Die Angebetete
identifiziert.«
Madigan seufzte. »Tja, liebe Leute, da haben wir aber mächtig danebengelegen. Holen wir Edwin her. Ich jedenfalls werde mich bei ihm entschuldigen.«
Kurz darauf wurde Edwin in das Büro gebracht. Er schaute sich ein wenig verwirrt um. Sein Haar war zerzaust. Er schien noch etwas benommen zu sein, war aber fasziniert von Rhyme und dessen Rollstuhl.
Gonzalez erklärte, was geschehen war – wozu auch die Mitteilung gehörte, dass die meisten der E-Mails, die Edwin von Kayleigh erhalten hatte, Fälschungen waren.
Dance sah, wie sein langes Gesicht noch länger wurde. »Die stammen nicht von ihr?«
Es herrschte verlegenes Schweigen, bis Dance sagte: »Manche davon schon, aber das waren lediglich Formbriefe, Edwin, wie alle Fans sie erhalten. Es tut mir leid.«
Er schob die Hände in die Taschen seiner Jeans. »Ich hätte mich ihretwegen nie so … komisch aufgeführt, wenn ich das gewusst hätte. Stellen Sie sich nur vor, jemand, der so hübsch und talentiert und berühmt ist wie Kayleigh, sagt Ihnen, sie würde sich für Sie interessieren und dass Sie ihr viel bedeuten … Was hätte ich denn da glauben sollen?«
»Ich verstehe, Edwin«, sagte Dance.
»Mir tut es auch leid, mein Junge«, sagte Madigan.
Edwin blieb einen Moment lang still, die Augen auf den Rollstuhl gerichtet. »Ich bin jetzt also kein Verdächtiger mehr oder so?«
»Nein«, sagte Harutyun.
Er nickte und sah dann Madigan an. »Nun, dann erhalte ich meine Beschwerde gegen Sie und Deputy Lopez auch nicht länger aufrecht. Wissen Sie, ich habe bloß gedacht, ich müsste mich irgendwie verteidigen.«
»Das kann ich nachvollziehen, und ich danke Ihnen, Edwin. Ich glaube, wenn es um Kayleigh geht, geraten wir alle ein wenig zu sehr in Begeisterung.«
»Ich würde jetzt gern gehen. Ist das in Ordnung?«
»Aber sicher, mein Junge. Wir werden später oder morgen noch Ihre Aussage aufnehmen – bezüglich Simesky und der Frau und Ihrer Entführung. Ich lasse Sie nun nach Hause fahren. Sie sind nicht in der Verfassung, sich selbst ans Steuer zu setzen. Ihren Wagen können Sie morgen abholen.«
»Danke, Detective.« Er ging mit hängenden Schultern und eingesunkener Brust zur Tür hinaus. Obwohl er kinesisch schwer einzuschätzen war, konnte Dance an seiner Haltung tiefen Kummer ablesen.
60
Lincoln Rhyme steuerte den Lieferanteneingang und die Zufahrt zum Parkplatz des Sheriff’s Office an. Bei ihm waren seine beiden Begleiter aus New York sowie Kathryn Dance und Michael O’Neil. »Höchste Zeit für einen Drink, würde ich sagen, und dann zurück nach San José.«
»Höchste Zeit für einen Kaffee im Van«, berichtigte Thom.
» Ich bin nicht der Fahrer«, entgegnete Rhyme sarkastisch. » Ich darf trinken.«
»Ich bin mir sicher, dass es illegal ist, in einem fahrenden Wagen einen offenen Behälter Alkohol mit sich zu führen, auch wenn man nicht selbst am Steuer sitzt«, widersprach der Betreuer sogleich.
»Er ist aber nicht offen«, protestierte Rhyme. »Mein Trinkbecher hat einen Deckel.«
»Wir könnten hier natürlich noch länger diskutieren«, sagte der Betreuer nachdenklich, »aber das hieße nur, wir würden die Bar in San José noch später erreichen.«
Rhyme schnaubte verächtlich, aber seine mürrische Miene verschwand sofort, als er sich von Kathryn und Michael verabschiedete. Seine rechte Hand bewegte sich flüssig auf Dance’ Hand zu und ergriff sie. Sie küsste ihn auf die Wange und umarmte dann Amelia Sachs.
»Wir sehen uns dann am Sonntag«, fügte O’Neil hinzu. »Ich bringe die Kinder mit.« Er sah Dance an. »Falls Sie interessiert sind, wir haben gerade die neue Heckler & Koch MP 7 hereinbekommen.«
»Die mit dem kleinen Kaliber.«
»Richtig. Vier Komma sechs Millimeter. Möchten Sie mich am Montag auf die Schießbahn begleiten und ein paar Zielscheiben durchlöchern?«
»Und ob«, sagte Sachs begeistert.
»Kathryn?«, fragte O’Neil.
»Ich passe. Ich glaube, ich hänge lieber mit Lincoln und Thom ab.«
Und auch mit Jon Boling?, fragte sie sich und verbot sich den Gedanken gleich wieder.
Das Trio aus New York verließ das Gebäude.
Auch O’Neil verabschiedete sich von den örtlichen Beamten, und Dance begleitete ihn hinaus in die schwüle Abendluft.
»Hast du es eilig mit der Rückfahrt?« Die Worte kamen ihr wie von selbst über die Lippen. Geplant hatte sie das nicht. Aber nun dachte sie, sie könnten vielleicht gemeinsam zu Abend essen.
Eine Pause. Sie konnte sehen, dass auch er
Weitere Kostenlose Bücher