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Der Silberbaron

Der Silberbaron

Titel: Der Silberbaron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Brendan
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vor.”
    In der verschatteten, geisterhaft stillen Marmorhalle stand Emma dann tatsächlich mit trockenem Mund und klopfendem Herzen und wartete, bis Amelia mit Mantel und Tasche die Treppen heruntergeeilt kam. Sie nahm sie bei der Hand und führte sie zu einem Seitenausgang. “Zumindest brauchen Sie jetzt nicht nach Bath zu laufen, Emma”, scherzte sie leicht hysterisch. “Mir wird man den Landauer nicht verwehren. Damit sparen wir Zeit. Wenn Stephen das Ding wiederhaben will, soll er gefälligst danach suchen.”

10. KAPITEL
    Als die Tür zu seinem Arbeitszimmer aufflog, hob Richard den Kopf, stieß gegen sein leeres Glas, fing es auf und sank in den Sessel zurück, um seinen Bruder anzublinzeln. “Was willst du?”
    “Amelia hat mich verlassen”, krächzte Stephen.
    Richard strich sich über die trüben Augen. “Verlassen? Was soll das heißen? Wie willst du das wissen?”
    Mit zitternden Händen ließ Stephen einen Brief auf den Tisch flattern. “Ihr Bett ist unberührt. Sie muss diesen Brief hier gefunden haben. Er lag auf ihrem Kopfkissen.” Er unterdrückte ein bitteres Lachen. “Sie ist weggelaufen. Sie hat mich und die Kinder verlassen.”
    Richard überflog Yvettes Brief und schnippte ihn mit einer Miene des Widerwillens fort. “Du warst also die ganze Nacht aus?”
    “Ja, aber …”
    “Er war mit mir unterwegs”, warf Ross von der Tür her ein. “Wir haben bei ‘Bellamy‘s’ reingeschaut, auf ein paar Runden Hazard und Pharao.”
    “Warum hat sie das getan?”, fragte Stephen, verzweifelt in seinen blonden Haaren wühlend, “warum?”
    “Warum?”, wiederholte Richard verächtlich. “Damit du ihr folgst, du Narr. Pass bloß auf, dass du die richtigen Entschuldigungen parat hast, wenn du sie einholst.”
    “Ich hab doch gar nichts getan, das schwöre ich dir. Frag die französische Dirne. Ich habe ihr nur geschrieben und mich vor den Assembleesälen mit ihr getroffen. Ich habe sie nie angerührt, ehrlich!”
    “Die beiden sind gegen Morgengrauen im Landauer aufgebrochen”, sagte Ross ruhig.
    “Die beiden?”, wiederholte Richard. In der nächsten Sekunde war er zur Tür hinaus und stürmte die Treppe hinauf. Als er Emmas Zimmertür offen stehen sah, trat er ein und entdeckte die drei Briefchen. Sie hat also allein fliehen wollen, dachte er mit einem angespannten Lächeln, sonst hätte sie Amelia keine Nachricht hinterlassen.
    Ziellos schritt er auf und ab, vermisste sie bereits jetzt, und als er das ruhige, ordentliche Zimmer verließ, schlug er voll ohnmächtigem Zorn gegen die Tür, worauf seine kaum verheilten Wunden wieder aufbrachen.
    “Also, ich geh jetzt frühstücken”, erklärte Ross mit einem Blick auf seine verstörten Freunde fröhlich.
    “Du musst mich begleiten”, bat Stephen. “Ich brauche einen Zeugen. Amelia glaubt mir doch nie, dass ich bloß beim Glücksspiel war, nachdem sie das da gelesen hat.” Er wedelte mit Yvettes Brief.
    Mit einem ironischen Blick und einem bedeutungsvollen Heben der linken Augenbrauen deutete Ross auf Richard.
    “O nein, mir schenkt doch nie jemand Glauben”, knurrte Richard sarkastisch. “Ich bin nichts als ein perverser Bastard …”
    Ross betrachtete die beiden neckend. “Seid ihr wirklich sicher, dass die Liebe eine wunderbare Sache ist?”
    Richard starrte ihn an, zog eine finstere Miene und stolzierte davon. Stephen umklammerte seinen Kopf und folgte seinem Bruder.
    “Derbyshire?”, rief Stephen ein paar Minuten später erstaunt. “Du lieber Himmel, was wollen die beiden denn dort?”
    “Das hörte ich sie sagen, Sir”, erklärte der Kutscher nervös. “Die Dame, wo Ihre Gattin begleitete, hat es erwähnt.”
    Richard sah grimmig lächelnd zum Horizont. “Zweifellos rechnete sie damit, dass es mir hinterbracht wird”, murmelte er. Rasch schwang er sich in den Sattel. “Versuchen wir es auf der Straße nach London”, sagte er und ritt davon.
    “Die Pferde könnten was zu trinken und ‘ne Pause gut vertragen”, sagte der Stallbursche. “Gleich kommt das ‘Fallow Buck’, Madam. Da könnten wir Rast machen.”
    “Ich würde gern etwas zu mir nehmen, Emma. Es ist ganz schön warm geworden”, sagte Amelia.
    Als sie kurze Zeit darauf bei Tee und Kuchen in der Poststation saßen, sagte Emma: “Genau hier habe ich auch gesessen, als ich von London nach Bath reiste. Es scheint mir eine Ewigkeit zurückzuliegen.” Sie lächelte ihre Weggefährtin an. “Und hier sah ich seltsamerweise Ihren kleinen Jake zum

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