Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
was ich bin. Du suchst falschen Trost, wenn du von mir verlangst, mich mit Worten für dich zu definieren. Worte können einen Menschen nicht definieren. Nur das Herz kann das, wenn es denn bereit dazu ist. Ich fürchte nur, deins ist das nicht. Du weißt mehr von dem, was mich ausmacht, als jeder andere atmende Mensch, und doch bestehst du darauf, dass all das nicht ich sein kann. Soll ich einen Teil von mir abtrennen und hinter mir lassen? Und soll ich mich selbst verstümmeln, nur um dir zu gefallen? Ich würde das nie von dir verlangen. Gesteh dir auch noch eine andere Wahrheit ein: Du weißt, was ich für dich empfinde. Das weißt du schon seit Jahren. Lass uns hier, wo wir allein sind, nicht so tun, als wäre das anders. Du weißt, dass ich dich liebe. Das habe ich immer getan und werde es auch immer tun.« Er sprach in ruhigem Tonfall. Aus seinem Munde klangen die Worte, als wären sie unvermeidlich. Weder Scham noch Triumph lagen in seiner Stimme. Dann wartete er. Worte wie diese verlangen immer nach einer Antwort.
Ich schloss kurz meine Augen und brachte meine düstere Stimmung wieder unter Kontrolle. Offen und ehrlich sagte ich: »Du weißt, dass ich dich auch liebe, Narr. So wie ein Mann seinen besten Freund liebt. Dafür schäme ich mich nicht. Aber Jek, Merle oder andere glauben zu machen, dass unsere Beziehung über Freundschaft hinausgeht, dass du bei mir liegen willst …« Ich hielt inne. Ich wartete darauf, dass er mir zustimmte. Das tat er aber nicht. Stattdessen blickte er mich mit seinen bernsteinfarbenen Augen an. Von Leugnen war nichts darin zu sehen.
»Ich liebe dich«, sagte er leise. »Ich setze meiner Liebe keine Grenzen. Gar keine. Hast du mich verstanden?«
»Nur zu gut, fürchte ich!«, erwiderte ich mit zitternder Stimme. Wieder atmete ich tief durch; dann krächzte ich: »Ich würde nie … Hörst du mir zu? Ich könnte dich niemals fürs Bett begehren. Niemals!«
Er wandte den Blick von mir ab. Seine Wangen erröteten leicht, doch nicht vor Scham, sondern aus einer tiefen Leidenschaft heraus. Er sprach ruhig und beherrscht. »Und auch das ist ein Ding, das wir beide seit Jahren wissen. Ein Ding, das nie hätte ausgesprochen werden müssen. Nun muss ich diese Worte den Rest meines Lebens bei mir tragen.« Er schaute wieder in meine Richtung, doch seine Augen wirkten wie die eines Blinden. »Wir hätten unser Leben leben können und dieses Gespräch niemals führen müssen. Jetzt hast du uns beide dazu verdammt, uns für immer daran zu erinnern.«
Er drehte sich um und machte sich langsam auf den Weg in Richtung seines Schlafgemachs. Sein Schritt war gemessen, als wäre er wirklich krank. Dann blieb er stehen und blickte zu mir zurück. Wut funkelte in seinen Augen, und es entsetzte mich, dass er mich so anschauen konnte. »Hast du wirklich jemals geglaubt, dass ich etwas von dir verlangen würde, wonach nicht auch du dich wirklich sehnst? Ich weiß sehr gut, wie sehr du das verabscheust, und ich weiß ebenso gut, dass es alles zwischen uns zerstören würde, sollte ich das je von dir verlangen. Also habe ich dieses Gespräch stets vermieden, das du unserer Freundschaft nun aufgezwungen hast. Das war schlecht, Fitz. Schlecht und unnötig.«
Er ging noch ein, zwei wankende Schritte wie ein Mann, der von einem Schlag benommen war. Dann blieb er plötzlich wieder stehen. Zögernd holte er das schwarz-weiße Sträußchen aus seiner Manteltasche raus. »Die sind nicht von dir, nicht wahr?«, fragte er. Seine Stimme klang plötzlich heiser. Er schaute mich nicht an.
»Natürlich nicht.«
»Von wem dann?« Seine Stimme zitterte.
Ich zuckte mit den Schultern. Die seltsame Frage inmitten unserer ernsten Diskussion ärgerte mich ein wenig. »Von der Gärtnerin. Sie legt jeden Morgen eins auf dein Tablett.«
Der Narr seufzte und schloss einen Augenblick die Augen. »Natürlich. Sie waren nie von dir, kein einziger. Von wem dann?« Es folgte eine lange Pause. Er schloss die Augen, und seinem Gesichtsausdruck nach glaubte ich plötzlich, dass er gleich ohnmächtig werden würde. Dann sagte er mit leiser Stimme: »Natürlich. Irgendeiner würde meine Maske durchschauen, und wenn, dann würde sie das sein.« Er öffnete die Augen wieder. »Die Gärtnerin. Sie ist ungefähr in deinem Alter. Sommersprossen im Gesicht und auf den Armen. Die Haarfarbe wie frisches Stroh.«
Ich rief mir das Bild der Frau ins Gedächtnis zurück. »Sommersprossen, ja. Ihr Haar ist aber hellbraun, nicht
Weitere Kostenlose Bücher