Der silberne Falke - Fox, K: Der silberne Falke: Historischer Roman
fest entschlossen, Enids Mörder zu finden und zu bestrafen. Der Gedanke an Rache hatte ihn stets begleitet, auch wenn seine Tage mit der Arbeit in der Falknerei ausgefüllt gewesen waren.
Jedem Fremden, dem er begegnete, zeigte er das Plättchen, das er immer bei sich trug. Vielleicht konnte er so herausfinden, wem es gehörte, dann würde er auch die Männer verfolgen können, die Enid auf dem Gewissen hatten. Doch bisher hatte niemand eine Antwort für ihn gehabt.
Er kroch zurück auf sein Lager und deckte sich zu. Er dachte an St. Edmundsbury, das er schon längst hatte besuchen wollen, und nahm sich vor, dies so bald wie möglich zu tun. Es dauerte eine Weile, bis die Wolldecke seine durchgefrorenen Knochen wärmte und er einnickte.
»W ach auf, du Faulpelz! « , riss Robert ihn am nächsten Morgen aus dem Schlaf. »D er alte de Ferrers hat einen Boten geschickt, dass wir die Falken auf eine längere Reise vorbereiten sollen. «
»U nd wohin geht es? « , erkundigte sich William, während er sich ankleidete.
»K eine Ahnung. « Robert zuckte gelangweilt mit den Schultern. » I ch weiß nur, dass wir schon übermorgen aufbrechen werden. «
William sah ihn überrascht an, brummte etwas Unverständliches und zog seine Stiefel an.
Der eisige Wind, der bisweilen stäubchenkleine Schneeflocken vor sich hertrieb, war nicht die beste Voraussetzung, um eine Reise anzutreten, und William hatte vergeblich versucht, seinen Herrn davon zu überzeugen, ein paar Tage auf besseres Wetter zu warten. Als er sich von David verabschiedet hatte, hatte der ihn angesehen, als ließe er ihn im Stich. Trotz all seiner Beteuerungen, dass er bald zurück sei, hatte David gejammert. Nun ritt William, eingemummt in einen mit Pelz gefütterten Wollmantel, schweigend neben Robert her. Jedes Mal, wenn David ihn so vorwurfsvoll ansah, hatte er ein schlechtes Gewissen.
Sie kamen nur langsam voran, nicht zuletzt wegen der Falken, die sie schützend unter ihren Mänteln verbergen mussten. Am schlimmsten jedoch setzte ihnen die Kälte zu. Sie brannte auf der Haut und kroch einem unerbittlich in die Knochen. Weder der Gedanke an ein warmes Feuer und etwas Heißes zu essen noch der dampfende Würzwein, den sie während der Rast bereiteten und gierig schlürften, konnte die Kälte mildern. Der Tag schien sich geradezu endlos hinzuziehen, und die karge Winterlandschaft bot nur wenig Zerstreuung. Außer ein paar Vögeln und Eichhörnchen waren bei dieser Kälte so gut wie keine Tiere zu sehen. Wer einen Bau in der Tiefe der Erde sein Eigen nannte, hatte sich in der Hoffnung auf ein baldiges Frühjahr dort verkrochen. Nur um Nahrung zu finden, kamen die Tiere hier und da aus ihren Verstecken, meist jedoch erst im Schutz der Dunkelheit.
In der ersten Nacht auf ihrem Weg, der sie, wie sie inzwischen wussten, südwestlich, nach Devon führen sollte, richteten sich die Männer auf de Ferrers’ Geheiß ein Lager in einem lichten Erlenwald ein und entfachten ein prasselndes Feuer.
William hatte die Falken unweit des Feuers auf einem Ast untergebracht und entfernte sich nun von den anderen, um Wasser zu lassen. Er verließ den Waldweg und nahm einen schmalen Pfad, der zu einem sanften Hügel führte. William kannte alle Fährten und musste sich die Spuren in der gefrorenen Erde nicht genauer ansehen, um zu wissen, welche Tiere diesen Weg ausgetreten hatten. Auch die zerkratzen Erlenstämme waren ihm gleich aufgefallen. Sie waren ein untrügliches Zeichen dafür, dass in der Nähe Dachse hausten, die ihre kräftigen Klauen an der Baumrinde schärften und von Erdverkrustungen säuberten. William blieb stehen und ließ Wasser. Mit Enid hatte er häufiger Dachse beobachtet, und so wusste er, dass es nicht lange dauern würde, bis aus einem der Erdlöcher der erste schwarz-weiß gestreifte Kopf lugte und ein breiter grauer Rücken auf kurzen, kräftigen Beinen mit langen, starken Krallen an den Füßen folgen würde. William blieb stehen und wartete, bis der erste Dachs auftauchte.
Der Größe nach zu urteilen, handelte es sich um ein ausgewachsenes Männchen. Geschäftig schnaufend, eilte es durch die struppigen, gelben Wintergrasbüschel, schnüffelte hier und da und huschte unversehens in eines der vielen Löcher, die über den ganzen Hügel verteilt waren, nur um aus einem anderen wieder herauszupreschen. Bald darauf kam ein weiteres Tier, neugierig schnuppernd, aus einem der Löcher. Es sauste fort und schleppte kurz darauf etwas Wolliges an, mit
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