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Der Tod des Bunny Munro

Der Tod des Bunny Munro

Titel: Der Tod des Bunny Munro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Cave
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unglückselige Verschmelzung von zu viel Mensch und zu wenig Maschine. Er ist ein Zirkuselefant auf Rollschuhen oder ein Michelin-Männchen im Hawaiihemd, aus dem halb die Luft gelassen wurde. Er sieht Bunny aus seinen unglaublich klugen Knopfaugen an und fragt: »Was ist grün und riecht nach Speck?«
    Bunny sieht Geoffrey an und verdreht betont gelangweilt die Augen.
    »Kermits Finger«, sagt Geoffrey.
    Geoffrey lehnt sich wieder in seinem Drehstuhl zurück, und die Federn quietschen gequält auf. Dann legt er die Fingerkuppen über seiner ausschweifenden Körperfülle zusammen und lächelt zufrieden.
    »Der ist uralt«, sagt Bunny.
    »Ja, aber ein absoluter Klassiker.«
    »Na, wenn du das sagst, Geoffrey.«
    »Den muss man immer mal wieder auffrischen, damit er nicht in Vergessenheit gerät«, sagt Geoffrey.
    Geoffrey wirkt in dieser Umgebung überaus heimisch, als wäre alles, was er braucht, in diesem engen, billigen Zimmer, und das stimmt sogar – ein Kühlschrank voller Lager, eine Sammlung schwedischer Pornos, ein Telefon und ein kleiner Drehstuhl; aber das Büro ist heiß und stickig, und Bunny spürt, wie sich innerhalb kürzester Zeit ein Schweißbächlein zwischen seinen Schulterblättern hinabschlängelt. Geoffrey wuchtet seine grellbunten Massen nach vorn und lässt sie auf den Schreibtisch schwappen. Die kleinen Hulatänzerinnen im Baströckchen kommen mächtig ins Rutschen. Das Sonnenlicht, das durch die halb offenen Jalousien hereinfällt, zeichnet eine Leiter auf sein Gesicht, er muss blinzeln, und seine kleinen, hellen Augen versinken.
    »Eine Frage, Bun«, sagt er. »Was hast du hier zu suchen?«
    Bunny steckt einen Finger in den Kragen, zieht daran und sagt: »Ich bin bereit zum Aufbruch.«
    Geoffrey deutet auf einen einzelnen Stuhl in der Ecke und sagt: »Setz dich, Bwana, du machst mich ganz nervös.«
    Bunny zieht den Stuhl zum Schreibtisch heran, setzt sich und will gerade was sagen, da hebt Geoffrey eine seiner massigen Pranken.
    »Bist du sicher, mein Freund? Hier ist alles ganz entspannt. Willst du dir nicht lieber eine kleine Auszeit gönnen, um, na ja, du weißt schon, um einen klaren Kopf zu bekommen?« Das schlaffe Fleisch, das traurig von Geoffreys Armknochen herabhängt, schlenkert hin und her wie Wäsche an einem windigen Tag.
    »Mir geht’s gut, Geoffrey. Gib mir einfach die Liste und ein paar Proben. Ich hab kaum noch welche.«
    »Weißt du, Bun, als ich damals meine Hilda verloren hab, das hat eine Weile gedauert.«
    Bunny nimmt plötzlich atmosphärische Störungen im Zimmer wahr und spürt, wie sein Blut einen Tick schneller fließt. Dieses Gerede kotzt ihn an. Er schlägt mit der flachen Hand auf den Schreibtisch.
    »Was soll ich denn machen? Mich den ganzen Tag zu Hause hinsetzen und mir am Schwanz zupfen? Gib mir jetzt die Scheißliste, Geoffrey.«
    Geoffrey hebt noch einmal sein Riesenkotelett von einem Arm und wälzt es durch die Luft. Bunny überlegt, ob er seinen Boss fragen soll, ob er nach dem Tod seiner Frau je Besuch von ihr hatte, aber er lässt es bleiben. Das liegt jetzt alles hinter ihm.
    »Okay, Bunny, du bist der Boss«, sagt Geoffrey und reicht ihm eine Liste mit Namen und Adressen. Bunny faltet sie zusammen und steckt sie in die Innentasche seines Jacketts. Als er seine Krawatte berührt, ist sie klatschnass, so sehr hat er geschwitzt.
    »Nein, Geoffrey, der Boss bist du. Ich bin bloß zufällig der Einzige in dieser Klitsche, der eine leise Ahnung vom Verkaufen hat.«
    Die Tür fliegt auf, und Poodle mit seinem anzüglichen Grinsen, seiner Stonewashed-Jeans und seinem gelben Haaraufbau kommt hereinspaziert. Seine schnapsverquollenen Augen haben ein erschreckendes Virgin-Rot.
    »Ende des Plädoyers«, sagt Bunny und steht auf.
    »Mannomann!«, sagt Poodle. »Was ging denn letzte Nacht ab?«
    »Du hast es mit deinem Trankopfer wohl ein klein wenig übertrieben«, erwidert Geoffrey. »Du hast Schande über das Haus von Eternity Enterprises gebracht.«
    Dann sieht Geoffrey Bunny an und fragt: »Was brauchst du?«
    »Die ganze Palette. Handzeugs. Gesichtszeugs. Bodyzeugs. Haarzeugs.«
    Geoffrey holt verschiedene Tütchen, Fläschchen und Tübchen unter seinem Schreibtisch hervor, und Bunny wirft alles in den Musterkoffer.
    Dann dreht er sich zu Poodle, der Bunny mit funkelnden Augen von der Seite ansieht und mit dem unvergleichlichen Gesichtsausdruck eines grinsenden Velociraptors die nadelspitzen Zähne bleckt. Er fährt mit der flachen Hand langsam über die

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