Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tribun

Der Tribun

Titel: Der Tribun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
Vom Netzwerk:
tanzten. Sie griff nach seinem Arm, zerrte ihn zu sich, dass er gegen ihren Körper prallte.
    Sie war keine Virtuosin und er zu ausgehungert, um das Spiel auszukosten, so dass er viel zu bald zitternd auf ihr zusammenbrach, während das Echo schwerer Krämpfe in seinem Körper verhallte. Benommen starrte er den Schatten vor ihrem Ohr an, dort wo unter dem Haaransatz die Haut heller wurde. Zwei, drei tiefe Atemzüge, und er war wieder bei sich. Er drückte seine Lippen in die Mulde unter ihrem Wangenknochen, fuhr mit der Hand ihren Arm hinauf; doch sie schob ihn von sich, als wäre nichts geschehen, und suchte ihre verstreute Kleidung zusammen. Er hatte sich kaum aufgesetzt, da stand sie bereits angezogen vor ihm und zupfte die Röcke zurecht, während er ihr erstaunt zusah. Eigentlich wäre er jetzt in der Stimmung gewesen, das Spiel fortzusetzen mit dieser Frau, die über einen angenehm straffen Körper verfügte. Stattdessen bewirkte ihre Geschäftigkeit, dass er wieder in Hemd und Hose schlüpfte und die schwelende Lust mit einigen gehässigen Gedanken erstickte.
    »Nimm diesen Weg«, murmelte sie und wies zwischen den Bäumen zurück zum Steg, ohne ihn anzusehen.
    »Fürchtest du, Hraban könnte …«
    Ihr Blick ließ ihn schlagartig begreifen, dass es nicht ihr eigener Wunsch gewesen war, sich mit ihm einzulassen. Er rappelte sich auf, klopfte Erde und Vorjahreslaub aus dem Hemd, als er ihre Hand auf seiner Wange spürte. Ihre Augen schimmerten matt, schenkten ihm ein Blinzeln, ein winziges Lächeln.
    Sie ging allein zurück.
     
    Cinna traf Hraban hinter dem Haus, wo er Inguiomers im Umgang mit dem Schwert unterrichtete. Ohne Zögern baute er sich vor ihm auf und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Keine gute Idee«, knurrte er in Hrabans grinsendes Gesicht, das sofort erstarrte.
    »Was meinst du?«
    »Swintha.«
    Hraban stutzte, seine Kehle hüpfte, ehe er sich abrupt abwandte. »Ich habe schlechte Nachrichten für dich.«
    Trotzig warf Cinna den Kopf zurück. Er ignorierte die Schwäche, die ihn befiel wie ein Stoß in die Kniekehlen. »Wann muss ich aufbrechen?«
    »Wir werden aufbrechen«, entgegnete Hraban rau, und auf seinen Wangen irrlichterten rote Flecken. »Zum nächsten Neumond wird eine Ratsversammlung der Edlen abgehalten werden, vor dem Fest der Austro. Und du wirst uns begleiten.«

XV
    Die kühle Morgenluft streichelte Cinna Stirn und Wangen, als wollte sie ihm den Ausflug versüßen. Die Aussicht, dieses Dorf und dieses Tal für eine Weile zu verlassen, beunruhigte ihn, obwohl etliche berittene Krieger sie begleiteten. Hrabans wiederholtes aufmunterndes Kopfnicken war auch nicht dazu angetan, Vertrauen in Zweck und Ziel dieser Reise zu wecken, über die Cinna im Unklaren gelassen worden war. Eine Versammlung des Volkes, ein Fest für eine Frühlingsgöttin namens Austro und ein Ratstreffen der Adligen, das war alles, was er erfahren hatte. Niemand hatte ein Wort darüber verloren, was ihn dort erwartete.
    Inguiotar trat die Reise mit Frau und Kindern an. Einige Tage vor dem Aufbruch war Cinna Zeuge geworden, wie Thauris ihrem Mann eröffnete, die Zeit sei gekommen, dass Saldir am Frühlingsfest teilnehmen dürfe. Als Inguiotar widersprach, blickte sie ihn nur schweigend an, bis er sich murrend abwandte. Zwei Maultiere waren an diesem Morgen von den Weiden herbeigeschafft worden, um vor den mit Kissen und Decken gepolsterten Wagen gespannt zu werden, damit die Herrin mit ihrer jüngsten Tochter bequem reisen konnte. Zum Schutz des Dorfes blieb unter Waihtis’ Führung eine kleine Besatzung zurück, die aus den umliegenden, von Inguiotar abhängigen Dörfern zusammengezogen worden war.
    Cinna sollte den Weg, von dessen Ausmaß er keinerlei Vorstellung hatte, auf Cheimons Rücken bewältigen. Sein Platz war hinter dem Wagen, wachsam flankiert von Ahtala und einem anderen Mann, der ihn nicht weiter beachtete. Saldir war neben den Kutscher geklettert, und winkte den Zurückbleibenden aufgeregt zu, während die beiden Mulis das rumpelnde Fahrzeug zum Tor zogen. Auf dem Hang schlossen sich ihnen die Krieger an, die sich schon vor Sonnenaufgang dort versammelt hatten.
    Solange das Wasser des Sees neben ihnen durch den lichten Wald funkelte, redete Saldir unentwegt auf den Kutscher ein, dann wurde sie still und schaute hinauf in das Gewölbe aus Zweigen und Ästen, das sich über dem Weg schloss.
    Cinna wusste, warum Hraban ihm seinen Fuchs überlassen hatte; das Tier kannte ihn gut, er hatte es

Weitere Kostenlose Bücher