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Die Aufrichtigen (German Edition)

Die Aufrichtigen (German Edition)

Titel: Die Aufrichtigen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonard Bergh
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stellte.
Der Arianerstreit war seit dem Tod Konstantins des Großen zur Massenhysterie geworden. Die Arianer wurden als Erfindung des Satans bezeichnet, ihre Besitzungen eingezogen und ihnen das Recht zu Testieren genommen. Selbstverständlich wurden sie auch gefoltert, ermordet und zwangsbekehrt. Wo die Arianer konnten, hielten sie es umgekehrt nicht anders. Mit der Bedrohung des östlichen Reiches durch die Goten, von denen sich viele auch zum arianischen Christentum bekannten, wurde die Verteidigung des Reiches zum Kampf zwischen Römern und Barbaren, zwischen Gut und Böse, zwischen Arianern und Katholiken stilisiert. Aus nicht-katholisch wurde nicht-römisch oder nicht-patriotisch, die Begriffe Römer und Katholik, Barbar und Arianer wurden wie Synonyme gebraucht. Was wäre geschehen, wenn Kaiser Valens 378 nicht von den Goten vor Adrianopel vernichtend geschlagen worden wäre? Was, wenn Kaiser Gratian statt Theodosius, dem Katholiken, 379 einen Heiden zum Caesar erhoben hätte? Nach der blutigen Niederlage gegen die Goten, worin man den Untergang der Welt zu sehen glaubte, war es nur ein kleiner Schritt, alle anderen Glaubensbekenntnisse im Imperium Romanum zu verbieten. Der Katholizismus war zum Bewahrer des Reiches geworden. Das Verbot traf Arianer, Donatisten, Heiden und Juden in gleicher Weise. Man verjagte die Priester, schleifte Kirchen und Tempel, konfiszierte Vermögen und ertränkte den Aufruhr im Blut.
Von da an gab es keine Kompromisse mehr.
E.A.S.

Blauer Montag, 13 Uhr 31; die Hand in der Wunde (4)
    »Die Wiedertaufe des Papstes!«, kicherte es hinter Dr. Albertz. Er sprang von der Bank unter dem Zierkirschenbaum und sah sich um.
    »Hier bin ich, Max.«
    Hinter einem Mauervorsprung des Kreuzgangs trat Professor Spohr hervor. Dr. Albertz lächelte. Als er seinen Halbbruder aber näher betrachtete, verzog er das Gesicht. Der Professor sah entsetzlich aus. Die langen Haare hingen wirr um den Kopf, das Gesicht war fahl, mit tief in den Höhlen liegenden Augen.
    »Schön, dich zu sehen«, log er. »Wie lange belauschst du uns schon?«
    Der Professor lachte.
    »Es war nicht nötig, euch zu belauschen. Ich kenne den ganzen Unsinn schon! Aber dass er den Papst zur Wiedertaufe zwingen will, finde ich wirklich originell.«
    »Was tust du hier in Mainz?« fragte Dr. Albertz.
    »Er hat mich zu dem Herrenmahl heute Abend eingeladen, wie dich. Wahrscheinlich will er uns auf seine Sache einschwören.«
    »Was hältst du davon? Ich meine, du als Geschichtswissenschaftler. Ist es nicht unglaublich, dass die Donatisten bis heute existieren.«
    Der Professor legte den Zeigefinger auf die Lippen.
    »Nicht hier, Max, auf keinen Fall hier. Er darf mich nicht entdecken. Komm‘ mit, ich kenne einen Nebenraum, wo wir uns ungestört unterhalten können.
    »Was soll das schon wieder?«, brauste Dr. Albertz auf.
    Doch der Professor kicherte nur und drehte sich um.
    »Du musst auf mich warten, oder soll ich etwa über die Mauer klettern?«
    Der Professor hörte nicht auf ihn.
    Dr. Albertz fluchte und stemmte sich an der Mauer des Kreuzgangs hoch.
    »Komm mit«, sagte der Professor, als Dr. Albertz ihn keuchend eingeholt hatte.
    Nicht weit entfernt führte ein Gang aus dem Kreuzgang, in der Nähe der Statue, die ihren Kopf in Händen hielt. In seinem Schatten lag eine kleine Tür verborgen. Der Professor öffnete sie und betrat zusammen mit Dr. Albertz einen niedrigen Raum, in dem sich allerlei Gartengeräte und anderes Werkzeug befanden.
    »Setz dich!«, sagte der Professor, wobei er auf die beiden Schemel deutete, die vor einem Spind standen.
    »Wenn du mich nach meiner Meinung fragst, ist das mit den Donatisten nur wieder eine seiner fantastischen Ideen.«
    »Was soll das heißen? Gibt es die Donatisten denn gar nicht?«
    »Das habe ich nicht gesagt«, antwortete der Professor. »Ich glaube nur nicht, dass es eine nennenswerte Bewegung ist. Soweit ich weiß, hat er nur wieder eine Menge hübscher Knaben um sich geschart, wahrscheinlich aus einer Schule oder einem Internat in der Gegend. Dass sie ihn immer wieder in die Jugendarbeit lassen! In seinem Alter! Das alles hat aber bestimmt nichts mit den Donatisten der Spätantike zu tun.«
    »Mach‘ es nicht immer so kompliziert«, seufzte Dr. Albertz. »Ich wollte nur wissen, was du davon hältst, ob es sich um echte Donatisten handelt oder nicht, spielt für mich keine Rolle.«
    »Meine Meinung? Das ist einfach«, sagte der Professor, »er ist das Oberhaupt einer Gruppe von

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