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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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Glück werden wir wohl vor allem erst am Ende brauchen. Die Räuschel könnte nämlich durch den Sturzregen angeschwollen sein. Das fehlte noch   – dass wir an ihrem Ufer festsitzen und die Furt unpassierbar finden.«
    Für derlei Fälle, beruhigte ihn Beuzam Weihe, habe der Furtlerwirt seit Kurzem einen Kahn, mit dem er neuerdings Reisende über den Fluss setze. Es gab nämlich ein kleines Gasthaus dort, den Furtlerbroch, in dem sie die restliche Nacht verbringen konnten. »Allerdings müsst ihr euch dann etwas gedulden   – Bhremos Kahn ist nur klein, und mehr als zwei Vahits samt Ponys passen nicht darauf. Macht einfach ein bisschen Lärm. Es hängen zwei Bretter dort. Schlagt sie zusammen, er wird es hören.«
    »Ihr Vahits seid ein sonderbares Volk«, meinte Circendil. »Ihr liebt den Lärm, den ihr selbst erzeugt, so viel steht für mich fest. Laut rufend durch stillen Wald zu brechen genügt euch nicht. Jetzt schlagt ihr gar Hölzer aneinander, um mit ihrem Knall auf euch aufmerksam zu machen. Ist euch je der Gedanke gekommen, jemand anderes als ein Vahit könne dies hören? Und nachsehen kommen, woher all dieser Lärm rührt?« Er schüttelte vielsagend den Kopf und zog Mantel und Rucksack hervor.
    Bis Aarienheim waren es insgesamt gut und gerne weitere stramme sechzig Meilen; ein sehr langer Tagesritt, selbst für ausgeruhte Ponys und bei gutem Wetter; und jeder Schritt, den sie heute noch zurücklegen konnten, würde ihre morgige Anstrengung erleichtern. Also entschieden sie, ihren Aufbruch trotz der schwierigen Straßenverhältnisse nicht länger hinauszuschieben.
    Unter Schirmen, die ihnen Beuzam lieh, huschten sie zur Bücherey, verabschiedeten sich von Tuom Mürmdohl und Geng dem Stalljungen und holten ihr restliches Gepäck aus dem Gästehaus herüber. Finn verteilte seine Sachen besser und packte so viel in seinen Rucksack hinein, wie es nur ging. Anschließend bezahlte er beim Adlerwirt ihr gemeinsames Abendbrot und für die Unterbringung der Ponys im Stall, und als er mit allem fertig war und in seinen Mantel gehüllt vor Tallia stand, gab es einen zweiten, für beide viel zu kurzen Vieraugenabschied.
    Danach gingen alle in den tropfnassen Hof hinunter, und dort, bei den Ställen an der rückwärtigen Seite des Adlers, zwischen Fässern und Kistenstapeln gedrängt, sagten alle, die abreisten, jenen, die zurückblieben, Lebewohl.
    »Wir behalten die Hammerschmiede im Auge«, beteuerte Sahaso. »Sooft es geht, werden wir Glimfáin besuchen und nach dem Rechten sehen.«
    »Gebt bitte alle auf Tallia acht!«, bat Finn. »Besonders dich bitte ich darum, Herr Abhro. Versprich mir, sie nie alleine zu lassen. Zumindest, bis die Gwaethirin da sind.« Der alte Vahit gab ihm die Hand darauf, knurrte ein »Bei meiner Zange!«, winkte und ging zu seiner längst fälligen Verabredung mit dem Bürgermeister hinüber zum Máhirhaus.
    Die drei Rohrsangbrüder umarmten einander und übertrumpften sich gegenseitig mit größtenteils unnützen Ratschlägen.
    Als Mellow endlich im Sattel saß, schwangen alle drei ihre Hüte. Die Bänder flogen nur so zu verhaltenen Hochrufen. »Vergesst eure Pflichten nicht«, mahnte Circendil die beiden älteren. »In euer beider Händen liegt das Schicksal des Obergaus, wenn nicht gar das des ganzen Hüggellandes. Tut, was wir vereinbart haben. Lasst nichts aus. Und vor allem   – tut es rasch.« Sahaso und Kampo drückten ihm die Hand und versprachen es.
    Tallia trat dicht an Smod heran und streichelte seine Mähne. »Pass auf dich auf«, flüsterte sie, zu Finn gewandt. »Viel Glück.«
    Es waren die gleichen Worte, die sie schon einmal zu ihm gesagt hatte, und beide erinnerten sich daran. Er umfasste ihre Hand und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. Er roch ihr feuchtes Haar und murmelte ein »Vor allem dir!« durch den Kloß inseinem Hals. Er schluckte schwer. Er wisperte noch ein sehnsüchtiges »Bis hoffentlich bald« ; dann drehte er sich entschlossen um und ergriff Smods Zügel. In seinem Rücken hörte er, wie Tallia die drei oder vier Stufen hoch zurück in den Gastraum lief. Die Tür fiel federnd ins Schloss.
    Der Rauschende Adler war eines der ältesten Gebäude der Gegend und fast so alt wie die benachbarte Bücherey. Beide Gebäude stammten aus derselben Zeit, kurz nach der Besiedelung des Hüggellandes. Ihre Mauern waren von ganz ähnlicher Machart, Zeugen einer alten Zeit. Grundlage war ein rechtwinkliges Ständerfachwerk, wie es bei den Menschen in Vindland

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