Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03
frei. Meine Frau und ich wären sehr daran interessiert, können es aber erst nächste Woche besichtigen. Wissen Sie, ob es genauso aufgeteilt ist wie Ihres?“ Jules sah ihn auffordernd an und Lukas verstand. Falls Kameras installiert waren, benötigte Jules einen Vorwand, um das Haus unauffällig inspizieren zu können.
„Wenn Sie möchten, führe ich Sie kurz herum“, sagte er prompt.
Jules war gründlich, jeder Quadratmeter wurde gescannt. Erst dann ließ er das Gerät sinken und meinte: „Okay, die Luft ist rein. Keine Kameras, keine Wanzen. Nur diese eine Wanze im Telefon.“ Er entfernte sie und begutachtete sie auf seiner Handfläche. Seinem geringschätzigen Gesichtsausdruck nach handelte es sich um kein hochwertiges Modell. Er setzte sie wieder ein, da es keinen Sinn machte, sie zu entsorgen. Die Entführer würden spätestens bei einem Anruf merken, wenn sie nicht mehr aufzeichnete.
„Das Ding kann nicht mehr als Telefonate mitschneiden“, erklärte er. „Die Nachricht auf dem Zettel war also nichts weiter als ein Bluff, um dich zu verunsichern, Lukas. Der Wanze nach sieht mir das nicht nach einer professionellen Bande aus. Auch dein Haus wird nicht observiert. Ich habe mich draußen gründlich umgesehen.“
„Na toll“, meinte Lucie. „Dann habe ich mir die letzten zwei Stunden völlig umsonst den Mund fusselig geredet.“ Doch sie wirkte erleichtert. Dann kniff sie ein Auge zu und meinte an Jules gerichtet: „Ehrlich? Gerhard Mair? Scherzkeks.“
„Was?“ Lukas wirkte irritiert.
„Jules Tarnname ist einer der bekanntesten Friseure Deutschlands“, erklärte Lucie.
„Aha.“ Lukas sagte der Name gar nichts.
„Und, haben sich die Entführer schon gemeldet?“, fragte Jules.
Lukas' Antwort bestand aus einem resignierten Kopfschütteln. Jules packte seine Sporttasche auf dem Küchentisch aus und förderte einen Laptop und eine Menge zusätzliches elektronisches Equipment zu Tage. Während er das Telefon über einen Funktransceiver mit seinem Laptop verband und eine Fangschaltung installierte, instruierte er Lukas, wie er sich bei einem Anruf der Entführer zu verhalten hatte:
„Wenn sie sich melden, Lukas, bleib ruhig und hör dir an, was sie zu sagen haben. Erkläre dich mit allem einverstanden und bitte darum, mit deiner Frau sprechen zu dürfen. Bleib hartnäckig, Lukas, und bestehe auf einem Lebenszeichen von Magali. Je länger du sie hinhalten kannst, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich den Anrufer lokalisieren kann.“ Jules schloss seine Vorbereitungen ab, dann setzte er sich Lukas gegenüber an den Tisch. „So, und jetzt erzähle mir der Reihenfolge nach, was heute passiert ist.“
Jules unterbrach den Bericht seines Freundes nicht einmal und bat zum Schluss um den handgeschriebenen Zettel. Lukas reichte ihm das zerknüllte Stück Papier: „Es ist mir erst später aufgefallen, aber man könnte glatt meinen, Magali hätte ihn selbst geschrieben. Das heißt, wenn die Buchstaben nicht so komisch nach links wegkippen würden“, ergänzte er unsicher.
Jules riss ihm das Blatt beinahe aus der Hand.
„Bei Allah“, Jules war gläubiger Muslim, „Natürlich, Magali hat das selbst geschrieben und sie hat sich genau an meine Instruktionen gehalten. Gutes Mädchen.“
„Was?“, rief Lukas. Sein Ausdruck spiegelte Verwirrung wider.
„Komm schon, Lukas. Das kannst du doch nicht vergessen haben?“, rief Jules.
Lucie legte ihrem Freund die Hand auf den Arm: „Lukas hatte keine Ahnung von unserem speziellen Training, Jules. Ich musste Magali versprechen, ihm nichts davon zu verraten.“
Lukas reagierte in der Tat ungehalten. Natürlich hatten ihm Lucie und Magali nichts davon erzählt: Weil sie wussten, wie er zu Jules' speziellem Training stand. Es enthielt einige ziemlich brutale Elemente.
Er selbst war in Rom Zeuge geworden, wie seine Freundin Rabea einen von Jules' speziellen Tricks angewendet hatte. Ihm war beinahe das Herz stehengeblieben. Der ehemalige Jesuit trug seine Gefühle seit jeher im Gesicht spazieren, doch er versagte sich einen Kommentar. Stattdessen fuhr er sich durch den blonden Haarschopf. „Also gut. Dann klärt mich auf. Warum soll Magali die Zeilen selbst geschrieben haben?“
„Das ist einfach: Die Entführer haben sie - mit Matti als Druckmittel -, dazu gezwungen. Es soll dir, dem Vater, verdeutlichen, dass sie alles tun muss, was sie ihr sagen. So wie du auch“, erläuterte Jules.
„Und welche angebliche Botschaft hat Magali
Weitere Kostenlose Bücher