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Der Waechter

Der Waechter

Titel: Der Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Snyder
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musste, die Anstrengung und Anspannung. Ich bin total ausgelaugt davon », schloss Jenny, den Tränen nahe, ihren Bericht ab.
    Eva sah sie mit großen Augen an. Sie schien Jennys Angst ernst zu nehmen. Fast etwas zu ernst, fand Jenny, denn Eva begann unruhig zu werden.
    « Eva, ich glaub ich werd verrückt. Ich meine wirklich verrückt. Irre! Verstehst du? »
    « Ja, ich verstehe, was du meinst », antwortete Eva hastig.
    « Aber weißt du, vielleicht bist du so eine Art Seelenwanderer oder so. »
    « Ein was? »
    « Es gibt ganze Bücher darüber. Bei manchen Menschen geht die Seele im Schlaf auf Wanderschaft. Sie löst sich aus dem Körper, geht umher und kehrt dann wieder in ihn zurück. Es gibt auch Berichte von Menschen, die in schlimmen Situationen aus ihrem Körper fuhren und sich von oben sahen. Dann die ganzen Nahtod-Erlebnisse, die geschildert werden. Nicht alles, was im Leben passiert, kann wissenschaftlich erklärt werden. »
    Eva sprach schnell. Aus irgendeinem Grund schien sie es plötzlich eilig zu haben.
    Jenny lachte kurz: « Aber das ist ja genau das, was ich mit verrückt meine. Das sind doch alles Ammenmärchen. »
    « Gut, dann einigen wir uns eben darauf, dass du verrückt bist », stellte Eva fest, sprang von der Mauer und stieß hastig hervor: « Du, sei mir nicht böse, aber ich hab was ganz Dringendes vergessen. »
    Ehe Jenny es kapierte, war Eva auch schon verschwunden.
    Sie hält mich für übergeschnappt!

6. Kapitel

    Endlich Sommerferien! Nachdem Jenny die Versetzung in die neunte Klasse und Simone mit Ach und Krach die mittlere Reife geschafft hatte, konnten sie die Ferien in vollen Zügen genießen. Was so viel bedeutete, dass die beiden die sonnigen Tage im Freibad verbrachten und die weniger schönen zu Hause, Jenny lesend in ihrem Kuschelsessel und Simone knutschend mit ihrem Michael auf der Terrasse. Nina war verreist, Rene ebenso, und Konrad sah Jenny nur, wenn ihr Blick zufällig in den Sportbereich am Rand des Freibades fiel. Aber ohne Rene war das nicht besonders interessant für sie. Jenny fühlte sich endlich wieder rundum wohl. Sie träumte weniger, die Kopfschmerzanfälle wurden seltener und was die Sehstörungen betraf, so hatte sie ihre Technik, die Ausbreitung der Farbschleier auf ein breites Sichtfeld zu verhindern, perfektioniert. Sie konnte problemlos ihre Augen derart fokussieren, dass sich der Schleier nicht mehr als ein sich ausbreitender Dunst darstellte, sondern als eine farbige Lichtsilhouette um die jeweilige Person. Allerdings war sie kaum Menschen begegnet, die einen Schleier absonderten. Sie war irgendwann zu dem Schluss gekommen, dass es an den Klamotten liegen musste, vielleicht an deren Material, weshalb ihr einige Menschen derart ins Auge fielen. Vielleicht nahmen ihre Augen Reflektionen wahr, die der Durchschnittsmensch nicht wahrnehmen konnte. So wie Katzen zum Beispiel. Irgendwo hatte sie einmal gelesen, dass Katzen die Menschen nicht an ihrem Aussehen erkennen, sondern an ihren Absonderungen. Dass sie Geruch sehen können wie eine Art Dunst. In jeder Gemütsverfassung strömten die Menschen einen anderen Dunst aus. Daher wurden die Katzen auch immer als besonders sensibel empfunden. So musste es auch bei ihr sein. Jenny gefiel diese Erklärung besser als alle anderen, die sie bisher für ihr Problem gehabt hatte.

    Kurze Zeit nach den Ferien, es war schon September, fand im Vereinshaus am Waldstadion eine Feier der Handballer statt. Insgeheim hoffte Jenny, dort Rene zu sehen. Auch wenn sie schwor, nicht mehr in ihn verliebt zu sein, so hielt sie doch gerne Ausschau nach ihm. Nicht verliebt zu sein war langweilig. Jenny gefiel sich ausnahmsweise selbst an diesem Abend. Sie hatte ihre langen Haare locker nach oben gesteckt, sodass die großen silbernen Kreolen zur Geltung kamen. Sie trug hellblaue Jeans, einen etwas schulterfreien, buntgestreiften Wollpullover und dazu Lederstiefel mit hohem Absatz. Und etwas Schminke musste natürlich auch sein, nur nicht zu aufgedonnert.
    « Wow, du siehst toll aus », begrüßte Kassandra sie begeistert.
    « Du scheinst nicht die Einzige zu sein, die das denkt », bemerkte Nina und zeigte auf einen Typen in der Ecke, der Jenny penetrant anstarrte.
    « Und ich hatte gehofft, dass ich mir das nur einbilde. » Jenny rümpfte die Nase.
    « Ich fürchte nicht. » Eva schenkte ihr ein schadenfrohes Grinsen.
    Keine von ihnen hatte den Typ schon einmal gesehen. Was auch daran liegen konnte, dass er nicht nach ihrem

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