Der Totengräber (Horror-Roman) (German Edition)
zwischen all diesem Gerümpel in diesem Gemäuer. Brad schluckte. „Was hat er dir angetan, dieser Totengräber?“, flüsterte er.
„Sorgt er dafür, dass du keine Ruhe finden kannst, keinen Frieden?
Ich verspreche dir, dass Lana und ich heute Abend mehr herausbekommen werden.“
Von draußen war ein Motorengeräusch zu hören. Das war Moms Wagen. Brad hätte ihn unter Hunderten herausgehört. Er hörte, wie die Wagentür zugeschlagen wurde und wenig später sich jemand an der Haustür zu schaffen machte. Brad löste sich von dem Anblick der in den Staub gekritzelten Buchstaben, die zusammen seinen Namen ergaben.
„Brad?“, hörte er inzwischen Mom aus dem Flur herauf rufen.
„Brad, bist du da?“
Brad stieg die Leiter hinunter. Anschließend klappte er sie ein und schloss die Luke zum Dachboden.
„Brad, was machst du da?“, fragte Mom. „Bist du auf dem Dachboden?“
Brad gab keine Antwort. Stattdessen kam er die Treppe hinunter.
„Hi Mom“, sagte er.
Sie hatte etwas eingekauft. „War irgendwas Besonderes, Brad?“
„Nein. Alles so öde wie eh und je, Mom.“
„Ach, nun übertreib mal nicht, Brad. Es liegt auch an einem selbst, ob es öde ist oder nicht. Du könntest zum Beispiel ein paar Kumpels einladen oder an den Strand gehen oder angeln.“
„Wow, aufregend, Mom. Man merkt gleich, hier in Willington tobt der Bär.“
*
Nach dem Essen musste gespült werden, da die Spülmaschine noch immer nicht richtig angeschlossen war.
„Ich kann eben nicht alles auf einmal machen“, sagte Mom.
„Außerdem, soviel Arbeit ist es doch nicht, ich meine für zwei Personen!“
„Spülen ist trotzdem ätzend“, sagte Brad, während er das Trockentuch nahm.
„Was hast du eigentlich den ganzen Nachmittag so gemacht?“, fragte Mom.
„Na, was man hier so machen kann. Sich langweilen zum Beispiel. Wir haben ja hier nicht mal Kabelfernsehen im Moment.“
„Wir kriegen eine Satellitenschüssel“, versprach Mum. „Ich hab schon alles in die Wege geleitet. Übermorgen ist sie da. Dann kommt die Rechung erst, wenn ich wieder Geld habe.“
Brad seufzte. Eigentlich hätte er auch gerne mit seiner Mum über das gesprochen, was ihn im Moment am meisten bewegte: die Sache mit dem Geist seines toten Vaters nämlich und die seltsamen Vorkommnisse um den Totengräber.
Aber er wusste einfach nicht, wie er das anfangen sollte und außerdem hatte er im Moment auch keine Lust lang und breit mit Mum darüber diskutieren zu müssen, ob es Geister gab oder nicht und ob übersinnliche Phänomene vielleicht nur die Ausgeburten von Fantasien waren. Nein , dachte er, es ist besser, ich warte noch damit. Erst muss ich selbst Bescheid wissen, was hier eigentlich läuft und da sehe ich ja vielleicht heute Abend etwas klarer. Sie schwiegen eine Weile.
„Mum?“, fragte er, als sie schon fast mit dem Spülen fertig waren.
„Ja, Brad?“
„Hört das eigentlich auch noch mal wieder auf?“
„Wovon sprichst du jetzt?“
„Davon, dass wir jeden Cent umdrehen müssen und darauf angewiesen sind die Zahlung einer Rechnung so zu verschleppen, dass du inzwischen dein Gehalt bekommst.“
Mum seufzte. „Nein, Brad, das wird fürs Erste nicht wieder aufhören. Es sei denn, wir gewinnen in der Lotterie.“
*
Später ging Brad hinauf in sein Zimmer. Er hörte etwas Musik und dachte nach. Eine Weile stand er am Fenster und blickte zum Friedhof hinüber. Irgendwie erwartete er, dass der Totengräber dort auftauchte und mit seinen eigenartigen Praktiken begann. Aber das war nicht der Fall.
Wolken zogen auf. Es begann sogar ein wenig zu regnen. Nicht gerade das beste Wetter, um sich die Nacht auf dem Friedhof um die Ohren zu schlagen , dachte er.
Wie er Mum beibringen sollte, was er heute Nacht vorhatte, wusste er noch nicht.
Entweder ich schleiche mich einfach aus dem Haus oder ich muss mir irgendetwas ausdenken, was halbwegs plausibel klingt. Schließlich konnte er ihr ja nicht sagen, dass er zusammen mit Lana McKee einen etwas eigenartigen Mann beobachten wollte, der seltsame Rituale auf dem Friedhof durchführte und wahrscheinlich ein Totenbeschwörer war.
Auf einmal befiel Brad eine bleierne Müdigkeit.
Es war ein ähnliches Gefühl, wie er es nach der Berührung durch den Totengräber empfunden hatte. Es fiel ihm schwer, einen Gedanken zu fassen. Fast wie in Trance ging er ein paar Schritte und legte sich auf das Bett.
Was ist nur los mit mir?, fragte er sich. Tatsächlich sträubte sich alles in ihm dagegen,
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