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Der Waechter

Der Waechter

Titel: Der Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Snyder
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nicht erkannt hatte . In diesem Glauben musste er bleiben.
    Jenny drehte sich nicht mehr um. Sie öffnete die Tür, ging hinaus und schloss sie leise hinter sich. Dann rannte sie los. Wie ein getriebenes Wild. An der Treppe, die in die Vorhalle führte, konnte sie nicht mehr anders, als ihr Fragment aufplatzen zu lassen, damit es sie beschleunigte. Kurz sah sie ihren rosafarbenen Lichtkörper aufflammen. Weiter hinter sich hörte sie, wie eine Tür aufflog. Hauptmann! Sie hörte ein paar Schritte, die schließlich abrupt abbrachen. Ihr war klar, dass er zum Flug angesetzt hatte. Jenny stürmte die Eingangstür hinaus, und angetrieben von ihrer Kraft, flog sie fast in Konrads Arme, der am Betonpfeiler stand und auf sie wartete. Sie konnte nicht sprechen. Konrad nahm sie an den Händen, versuchte ihre Augen zu fixieren, sah sie fragend an. Doch Jenny hechelte nur panisch, Tränen liefen ihr übers Gesicht, sie wusste nicht mehr, wo sie war. Da fiel Konrads Blick auf den Eingang hinter ihr. Beide Türen schwangen auf. Konrad hielt ihre Hände, sah ihr tief in die Augen. Sein Anblick war ihr ein Trost. Seine Ruhe floss in sie über. Er gab ihr Kraft und Schutz, sagte nichts. Sie wusste, was er wusste, sah, was er sah. Hauptmann schoss aus dem Gebäude und positionierte sich zwei Meter ihnen gegenüber, blies sich auf wie ein hochgiftiger, rot-brauner Kugelfisch. Doch diesmal konnte Jenny ihre Augen fokussieren und sein Licht eindämmen. Ihr Schutzschild dehnte sich aus und hatte es Konrad noch vor wenigen Monaten weggestoßen, so ging es jetzt in seine Energie über und dehnte sich gleichmäßig um beide aus. Hauptmann stand ihnen gegenüber und hob seinen Arm. Gleichzeitig ließen Jenny und Konrad die eine Hand los, weiter verbunden mit der anderen stellten sie sich Hauptmanns Blicken. Dunkle Wolken zogen auf, löschten die Helligkeit, ergossen sich vom Himmel auf die Erde herab. Es waren zu viele. Gerade als Hauptmann einen speerartig geformten Blitz auf sie abfeuerte, spannte Jenny ihre Energie an und warf die Anspannung nach vorn. Sie spürte, wie ein Teil davon in Konrad überging und von ihm zur anderen Seite weitergeleitet wurde, damit sich die Reichweite vergrößerte. Hauptmanns Gesicht, vor Zorn verzerrt, erstarrte. Sein braun-rot leuchtender Blitz hing vor Jenny und Konrad in der Luft. Sie gingen zur Seite, sodass er ins Leere rasen musste, falls Jenny die Anspannung nicht mehr halten konnte. Ein kurzer Blick um sich zeigte Jenny mindestens fünfzehn dunkle Helfer. Konrad hatte kein Schwert, ebenso wenig wie sie. Sie waren verloren. Lange würde sie die Anspannung nicht mehr halten können. Ihnen blieb nur die Flucht. Es war hoffnungslos. Da wirbelte eine starke Übelkeit durch Jennys Brust, schwamm eine bunte Brühe vor ihren Augen. Sie schloss sie. Fast erbrach sie sich, ehe die Übelkeit wieder abebbte.
    Jenny öffnet die Augen. Sie steht fast an der gleichen Stelle, an der sie eben noch mit Konrad stand. Doch Konrad ist weg. Zwei Schüler, in ein Gespräch vertieft, kommen aus dem Schulgebäude. Niemand darf sie sehen. Sie ist nicht in ihrer Zeit. Instinktiv drückt sie sich mit dem Rücken an den Betonpfeiler, arbeitet sich unauffällig an dessen Rückseite. Da sieht sie rechts von sich auf dem Boden einen Jungen knien. Er packt ein paar Bücher in seinen Ranzen. Langsam beugt sie sich nach vorn und schaut zu den Treppen, die vom Schulgelände zur Straße hin führen. Konrad sitzt auf den unteren Stufen, verdeckt von … von ihr. Sie selbst steht dort mit dem Rücken zu sich und mit dem Blick auf Konrad gerichtet. Jenny geht ein paar Schritte auf die Hauswand zu und pirscht sich an ihr entlang in das Gebüsch vor dem Aufenthaltsraum, gegenüber dem Betonpfeiler, an den sie sich bis eben gepresst hat. Sie macht noch einen Schritt aus dem Gebüsch heraus und winkt Konrad zu. Es ist die Chance! Die Chance, auf die sie gehofft hat. Sie muss ihn warnen. Ohne dass ihr vergangenes Ich ihr jetziges sehen kann. Die Folgen wären unkontrollierbar. Konrad hat sie gesehen, springt auf und schaut hinter der vergangenen Jenny hervor. Der Junge vor dem Betonpfeiler steht auf und zieht seinen Schulranzen auf seine Oberschenkel, bleibt stehen und schließt ihn. Jenny duckt sich hinter einen Busch. Es laufen noch ein paar Schüler an dem Gebüsch vorbei, aber keiner bemerkt sie. Sie kann nichts dagegen tun, dass ihr Tränen über die Wangen laufen. Was soll sie tun? Was soll sie sagen? Wieso kann sie nicht einfach

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