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Der Seher des Pharao

Der Seher des Pharao

Titel: Der Seher des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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von dem peinlichen Gespräch mit Nacht, von der Unterredung mit Ramose und der Rechet und von dem langen Weg von Iunu nach Hut-Herib. Von seinem verzweifelten Versuch, durch den Gang zu einer Hure sowohl seine Gabe loszuwerden als auch die Schmach zu lindern, die ihm Nacht zugefügt hatte, sagte er nichts. Diese Wunde war noch zu frisch, um sie in Worte zu fassen. Methen lauschte aufmerksam, während er Brot und Käse aß. Dann seufzte er. »Vielleicht warst du voreilig. Dein Stolz war verletzt, Huy, dein Traum zerplatzt. Deine Briefe waren voll von Anuket und ihrer Familie, und ich habe mir oft Sorgen gemacht, wenn ich sie gelesen habe. Mit deinen ausgezeichneten Ergebnissen in der Schule und den tadellosen Zeugnissen deiner Ausbilder hättest du eine gute Stellung bei irgendeinem der zahllosen Adeligen, Händler oder anderen Geschäftsleute in Iunu bekommen können. Hier hast du keine Zukunft. Das weißt du doch.«
    Huy zuckte mit den Achseln. »Ich weiß. Es ist mir egal. Ich brauche die Anonymität, Methen. Wenig Verantwortung, einfache Aufgaben.« Er zog eine Grimasse. »Ich habe mich selbst als Aristokraten betrachtet. Die Überheblichkeit, die meine Eltern bewogen hat, mich ursprünglich wegzuschicken, ist offensichtlich immer noch vorhanden. Jetzt bin ich ernüchtert.«
    Methen sah ihn scharf an. »Aus Ärger über die Wunde, die man dir zugefügt hat, suchst du nun das andere Extrem? Und was passiert, wenn dein Ärger verflogen und die Wunde verheilt ist?«
    »Ich weiß es nicht.« Huy spreizte die Hände. »Wenn du befürchtest, dass ich eines Tages wegen einer einträglicheren Position davonlaufe, können wir einen Vertrag abschließen. Doch ich bin so müde, Methen. Müde im Herzen vom Lernpensum der vergangenen Wochen, von der Liebe zu Anuket trotz des immer stärkeren Verdachts, dass sie niemandem eine gute Gattin sein wird, vom ständigen Druck, das Buch Thot …«
    »Ah, das Buch.« Methen trank seine Milch. »Wir müssen nicht über seine Geheimnisse sprechen, wenn du nicht willst, Huy. Was Anuket angeht: Du bist nicht der erste Mann, der eine unwürdige Frau liebt, und bleibst auch nicht der letzte. Wieso hältst du sie dafür?«
    Wohlüberlegt berichtete Huy von ihrem zunehmend ordinären Verhalten, seinem Gefühl, dass sie mit ihm spiele, ihrem letzten Treffen im nächtlichen Garten des Gaufürsten, und dabei kam ihm, als er die Dinge laut aussprach, die Überzeugung, dass sie in der Tat seiner unwürdig war. Er hatte zuvor nicht gewagt, so über sie zu denken, aber bei dem Versuch, sie Methen zu beschreiben, verschaffte er sich selbst Klarheit. Er liebte sie nach wie vor, das wusste er, aber das Gefühl konnte hinter anderen Angelegenheiten zurückstehen. In seinem Ka war ein Wandel erfolgt. Sein Seelenfrieden war plötzlich in Reichweite.
    »Ich würde gern über meine Pflichten sprechen, Methen«, schloss er.
    »Gern. Vormittags verbuchen wir gemeinsam die Opfergaben an Chenti-Cheti, bereiten vor, was für seinen Unterhalt und den seiner Priester – uns beide – nötig ist und halten fest, welche Bitten die Bürger der Stadt an ihn herangetragen haben. Diese Aufgaben sind klein und leicht zu bewältigen. Bislang habe ich mir dafür einfach einen Schreiber vom Markt geholt.« Er lächelte. »Es ist schön, nun auf einen Geist und nicht zuletzt eine Handschrift bei diesen Tätigkeiten vertrauen zu können. Die Nachmittage gehören dir. Du musst deine Wäsche selbst waschen und dein Essen selbst kochen, aber du kannst die Küche des Tempels und seine bescheidenen Vorräte benutzen, wenn du willst. Außerdem bekommst du vom Tempel Tusche, Pinsel und Papyrus gestellt.« Er stand auf. »Ich hatte Glück und habe ein Haus in der Nähe gefunden. Es gehört dem Tempel. Ich hätte auch einziehen können, aber ich bin lieber näher beim Heiligtum und meinen priesterlichen Pflichten. In dem Haus hat eine Frau gewohnt, die vor kurzem gestorben ist. Es ist leer und hat keinen Garten, aber das gilt für die meisten Häuser in Hut-Herib. Du bekommst keine Entlohnung, aber der Tempel versorgt dich mit allem Notwendigen. Hast du erst einmal genug Leinen und Öl?«
    Huy dachte an seine Beutel und die Kiste mit den Geschenken von Nacht und seiner Familie. »Ich habe genug. Und ich verspreche, in meinen Wünschen nicht anspruchsvoll zu sein, Methen.«
    »Gut. Dann hol deine Sachen, und ich zeige dir das Haus.«
    Huy folgte ihm hinaus in die grelle Morgensonne. Sie überquerten den mit Gras bewachsenen Platz, der

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