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Der Tod des Bunny Munro

Der Tod des Bunny Munro

Titel: Der Tod des Bunny Munro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Cave
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Handrücken die Tränen vom Gesicht.
    »Dann wurde es allmählich dunkel, die Sterne begannen zu leuchten und mir wurde kalt, also ging ich zurück zu unserem Bungalow.«
    Bunny Junior fragt, die Augen immer noch geschlossen: »Was ist mit dem Mädchen passiert, Dad?«
    »Am nächsten Tag schickte mich mein Dad wieder runter zum Schwimmbecken, und ich hielt Ausschau nach Penny Charade, aber sie war nicht da, und während ich so durchs Wasser schwamm und mich selbst bedauerte, sah ich, dass mich ein anderes Mädchen anlächelte, und dann noch eins, und plötzlich war alles voller Penny Charades … sie saßen am Beckenrand … schwammen im Wasser, standen lächelnd und winkend auf dem Sprungbrett, lagen auf ihren Handtüchern und spielten mit Wasserbällen, und da war es wieder … dieses Gefühl … diese Macht … ich hatte die Gabe …«
    Bunny tastet auf dem Bett nach der Fernbedienung, der Fernseher implodiert mit einem statischen Knall ins Nichts, und Bunny schließt die Augen. Eine mächtige Wand aus Dunkelheit bewegt sich auf ihn zu. Er sieht sie kommen, gewaltig und gebieterisch. Sie ist Bewusstlosigkeit, und sie ist Schlaf. Sie rollt heran wie eine große Flutwelle, aber bevor sie über ihn hereinbricht, bevor er sich diesem bleiernen Schlaf ergibt, denkt er plötzlich mit schrecklichem und bodenlosem Grauen an Avril Lavignes Vagina.

19
    »Ist das bei uns zu Hause dein Dad?«, fragt das kleine Mädchen auf dem Fahrrad.
    »Ich glaub schon«, antwortet Bunny Junior. Er hat versucht, in seiner Enzyklopädie den Eintrag über Mata Hari zu lesen, aber er kann sich nicht konzentrieren, weil er sich Sorgen um seinen Vater macht. Im Frühstücksraum des Queensbury ist sein Dad herumgesprungen, als stünde seine Hose in Flammen. Er biss in die Wurst, sprang auf und fluchte in sein Handy, setzte sich wieder hin und verschüttete seinen Kaffee über den ganzen Tisch. Er verschwand auf der Toilette und kam eine halbe Ewigkeit nicht wieder raus, dann lief er der Kellnerin durch den ganzen Frühstücksraum nach und erzählte ihr Gott weiß was – Bunny Junior hatte echt keine Ahnung. Der Junge schlang sein Frühstück hastig hinunter, zog dann, weil er schnell von dort wegwollte, die Kundenliste heraus und fragte: »Wohin geht’s jetzt, Dad?«, aber sein Dad sagte, sie würden erst zu einer treuen Kundin nach Rottingdean fahren – eine, bei der sie jederzeit vorbeischauen konnten. Sie war einfach verrückt nach dieser Bodylotion! Dann stopfte er sich den Mund voll Eier und Toast, stellte wieder der Kellnerin nach und machte mit den Händen seine Hasenöhrchen. Er hatte ein frisches Hemd mit orangefarbenen und braunen Diagonalstreifen angezogen und eine neue Krawatte umgebunden, auf der ein schlappohriges Kaninchen aus dem Hut eines Zauberers herausguckt, aber er war unrasiert und seine Haare sahen aus, als hätte er in die Steckdose gefasst.
    Bunny Junior ist es nicht gewohnt, sich Sorgen um seinen Dad zu machen. Er war es eher gewohnt, sich um seine Mum zu sorgen. Einmal, als sein Vater nicht da war, war sie in sein Zimmer gekommen, hatte sich zu ihm aufs Bett gesetzt, die Arme um ihn geschlungen und sich die Augen ausgeweint, und er hatte nicht gewusst, was er tun sollte, und sich nur gefragt, wo die alte Mum war.
    Jetzt sitzt er vor einem großen, neu gebauten Haus in Rottingdean im Punto, und draußen steht ein Mädchen auf einem Fahrrad und fragt ihn etwas. Sie ist ungefähr so alt wie er, vielleicht ein bisschen älter, und hat einen kleinen, braunen Leberfleck auf der Wange. Sie klingelt dreimal mit der Fahrradglocke.
    »Dein Dad vögelt gerade meine Mum«, sagt sie schließlich.
    Sie trägt einen erdbeerfarbenen Tankini, und auf der Brust steht in kleinen silbernen Nieten ›TOXIC‹. Als sie sich umdreht und zu dem Haus sieht, in dem sie wohnt, bemerkt Bunny, dass ihr Bikinihöschen auf einer Seite in die Pofalte gerutscht ist.
    »Er ist mein Dad«, sagt Bunny Junior, zieht eine Augenbraue hoch und steckt den Kopf zum Autofenster raus. Er blickt nach links und rechts, weiß aber nicht mehr, wonach er Ausschau halten wollte.
    »Ja, ich weiß«, erwidert das Mädchen. Der kleine braune Leberfleck krabbelt auf ihre Nasenspitze, sie bläst ihn mit vorgeschobener Unterlippe weg, und er fliegt davon.
    »Er steckt seinen Pimmel in sie rein.«
    Der Junge legt als Antwort kurz das Kinn schief, aber seine Füße beginnen heftig zu paddeln.
    »Naja, er ist halt der beste Verkäufer der Welt«, erwidert er.
    Der Mädchen

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