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Der verbotene Kuss

Der verbotene Kuss

Titel: Der verbotene Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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Dämon besessen. Aber das stimmte nicht«, sagte sie leidenschaftlich, als würde es wahr werden, wenn sie es nur eindringlich genug behauptete. »Du warst nicht besessen!«
    »Nein, meine Liebe. Ich würde sagen, ich war nicht von einem Dämon besessen .« Er zögerte und sah sie eigentümlich an. Mab gefiel dieses Zögern nicht. Er fuhr fort: »Vielmehr habe ich einen ausgebrütet .«
    »Ausgebrütet?«, wiederholte sie zaghaft.
    »Das Wort hat etwas Unappetitliches an sich, ich weiß, aber so kann man Hathra meiner Meinung nach am besten beschreiben. Ich habe einen Dämon ausgebrütet, aber er schlüpfte, und mir ist kein Leid geschehen, wie du siehst. Und Esmé wird ebenfalls kein Leid geschehen, meine Liebe. Mihai weiß inzwischen viel besser, was er tut, als noch zu meiner Zeit.«
    »Er … er …«, stammelte Mab und fühlte sich erneut am Rande der Hysterie. »Er hat einen Dämon in dir gezüchtet?«, fragte sie voller Zorn und Abscheu.
    Yazad legte den Kopf schief und zog die weißen Augenbrauen hoch. »Wie? Meine Liebe, nein. Du verstehst nicht. Mihai war der Dämon. Er ist in mir gewachsen.«
    »Was?« Mab starrte ihn verwirrt an. Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Yazad. Das ist es nicht. Ich hatte Druj in mir.« Sie schauderte. »Hunderte Male! Meine Augen sind nicht blau geworden. Und auch Arkadis Augen nicht, wenn sie in ihn fuhren. Dies ist etwas ganz anderes.«
    Yazad nickte geduldig. »Ja, genau. Etwas ganz anderes. Etwas Wunderbares. Dies ist Hathra.«

– ELF –
Hathra
    I m Tabernakel der Spione in Tajbel wischte Mihai sanft den Staub, der sich in vierzehn Jahren gesammelt hatte, vom Haar und von den glatten Wangen der Königin. Vorsichtig pustete er auf ihre Lider, um die Spinnweben zu entfernen, die dort klebten. Ihre trockenen, leeren Augen blinzelten nicht.
    Er wandte sich an Esmé, die noch immer die Königin anstarrte. »Ich habe so ein Gefühl, als hätte ich sie schon einmal gesehen«, flüsterte sie. Sie richtete den Blick auf Mihai und fügte hinzu: »Und dich auch. Habe ich aber nicht. Ich habe Erinnerungen, aber sie gehören nicht mir. Ganz sicher nicht.«
    »Woran erinnerst du dich, Esmé?«, fragte Mihai.
    »Wie? Ich weiß nicht …« Kurz betrachtete sie Mihais Lippen, errötete und sah zur Seite.
    Er bemerkte es und lächelte. »Du erinnerst dich daran, mich geküsst zu haben«, sagte er leise.
    »Ich habe noch nie jemanden geküsst!«, protestierte Esmé.
    »Aber trotzdem kannst du dich daran erinnern, nicht wahr?« Er trat einen Schritt auf sie zu. Nach den Jahren des Wartens war er angespannt wie eine Feder. Er wollte sich so gern in einen Wolf flüstern und laufen, schnell und weit, und die Spannung aus seinen ungenutzten Muskeln herausfluten lassen. Er wollte heulen. Aber am liebsten wollte er diese Erinnerung von Esmés Lippen hören. »Erzähl es mir«, drängte er sie.
    Ihr Blick wurde abwesend, als sie sich wieder in die Erinnerung vertiefte. Mihai beugte sich vor und hörte zu. »Du bist schwimmen gewesen«, sagte sie. »Du hast nach Fluss geschmeckt. Dein Haar war nass. Es war Winter, und blaue Eisschollen trieben wie kleine Schiffe den Fluss hinunter. Die Schneeschmelze hatte begonnen. Man konnte hören, wie das Wasser rauschend vom Berg lief und von Felsen tropfte. Überall war es noch weiß, aber das würde nicht mehr lange dauern. Es war kalt. Doch … doch deine Lippen waren warm.« Esmés Blick wurde wieder fest, und verwirrt runzelte sie die Stirn. Kopfschüttelnd fuhr sie fort: »Das war ich nicht.« Benommen wich sie einen Schritt von ihm zurück.
    »Nein, Esmé, du warst es nicht.«
    »Warum also –? Was geschieht mit mir?« In ihrem jungen Gesicht zeigte sich Angst, und sie winselte wie ein kleines Tier. »Ich kann mich auch an andere Dinge erinnern«, flüsterte sie. »An schreckliche Dinge.«
    Tröstend sagte Mihai: »Es wäre besser, wenn du einen klaren Kopf behältst, Esmé. Hör mir zu. Stell dir einen langen Gang mit Türen an beiden Seiten vor. Ich möchte, dass du alle Türen offen lässt. Ja? Stell dir nur diesen Gang mit offenen Türen vor, und wenn du dabei bleibst, wird es nicht doll wehtun.«
    »Es wird wehtun?«, fragte Esmé kleinlaut.
    »Nicht sehr, meine hübsche Perle«, murmelte er. »Nur ein wenig.« Er log. Es würde wehtun. Wie Wurzeln, die auseinandergeschnitten wurden, würde es wehtun. Das tat ihm leid, aber er wusste keine andere Möglichkeit.
    Es war der einzige Weg. Vor langer Zeit hatte er ihn durch Zufall entdeckt.
    Mihai

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