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Die Anfänge meiner Welt

Die Anfänge meiner Welt

Titel: Die Anfänge meiner Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorna Sage
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zu
sein; möchte einmal meine Ruhe haben.«
    Es ist ein Tag, an dem die
Uhren rückwärts gehen. Er hält inne, um nachzudenken, und erstmals kommen ihm
Zweifel. Hat man ihn nicht doch abgeschoben? »Dank sei Dir, o Herr, daß Du
meine Gebete um Versetzung von Llwynypia erhört hast. Aber ich wäre lieber auf
eine andere Pfarrstelle in Südwales gekommen als hierher in den Norden.« Oder
vielleicht ist er doch nicht so verliebt, wie er geglaubt hat, denn der Eintrag
endet kryptisch: »Mein Herz ist im Süden.« Doch schon am nächsten Tag geht er
nach der Abendandacht wieder zu den Watsons, wo er MB trifft und »bis spät«
bleibt. Zum Erntedankfest eine Woche später ist die Kirche erfreulicherweise
»gesteckt voll«, und er kann sich auf seinen Lorbeeren ausruhen, denn MB fährt
ein paar Tage in Urlaub. Und dann, aus heiterem Himmel, gerade als er zur Ruhe
kommt, trifft ihn ein Schicksalsschlag, der ihm das Vehikel seiner Freiheit
entreißt.
    Mit anderen Worten: Er hatte
einen Radunfall. Auf der schnellen Fahrt zwischen zwei Gottesdiensten über die
dunklen Sträßchen stürzte er — »Knorpelriß am Bein. Wurde zum Bauern Pritchards
gebracht. Dr. McColl hat das Bein versorgt und mich nach Hause gefahren«,
notiert er mit zusammengebissenen Zähnen: lahmgelegt, festgenagelt, im
Pfarrhaus gefangen. Erst nach und nach wird ihm das bewußt. Am Mittwoch ist das
Bein »noch kein bißchen besser«, am Donnerstag sagt ihm der Arzt, daß er am
Sonntag seinen Pflichten nicht wird nachkommen können. Die Sache wird ernst.
Lady Kenyon schickt Krücken, und MB, die nun einmal die Gemeindeschwester ist,
findet ihn bei ihrer Rückkehr in der ungewohnten Position des Patienten vor —
flach auf dem Rücken.
    Sie weiß, was zu tun ist. Unter
dem Schutz ihrer beruflichen Neutralität eilt sie geschäftig ins Pfarrhaus, und
von da an finden die Rendezvous in seinem Schlafzimmer statt. Am 1. November
bleibt sie bis Mitternacht. »Bin sehr müde«, notiert er vor dem Einschlafen. MB
ist zärtlich besorgt. Sie schenkt ihm eine Pfeife mit Lippenbiß-Mundstück samt
Tabak und bringt ihm einen Spazierstock, »damit ich hinauskomme«. Viel Zeit
oder Energie, um aus dem Haus zu humpeln, scheint sie ihm allerdings nicht zu
lassen. Im Tagebuch ist nur noch von ihren Hausbesuchen die Rede. Nach ungefähr
zehn Tagen — der Umfang der Intensivpflege muß allmählich etwas übertrieben
gewirkt haben — taucht ein magisches Wort auf: Massage. Das Bein ist auf dem
Wege der Besserung, benötigt aber täglich Massagen. Was für ein Glück, könnte
man denken, daß er bei MB in so kompetenten Händen ist. Der Unfall erweist sich
im nachhinein als ein Segen, jetzt, da es draußen scheußlich ist und die Nacht
früh hereinbricht.
    Liest man jedoch zwischen den
Zeilen — die allmählich etwas monoton werden: Massagen und immer wieder
Massagen — , genießt er die ins Haus verlegte Sünde nicht uneingeschränkt. In
einem Eintrag vom 16. November beispielsweise findet sich ein interessanter
Lapsus: »Am Vormittag kam die Schwester (MB) und hat mich schon wieder
massiert.« Am achtzehnten ist er »ziemlich deprimiert... bin froh, wenn mein
Bein wieder soweit ist, daß ich hier herauskomme.« Am dreiundzwanzigsten führt
die Massage zu einem »langen, ernsten Gespräch mit MB, den ganzen Vormittag«.
Am fünfundzwanzigsten ist sein Ton gereizt: »Muß mich heute nachmittag
massieren lassen.« Nicht nur die Nacht bricht herein. Vielleicht ist er
geradezu erleichtert, als ihm Grandma, bis dahin (vermutlich) durch
heimwehschwere Träume vom Rhondda-Tal abgelenkt, am 27. November endlich auf
die Schliche kommt.
    Es gibt einen Riesenkrach.
»Hilda tobt.« Keine Massagen mehr von MB. Er geht zum Chiropraktiker in Church
Stretton, und bald ist das Bein kuriert. Nicht so der Schmerz der Leidenschaft.
Es kommt zu weiteren langen, ernsten Gesprächen (»eine schreckliche Situation
für MB«) und weiteren Krächen mit Hilda — »sehr schmerzlich in dieser
ländlichen Stille«. Er ist wie betäubt und vermißt plötzlich das
Hintergrundgeräusch des Verkehrs, den Lärm in Südwales. Aber er ist wieder auf
den Beinen, und erfreulicherweise regnet es nur so Einladungen, darunter eine
zu den Hanmers nach Bettisfield Park, zu einem späten Abendessen (das einen
»Mordskater« am nächsten Morgen nach sich zieht). Er hält sich, so gut es geht,
vom Pfarrhaus fern und trifft sich mit MB bei den Watsons, wie vor dem Unfall.
Natürlich hat sich einiges geändert, die

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