Der Tod des Bunny Munro
Kraftausdrücke, die Tür geht auf, und im Türrahmen steht, klein und gebückt, Bunny Munro der Erste, in einem braunen Strickpullover mit Schneeflocken und einem weißen Eisbären vorn drauf, einem nikotinfarbenen Hemd und zerschlissenen braunen Kordpantoffeln. Sein Hosenstall steht offen, und aus den Pulloverärmeln und dem offenen Hemdkragen gucken blassblaue Tätowierungen heraus. Sein Gesicht ist grau wie Pappmaschee, das Zahnfleisch seiner Prothese hat rötlichviolette Flecken, und die Zähne sind groß und braun. Wie schmutziger Schaum ergießt sich farbloses Haar über die Rückseite seines eierförmigen Schädels. Er verströmt einen überwältigenden Geruch nach altem Urin und medizinischer Salbe. In einer Hand hält er einen schweren Gehstock mit Gummikappe und in der anderen ein Taschentuch. Er sieht Bunny an und klappert mit dem Gebiss.
»Ach, du bist’s, mein lieber Sohn!«, ruft er. »Verpiss dich, hab ich gesagt!«, und schlägt Bunny die Tür vor der Nase zu.
»Oh Mann«, seufzt Bunny, steckt den Schlüssel ins Schlüsselloch und schließt auf. »Halt einfach den Mund«, zischt er Bunny Junior aus dem Mundwinkel zu, und sie gehen zusammen hinein.
Das möblierte Zimmer ist klein und schlecht gelüftet, und alles ist von einer Schicht abgestandenem Rauch bedeckt. Hinter den uralten, vergilbten Spitzengardinen trommelt das Gewitter gegen die Scheibe, und in der winzigen Küche pfeift ein Wasserkessel. Der alte Mann hat sich in den einzigen Ledersessel vor den Fernseher gesetzt und den Gehstock über die Knie gelegt. Hinter ihm steht eine Mahagonilampe mit quastengeschmücktem Schirm, die ein grelles Licht auf seinen länglichen Schädel wirft. Im Fernsehen läuft in satten Rot- und Grüntönen ein Pornovideo mit einem Teenager und einem schwarzen Gummidildo. Der alte Mann packt sich mit einer knorrigen Hand in den Schritt seiner speckigen, grauen Hose, zerrt daran und ruft: »Das Scheißding tut’s einfach nicht mehr!«
Der alte Mann blickt aus dem Sessel auf, reibt sich das Kinn und inspiziert mit einem scharfsinnigen Auge Bunnys ramponierte Erscheinung. Er zieht Luft durch sein psychedelisches Gebiss, zeigt auf Bunnys rote Rosettennase und fragt: »Was hast du denn da gemacht? Eine alte Oma vergewaltigt?«
Bunny berührt Mrs. Brooks’ Ringe in der Jacketttasche und sagt mit einem Anflug von Scham oder so was: »Was du jetzt brauchst, ist eine schöne Tasse Tee , Dad«, geht in die Küche und nimmt den pfeifenden Kessel vom Herd.
»So ein Schwachsinn«, erwidert der alte Mann. »Was ich brauche, ist einmal ordentlich Abspritzen!«, sagt er und macht sich wieder an seinem Hosenstall zu schaffen.
Bunny geht zum Fernseher und schaltet ihn aus.
»Das machen wir jetzt besser aus, Dad.«
»Dann gibt mir gefälligst eine Kippe«, schnaubt der Alte und wischt sich den Schaum aus den Mundwinkeln. »Meine hat sich dieses verdammte Luder unter den Nagel gerissen.«
Bunny reicht seinem Vater die Packung Lambert and Butler, und der Alte nimmt eine Zigarette zwischen die Lippen und steckt die Packung in die Brusttasche seines Hemds. Während Bunny seinem Vater Feuer gibt, geht Bunny Junior zu einem kleinen Vogelkäfig, der auf einem antiken Beistelltisch am Fenster steht. Auf einer efeuumrankten Stange sitzt darin ein kleiner Aufziehvogel mit rot-blauen Flügeln. Bunny Junior fährt mit dem Finger über die goldenen Gitterstäbe des Käfigs, und der kleine Apparat wippt auf seiner Stange vor und zurück.
»Komm schon, Dad, wir machen dir eine schöne Tasse Tee«, sagt Bunny.
»Ich will aber keine schöne Tasse Tee«, sagt der alte Mann höhnisch und zieht an der Zigarette, dann hält er sich das Taschentuch vor den Mund und wird von einem schier endlosen Hustenanfall geschüttelt, der seinen alten Körper zusammenkrümmt und ihm dunkle, gelbe Tränen in die Augen treibt.
»Alles klar, Dad?«, fragt Bunny.
»Da bin ich beschissene achtzig Jahre alt und krieg Lungenkrebs«, sagt er und faucht irgendwas Unsägliches in sein Taschentuch. »Ja, danke, mir geht’s großartig.«
»Kann ich irgendwas für dich tun, Dad?«, fragt Bunny.
»Für mich tun? Du? Du machst wohl Witze, du Idiot«, antwortet der alte Mann.
Bunny Junior dreht an dem goldenen Schlüssel vorn am Vogelkäfig, und der Apparat springt an und singt ein Lied, eine Folge kurzer, lieblicher Töne; der Schnabel geht klackend auf und zu und die rot-blauen Flügel heben und senken sich. Das Gesicht des Jungen leuchtet auf.
»Ruinier das
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