Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
wirst leben.«
    Ich schlief vier Tage und vier Nächte lang. Ich schlief sogar, während sie meinen ausgelaugten Körper wuschen und mir neue Kleider anzogen. Später erzählten sie mir, dass ich in jenen Tagen Wein und Brühe getrunken und Brei gegessen hätte. Irgendjemand sorgte dafür, dass ich sauber blieb. Ich erinnere mich nicht daran. Ich bin froh, dass ich mich nicht daran erinnere. Vielleicht habe ich im Schlaf getrunken. Man erzählte mir, dass Merle mehrere Male nach mir geschaut hätte, und dass Wim vorbeigekommen sei, um mir ein altes Heilmittel nach einem Rezept seiner Großmutter zu bringen. Keinem von ihnen gestattete man, mich zu sehen. Nichts von alledem bekam ich mit. Stattdessen erinnerte ich mich an Dinge, von denen ich gar nicht wusste, dass ich Erinnerungen daran besaß. Ich rannte einem Wolfsrudel über die Hügel hinterher, beobachtete ihr Leben und sehnte mich danach, mich ihnen anzuschließen. Aber immer zerrte irgendwo etwas an mir und ermahnte mich, dass ich irgendwann wieder zurückkehren müsse.
    An eine Episode erinnere ich mich jedoch. Irgendjemand legte mir den Arm um die Schulter, hob mich hoch und hielt mir einen Becher mit warmer Milch an den Mund. Ich habe warme Milch noch nie gemocht, und so versuchte ich, den Kopf beiseite zu drehen, als ich den Geruch wahrnahm, doch sie war entschlossen, und das meiste davon lief meine Kehle hinunter. Erst als sie mich wieder auf die Rissen hinabließ, erkannte ich diese Willenskraft als die meiner Königin. Ich öffnete die Augen ein Stück. »Tut mir leid«, krächzte ich, während Kettricken mir die übergelaufene Milch von meinen Bartstoppeln und meinem Nachthemd wischte.
    Sie lächelte mich an, und ich sah Erleichterung in ihren Augen. »Das ist das erste Mal, dass du genügend Kraft besessen hast, um schwierig zu sein. Soll ich das als Zeichen auffassen, dass du dich wieder erholst und bald wieder der alte sein wirst?« Die Frage war neckisch gestellt, doch trotz aller Erleichterung zitterte ihre Stimme. Sie legte das Tuch beiseite und ergriff meine Hände. Ich spürte meine Knochen in ihrem sanften Griff, so abgemagert waren meine Hände, dass sie mehr Krallen glichen. Ich konnte es nicht ertragen, meine Königin anzusehen, die mich voller Zärtlichkeit anschaute. Ich blickte an ihr vorbei und legte die Stirn in Falten, ich erkannte meine Umgebung nicht. Sie folgte meinem Blick. »Ich habe es umgebaut«, sagte sie. »Ich habe es als unerträglich empfunden, dich in dieser Zelle liegen zu sehen.«
    Ein dicker Teppich nach Art des Bergvolkes bedeckte den Boden. Ich lag auf einer niedrigen Couch, während meine erhabene Königin mit verschränkten Beinen auf einem Kissen neben mir saß. In der Ecke brannten Duftkerzen auf einem spiralförmigen Leuchter und erhellten den Raum. Auf einer Kommode, deren Front mit edlen Schnitzereien verziert war, befanden sich ein eleganter Krug sowie ein Waschbecken. Der leere Milchbecher stand auf einem niedrigen Tisch neben der Couch und daneben eine Schüssel mit in Brühe eingeweichtem Brot. Der Geruch machte mich hungrig. Kettricken musste bemerkt haben, dass mein Blick dorthin wanderte, denn sofort griff sie nach der Schüssel und holte einen Löffel heraus.
    »Ich glaube, ich kann schon selber essen«, beeilte ich mich zu sagen. Ich versuchte, mich aufzusetzen, und schämte mich, dass ich dazu Kettrickens Hilfe brauchte. Dabei bemerkte ich den Wandteppich an der mir gegenüber liegenden Wand. Er war frisch gesäubert und geflickt worden, doch wie immer blickte ein vom Künstler seltsam in die Länge gezogener König Weise zu mir herab, während er den Vertrag mit den Uralten unterzeichnete. Mein Schock muss mir anzusehen gewesen sein, denn Kettricken lächelte und sagte: »Chade hat gesagt, das würde dich erstaunen, dir aber auch gefallen. Mir kommt der Wandteppich zwar nicht sonderlich schön vor, aber Chade hat behauptet, dass sei einer deiner Lieblingsgobelins.«
    Der Wandteppich nahm die gesamte Wand ein. Genauso wie damals, als er im Schlafzimmer meiner Kindheit gehangen hatte, kam er mir albtraumhaft vor. Das wusste der alte Mann sehr gut. So schwach ich auch sein mochte, Chades rauer Scherz brachte ein Lächeln auf mein Gesicht. Trotzdem protestierte ich: »Aber diese Kammer hier sollte weiter das bescheidene Quartier eines Dieners bleiben. Abgesehen von der Größe und den fehlenden Fenstern hast du es wie das Gemach eines Prinzen ausstaffiert.«
    Kettricken seufzte. »Chade hat mich auch

Weitere Kostenlose Bücher