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Die Auserwählte

Die Auserwählte

Titel: Die Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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der Schöpfung in sich; Männer müssen darüber phantasieren, müssen die Schöpfung selbst erschaffen, nur um das zu kompensieren. Eierstockneid. Mehr ist es nicht.« Yolanda nickte nachdrücklich, während ich sie nur stumm anstarrte. »Weißt du, wie ich auf all das gekommen bin?«
    Sie sah mich an. Ich zuckte nur die Achseln, denn mir fehlten die Worte.
    »Koresh«, sagte sie. »Erinnerst du dich an ihn?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Was? Waco: Wir kommen nicht raus? Warst du auf dem Mond oder so was? Du mußt es doch…« Yolanda verdrehte die Augen. »Nein, vermutlich nicht.«
    »Einen Moment«, sagte ich. »Ja, ich glaube, mein Freund Mr. Warriston hat mir etwas darüber erzählt. War das nicht in Texas?«
    »In einer Stadt namens Waco«, bestätigte meine Großmutter. »Etwa hundert Meilen südlich von Dallas. Bin da runtergefahren an dem Tag, als es passiert ist. An dem Tag, als es zu Ende war. Hab die Glut gesehen. Hat mich fuchsteufelswild gemacht, daß die Regierung so was tun konnte… nicht, daß die Bombe in Oklahoma City in Ordnung war, versteh mich nicht falsch… aber der Punkt war Koresh«, sagte sie und wackelte mit dem Finger vor meiner Nase. »Sie haben einen Film von ihm gezeigt, von vorher, wie er eine Bibel in der Hand hielt und mit seinen Anhängern so einen Marathon-Gottesdienst gemacht hat und sagte, er wollte einmal Rockstar werden; er hat’s tatsächlich versucht, aber es hat nicht geklappt. Ist statt dessen Prophet geworden. Und wie sah sein Leben am Ende aus? Er wurde verehrt, an einem Ort, wo er jede Frauen kriegen konnte, die er haben wollte, wo er Dope rauchen und die ganze Nacht mit seinen Kumpeln durchsaufen konnte. Ein einziger feuchter Traum. Er hat das Leben eines Rockstars geführt, ohne einer werden zu müssen; er hat bekommen, was er wirklich wollte: Sex und Drogen und Verehrung. Er war nicht heiliger als… ich weiß nicht, Frank Zappa oder so jemand, aber er hat so getan, als ob er es wäre, hat sich seine eigene Farm beschafft, all die Waffen, die sein Herz begehrte, und am Ende wurde er sogar zu einer Art blödem Märtyrer, dank des FBI und dieses fetten Idioten Clinton. Offen gesagt, es kümmert mich einen feuchten Kehricht, daß Koresh tot ist oder daß seine Anhänger tot sind, auch wenn es mir vermutlich was ausmachen sollte; man meint immer gern, daß sie wußten, worauf sie sich einließen, und daß sie einfach nur blöd waren und daß man selbst in derselben Situation viel klüger wäre… Nein, es waren die Kinder, um deretwillen ich geweint habe, Isis; es war das Wissen, daß sie tot waren, das Wissen, daß sie gelitten hatten und nicht alt genug waren, sich selbst eine Meinung über den beschissenen, verrückten Macht-Trip zu bilden, den dieses egoistische Arschloch Koresh bei seinen Leuten abzog.«
    Ich starrte meine Großmutter an. Sie nickte, während sie auf die Fahrbahn vor uns blickte. »Das ist meine Meinung zu der Sache, meine liebe Enkelin. So wie ich das sehe, sind Frauen diesem Heiliger-Mann-Scheiß durch alle Jahrhunderte hinweg auf den Leim gegangen, und wir tun’s immer noch. Himmel. Die drei großen ›Ks‹: Koresh, Khomeini, Kahane; nun, zum Teufel mit ihnen allen, mit all diesen Fundamentalisten und auch mit dieser beschissenen Aum-Bande aus Japan.« Yolanda schüttelte wütend den Kopf. »Die Welt sieht jeden Tag mehr wie ein Scheiß-Comic-Heft aus.«
    Ich nickte und nahm davon Abstand, meine Großmutter zu fragen, wovon genau sie da eigentlich redete. Sie holte tief Luft und schien sich etwas zu beruhigen. Sie lächelte mir flüchtig zu. »Ich sage ja nur, daß du es nicht unbedingt überstürzen solltest, so richtig bei euch einzusteigen, Isis. Finde raus, was du wirklich willst, aber denk immer dran: Männer sind ein bißchen verrückt und ein bißchen gefährlich, und sie sind auch höllisch eifersüchtig. Opfere dich nicht für sie, denn die Arschlöcher würden es ganz sicher nicht für dich tun. Tatsache ist, sie würden versuchen, dich zu opfern.«
    Ich beobachtete sie eine Weile beim Fahren. Schließlich sagte ich: »Also bist du auch vom Glauben abgefallen, Großmutter?«
    »Zum Teufel«, erwiderte Yolanda gereizt. »Ich habe eurer Gemeinschaft nie wirklich angehört, Is. Ich war immer nur eine Mitläuferin. Jerome wollte seine Seele retten. Zuerst habe ich Salvador… charismatisch gefunden, später habe ich mich dann mit all den Leuten auf dem Hof angefreundet, und dann haben Alice und Christopher geheiratet; und plötzlich

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