Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung
blinkt der Bildschirm grün und die Ferox jubeln. Der Bildschirm rechts zeigt an, wie lange sie gebraucht hat.
Ich starre nicht länger auf die Monitore, sondern spurte los, um Christina und Will einzuholen. Tobias steht auf der linken Seite des Raums an einer Tür, die mir beim letzten Mal, als ich hier war, gar nicht aufgefallen ist. Sie liegt gleich neben dem Eingang zur Angstlandschaft. Ich gehe an ihm vorbei, ohne ihn anzusehen.
Der Raum ist groß, in ihm hängt ein weiterer riesiger Bildschirm, vor dem mehrere Leute in einer Reihe nebeneinandersitzen. Einer von ihnen ist Eric, auch Max ist unter ihnen, die anderen sind älter. Den Kabeln und Elektroden an ihren Köpfen und ihrem leeren Gesichtsausdruck nach zu schließen, beobachten sie alle die laufende Simulation. Hinter ihnen befindet sich eine weitere Stuhlreihe, aber alle Sitze sind bereits besetzt. Da ich die Letzte bin, bekomme ich keinen Platz mehr.
» Hey, Tris!«, ruft Uriah quer durch den Raum. Er sitzt bei den gebürtigen Ferox und klopft einladend auf seine Oberschenkel. » Du kannst dich auf meinen Schoß setzen, wenn du willst.«
» Klingt verlockend«, rufe ich grinsend zurück. » Danke für das Angebot, aber ich stehe lieber.«
Ich will nicht, dass Tobias sieht, wie ich bei einem anderen Jungen auf dem Schoß sitze.
Im Nachbarraum gehen die Lichter wieder an. Marlene kauert am Boden, ihr Gesicht ist tränennass. Max, Eric und ein paar andere erwachen aus der Erstarrung, mit der sie die Simulation beobachtet haben, und gehen zu ihr hin. Ein paar Sekunden später sehe ich sie auf dem Bildschirm. Sie gratulieren ihr zum Abschluss.
» So, jetzt sind die Fraktionswechsler dran«, verkündet Tobias. » Die Reihenfolge, in der ihr den Abschlusstest ablegt, richtet sich nach eurem derzeitigen Ranking. Drew geht als Erster rein, Tris als Letzte.«
Das heißt, vor mir sind fünf Leute.
Ich stehe hinten im Raum, ein paar Schritte von Tobias entfernt. Wir beide tauschen verstohlene Blicke aus, als Eric Drew mit der Nadel sticht und ihn in den Raum der Angstlandschaften schickt. Wenn ich an die Reihe komme, werde ich wissen, wie gut die anderen abgeschnitten haben und wie gut ich sein muss, um sie zu schlagen.
Von draußen zuzusehen, ist nicht allzu spannend. Ich sehe, wie Drew sich bewegt, aber ich weiß nicht, worauf er reagiert. Nach einer Weile schließe ich die Augen und versuche, an gar nichts zu denken. Darüber zu spekulieren, welchen und wie vielen Ängsten ich mich stellen muss, bringt nichts. Ich darf nur nicht vergessen, dass ich die Simulationen beeinflussen kann, das ist das Wichtigste– so wie ich es schon mehrfach getan habe.
Als Nächstes geht Molly in den Raum. Sie braucht nur halb so lange wie Drew, aber auch sie hat Probleme. Sie verliert viel Zeit, als sie ihre Panik niederkämpft und versucht, wieder regelmäßig zu atmen. Einmal schreit sie sogar lauthals.
Ich wundere mich, wie leicht es mir fällt, alles andere aus meinen Gedanken auszublenden– die Gedanken an den Krieg gegen die Altruan, an Tobias, Caleb, meine Eltern, meine Freunde, meine neue Fraktion, sie alle verblassen. Im Moment geht es einzig und allein darum, die Prüfung hinter mich zu bringen.
Christina ist die Nächste. Dann Will. Dann Peter. Ich schaue ihnen nicht zu, ich will nur wissen, wie viel Zeit sie brauchen. Zwölf Minuten, zehn Minuten, fünfzehn Minuten. Dann wird mein Name aufgerufen.
» Tris!«
Ich mache die Augen auf und gehe nach vorn zu Eric, der bereits eine Spritze mit einer orangefarbenen Flüssigkeit in der Hand hält. Ich spüre den Einstich in meinen Nacken kaum, nehme kaum Erics gepierctes Gesicht wahr, als er den Kolben niederdrückt. Ich stelle mir vor, dass das Serum flüssiges Adrenalin ist, das durch meine Adern schießt und mich stark macht.
» Bereit?«, fragt er mich.
Ich bin bereit.
30 . Kapitel
Ich betrete den Raum. Als Waffe habe ich weder Gewehr noch Messer, sondern einen Plan, den ich mir in der vergangenen Nacht zurechtgelegt habe. In denke an Tobias’ Worte. Im dritten Prüfungsabschnitt geht es darum, sich geistig vorzubereiten und Strategien zu entwickeln, mit denen man seine Ängste überwinden kann.
Wenn ich nur wüsste, in welcher Reihenfolge meine Ängste auf mich einstürmen. Ich wippe auf den Zehenspitzen, während ich auf die erste Angst warte. Ich bin schon jetzt außer Atem.
Der Boden, auf dem ich stehe, verändert sich. Gras wächst aus dem Beton, schwankt in einem Windhauch hin und her, den man
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