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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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weiß sie noch immer, dass sie ein Teil davon war, ein Teil der Geschichte und ein Teil des Lebens des Weitseherbastards. Sie wurde seine Geliebte und wusste um seine Geheimnisse. Ich vermute, sie ging davon aus, dass du nach deiner Rückkehr nach Bocksburg wieder zum Mittelpunkt von Intrigen und wundersamen Ereignissen werden würdest, und sie erwartete, abermals Teil davon zu sein und sich in deinem Ruhm sonnen zu können. Die Geliebte und Menestrelle des zwiehaften Bastards. Die Frau, die Abenteuer und Bett mit ihm teilte, die Frau, die seine Freuden und seine Verzweiflung kannte. Wenn sie das Lied schon nicht selbst singen konnte, so wollte sie wenigstens darin vorkommen, sollte es je gesungen werden – und zweifele nicht daran, dass sie es irgendwo bereits als Lied oder in Gedichtform liegen hat. Sie hat sich selbst als Teil deiner Geschichte betrachtet, berührt von deinem wilden Ruhm. Dann hast du ihr das weggenommen. Du bist nicht einfach nur von ihr weggegangen, du bist als unscheinbarer Diener nach Bocksburg zurückgekehrt. Du hast ihrem Lied nicht nur ein enttäuschendes Ende gegeben; du hast sie dadurch zur Bedeutungslosigkeit verdammt. Sie ist eine Menestrelle, Fitz. Wie glaubtest du wohl, würde sie darauf reagieren? Mit Würde?«
    Plötzlich sah ich Merle in einem anderen Licht. Ihre Grausamkeit Harm gegenüber, die Beleidigungen gegen mich … »Ich sehe mich in der Tat nicht so, Chade.«
    »Das weiß ich«, erwiderte er in sanftem Tonfall. »Aber verstehst du jetzt wenigstens, wie sie dich so sehen konnte? Und dass du ihr ihre Träume genommen hast?«
    Ich nickte langsam. »Aber ich kann nichts deswegen tun. Ich werde keine verheiratete Frau in mein Bett nehmen, und ich kann auch nicht als FitzChivalric Weitseher wiederkehren. Man würde mir sofort eine Schlinge um den Hals legen.«
    »Das ist wohl wahr. Ich stimme mit dir überein, dass du nie wieder unter dem Namen FitzChivalric leben kannst. Was das andere betrifft … Nun. Lass mich dich daran erinnern, dass Merle viele Dinge weiß. Wir alle sind ihr gegenüber verwundbar. Ich erwarte von dir, dass du uns ihren guten Willen erhältst.«
    Bevor ich etwas darauf erwidern konnte, fragte er mich, warum ich Prinz Pflichtgetreus Unterricht gestrichen hatte, bis die Gesandtschaft aus Bingtown verschwunden war. Der Prinz hatte mir diese Frage ebenfalls gestellt. Ich sagte Chade das Gleiche, was ich auch dem Prinzen gesagt hatte: Ich fürchtete, dass der geschuppte Junge eine gewisse Sensibilität für die Gabe besaß, und dass wir unseren Unterricht bis zur Abreise der Gesandtschaft auf das gemeinsame Übersetzen von Schriftrollen beschränken würden. Der Prinz zeigte sich bei diesen weltlichen Studien nicht gerade geduldig. Mein Verdacht gegen den verschleierten Händler faszinierte sowohl ihn als auch Chade. Dreimal hatte er mit mir das Gespräch durchgekaut, das ich mit Seiden Vestrit geführt hatte. Keiner von uns hatte auch nur eine Ahnung, was es zu bedeuten hatte. Dabei lernte ich, dass es manchmal besser war, Chade Informationen vorzuenthalten, als ihm Bruchstücke zu geben, auf die er nicht aufbauen konnte – wie zum Beispiel, ihm von den Tätowierungen der Narcheska zu erzählen.
    Ich wusste, dass auch er Stunden vor dem Guckloch bei ihren Gemächern verbracht hatte, ohne auch nur eine Andeutung dieser Tätowierungen gesehen zu haben. Da sie überdies nicht über gesundheitliche Beschwerden geklagt hatte, konnte er auch keinen Heiler zu ihr schicken, der meine Beobachtungen hätte bestätigen können. Elliania hatte demonstrativ mehrere Einladungen ausgeschlagen, mit dem Prinzen zu spielen oder auszureiten, und so konnte auch Pflichtgetreu die Frage nicht beantworten, ob sie nun Schmerzen litt oder nicht. Die Königin wiederum wagte es nicht, die Narcheska zu drängen, um es nicht so aussehen zu lassen, dass die Sechs Provinzen diese Verbindung verzweifelter wollten als die Äußeren Inseln. So blieb ihnen nur mein Bericht darüber, was ich gesehen hatte. Das Geschehen stellte uns vor ein Rätsel, ebenso wie Ellianias Dienerin Henja.
    Diese Frau blieb ein Mysterium. Wen sie mit ›hohe Frau‹ meinte, war unklar, es sei denn, sie bezog sich auf eine ältere Verwandte, die Autorität über Elliania besaß. Diskrete Nachforschungen in diese Richtung brachten uns gar nichts ein. Chades Spione versagten ebenfalls. Zweimal waren sie Henja in die Stadt hinunter gefolgt, und zweimal war sie ihnen entwischt, einmal im Gedränge auf dem Marktplatz,

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