Der Sohn der Kellnerin - Heinzelmann, E: Sohn der Kellnerin
Werk und ausgerechnet sie fielen ihm zum Opfer. Jetzt, nachdem alles so gut geklappt hat, wollte er wegen einer anderen Sache nicht auffliegen.
Er drückte seinen Gefangenen auf einen Stuhl und Timo musste ihn festbinden. Timo wagte es nicht, dem Beamten in die Augen zu schauen. Er war mit seinen zwanzig Jahren viel zu jung und der ganzen Sache nicht gewachsen. Eigentlich wollte er auch diese Entführung nicht mitmachen. Doch sein Bruder ließ ihm keine andere Wahl. Außerdem schilderte er ihm ihr Leben in den schillerndsten Farben, wenn sie erst einmal reich sein würden.
“Eine Million Mark, das verdienen wir zusammen das ganze Leben nicht. Den Reichen tut so ein Betrag doch überhaupt nicht weh und für uns bedeutet er ein neues Leben. Wir werden irgendwohin verschwinden, wo es schön ist und unser neues Leben genießen.”
Es würde auch kein Blutvergießen geben, das hatte Micky ihm hoch und heilig versprochen. Und nun das.
“Hören Sie gut zu”, hörte er Micky am Telefon mit dem Beamten draußen sprechen, “ich sagte Ihnen schon einmal. Wir haben nichts zu verlieren. Doch der Bulle in meiner Gewalt könnte sein Leben und die Kellnerin ihren Wundersohn verlieren. Ich kenne kein Pardon oder irgendwelches Mitleid. Das müssen Sie wissen.”
Timo stockte das Blut in den Adern. Er sah den Jungen in Gefahr. Das wollte er auf keinen Fall.
Alle anderen wurden in sprachloses Staunen versetzt. Der Gefesselte zog überrascht die Augenbrauen hoch.
Die Beamten draußen schauten sich fragend an. Einer wiederholte nochmals ziemlich verdutzt, was der Kidnapper eben sagte: “Was hatte er gesagt? Die Kellnerin würde ihren Sohn verlieren? Mensch, uns ging hier ein ganz anderer Fisch ins Netz. Ein ganz großes Kaliber.”
“Was fordern Sie?”, fragte der Beamte mit dem Telefon, während ein anderer einen Funkrundspruch durchgab.
“Sie ziehen ab, und wir verschwinden. Den Jungen nehmen wir als Geisel mit”, antwortete Micky undversuchte cool zu bleiben, schon seines Bruders wegen. Er legte seine Pistole auf den Esstisch. Timo wusste, dass die ganze Sache für sie beide verloren war. Er wollte nicht, dass jemand sein Leben lassen musste. Wenn sie aufgeben mussten, würde sein jähzorniger Bruder aus Wut seine Geiseln erschießen, denn er war zu allem fähig. Und so fällte Timo eine schwerwiegende Entscheidung. Er zitterte, als er die Pistole mit beiden Händen festhielt und auf seinen Bruder zielte. Der riss die Augen auf und trennte die Telefonverbindung: “Was tust du da? Hei, Timo, du wirst doch deinen Bruder nicht erschießen. Komm gib mir die Waffe, ich verspreche dir, wir kommen heil da raus.”
Im nächsten Moment fiel ein Schuss. Timo hatte seinem Bruder in den rechten Oberschenkel getroffen. Dieser schrie laut auf, schaute seinem Bruder mit weit aufgerissenen Augen verzweifelt an. Blutend und vor Schmerz schreiend lag Micky am Boden. Timo weinte und stotterte nur: “Tut mir leid Micky. Tut mir leid. Ich musste es tun. Es ist vorbei. Ich will das nicht. Ich will nicht, dass jemand getötet wird.”
Dann löste er dem Beamten die Fesseln.
Draußen ging man in Alarmstellung. Ein Schuss, der die Stille der Nacht drohend durchschnitt. Irgendjemand wurde erschossen. Der Beamte der mit Micky am Telefon sprach, sagte bedrückt: “Der Kerl scheint ernst zu machen. Aber warum hat er geschossen? Es gab dochgar keinen Grund. Er hatte ja aufgelegt, bevor wir in die Verhandlung einstiegen.”
Der Beamte im Haus hielt sich ein Taschentuch auf die Schnittwunde am Hals und rief zuerst einen Krankenwagen an und dann seinen Kollegen: “Alles in Ordnung hier drin. Der Kidnapper liegt verletzt am Boden. Der Krankenwagen ist alarmiert. Ihr könnt reinkommen.” Inzwischen kam auch der Streifenwagen in dem Hannah saß am Ort des Geschehens an.
Timo übergab beide Waffen dem Beamten und fragte: “Kann ich den Jungen holen? Er braucht dringend Luft. Da unten gibt es kein Fenster.”
“Warte”, sagte der Beamte, “ich komme mit, sobald die anderen da sind.” Er öffnete seinen Kollegen die Tür.
Dann ging er zusammen mit Timo in den Keller, um Alexander zu befreien. Das Licht brannte und Alexander schlief. Als sich die Türe geräuschvoll öffnete, blinzelte er und schaute erstaunt zu den beiden, die soeben den Kellerraum betraten. Sie trugen diesmal keine Vermummung.
“Alexander, es ist vorbei”, sagte Timo und der Junge erkannte die Stimme. Er hatte dessen Gesicht nie gesehen, doch wusste er, dass sie dem
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