig Schritte entfernt aus einer Erdmulde ein Kopf entgegen.
    »So viel dazu, dass sie uns nicht belästigen werden.«
    Mungo knurrte: »Beachtet ihn nicht. Er ist ja nur ein Einsiedler, wahrscheinlich halb verrückt, vielleicht sogar ganz. Sonst könnte er hier ja in der Art nicht leben.«
    Der Einsiedler starrte sie weiter reglos an, und Will fragte sich, ob er ihn ignorieren oder auf ihn zugehen sollte. Halb verrückt oder nicht, es war ja möglich, dass der Mann etwas wusste, das ihnen nützlich sein konnte.
    Er richtete sich auf und sah dem Mann direkt ins Gesicht. Der Mann legte fragend den Kopf zur Seite. Will winkte ihn kopfnickend zu sich und sah dann mit wachsendem Erstaunen zu, wie er näher kam – der Mann war von enormer Körpergröße. Außerdem war er uralt, unglaublich zerlumpt und unbeschreiblich schmutzig. Sein Haar und sein Bart waren zu einem einzigen Filzknäuel verwoben, und die knöchellange Robe, die sein einziges Kleidungsstück war, war so zerschlissen, dass man seine Brust und seine Beine sehen konnte. Er trug einen Wanderstab aus Schlehdorn,

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