Die Braut des Ritters
gewesen, im Freien auf dem harten Boden zu schlafen, doch vergangene Nacht war es ihm als das erträglichere von zwei Übeln erschienen. Er ließ den Blick zum Zelt wandern, in dem er hätte schlummern sollen, und seine Miene wurde düster. Er hatte den Abend in dem vergeblichen Bemühen zugebracht, das Bild von der nackten, sich an ihn schmiegenden Avelyn zu vertreiben. Die Vorstellung, seiner jungen Frau in ihrem Nest aus Fellen Gesellschaft zu leisten, erschien verlockend. Zu verlockend. Allzu leicht hatte er sich vorstellen können, wie sich ihr warmer, weicher, hüllenloser Leib in der Dunkelheit anfühlte, wie ihr Hinterteil gegen seine Lanze drängte, wie ihre Brüste gegen seinen Arm drückten. Schon der bloße Gedanke hatte ihn erregt, und das Wissen, dass er sein Verlangen nicht würde stillen können, hatte ihn wach gehalten.
Paen schlug das Fell zurück, in das er sich gewickelt hatte, und erschauerte in der kühlen Morgenluft, die ihn daran gemahnte, dass sein Oberkörper nackt war. Trotz der Löcher hätte seine Tunika Schutz vor den Naturgewalten geboten. Doch er hatte es nicht riskieren wollen, sie aus dem Zelt zu holen - nicht mit der Erinnerung an Avelyns bare Brüste im Kopf.
Grundgütiger! Paen hatte sich nie als liebestollen Schürzenjäger betrachtet. Er hatte seine Bedürfnisse, zugegeben, und hatte sie bislang gestillt, sobald sie aufgekommen waren. Aber nie hatte er zu sinnlichen Exzessen geneigt. Das war nun anders, da sich ihm das Bild seiner Frau eingebrannt hatte. Oh, wie gern hätte er jeden Zoll ihres weichen, üppigen Körpers mit Händen und Lippen erkundet und ...
Er verscheuchte den Gedanken und beschloss, seine Tunika zu lassen, wo sie war, bis er ein nettes kaltes Bad im Fluss genommen hatte - ein nettes langes kaltes Bad. Oh ja, lang.
Paen seufzte und wankte müde durchs Lager zu dem Pfad, der zum Fluss führte. Ein belebendes Tauchbad ist jetzt genau das Richtige, redete er sich gut zu. Während er den Pfad entlangschritt, rieb er sich verschlafen das Gesicht, um wach zu werden.
Morgens war Paen zu nichts zu gebrauchen. Für gewöhnlich erweckte ihn erst ein ordentlicher Schwall kaltes Wasser über den Kopf zum Leben.
Er hielt sich die Hand vor den Mund, um ein Gähnen zu unterdrücken, und plante den Ablauf dieses Morgens. Zunächst musste er sich erleichtern, danach würde er in den Fluss springen und anschließend die anderen wecken, um aufzubrechen. Er hoffte, heute bis Hargrove zu kommen, um seinen neuen Knappen in Empfang zu nehmen. Der Junge war Lord Hargroves Sohn. Hargrove hatte ihn Paen angeboten, als er hörte, dass dessen letzter Knappe verschollen war - allerdings hatte Lord Hargrove das Angebot erst unterbreitet, nachdem er erfahren hatte, dass Paen in keine Schlacht mehr ziehen würde.
Paens Blick fiel auf einen Busch voller Brombeeren, und sein Schritt wurde langsamer. Die Beeren waren dick und reif und saftig und ließen ihm das Wasser im Munde zusammenlaufen. Eigentlich aß er lieber Fleisch, Käse und Brot, doch da er sich standhaft weigerte, Hilfe beim Essen anzunehmen, war es lange her, dass er etwas Anständiges in den Bauch bekommen hatte. Zu fasten machte ihm nichts aus. Es war etwas, an das er gewöhnt war, und ein einziger Tag setzte ihm nicht zu. Zum Glück vermochte er zwischen seinen bandagierten Händen einen Becher zu halten, sodass er zumindest trinken konnte. Heute aber war er derart hungrig, dass ihm die Beeren so köstlich vorkamen, als hingen gebratene Lammkeulen an den Zweigen.
Neben dem Beerenbusch blieb er stehen und warf einen Blick den Pfad entlang, den er gekommen war. Niemand folgte ihm. Er leckte sich die Lippen, wandte seine Aufmerksamkeit wieder den Früchten zu, sank vor dem Busch auf die Knie und beugte sich vor, um eine reife Beere mit dem Mund zu pflücken. Er zog sie vom Zweig und hätte beinahe aufgestöhnt, als sie ihm auf der Zunge zerplatzte und ihre Süße ergoss. Sie schmeckte himmlisch, war köstlichste Ambrosia, und noch ehe er die erste Frucht geschluckt hatte, lehnte er sich schon vor, um der nächsten habhaft zu werden. So kniete er eine Weile da, verschlang eine Beere nach der anderen wie eine Biene den Nektar ... bis er rechts neben sich im Unterholz etwas knacken hörte.
Paen erstarrte und blickte den Pfad entlang, die Augen zusammengekniffen. Es war nichts zu sehen, doch etwas bewegte sich hörbar durchs Brombeergestrüpp, und zwar etwas Großes. Irgendein Tier vielleicht? Als er durch die Zweige hindurch
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