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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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hübsch, rebellisch, bezaubernd. Inzwischen war sie unvergleichlich. Jay kannte niemanden, der besser schoß als sie, und sie hatte ihn beim Wettreiten um Längen geschlagen. Lizzie scheute sich nicht, in einen Bergwerkstollen hinabzusteigen, und machte sich einen Spaß daraus, die feine Tischgesellschaft mit einer Maskerade zum Narren zu halten. Eine solche Frau war ihm noch nie begegnet.
    Einfach war der Umgang mit ihr natürlich nicht. Lizzie war eigenwillig, selbständig und von sich überzeugt. Kaum eine Frau stellte so oft und so gerne die Meinung der Männer in Frage - und doch vergab ihr jeder, weil sie ihren Protest so charmant vorzubringen verstand: das hübsche Gesichtchen mal nach links, mal nach rechts geneigt, die Stirn gerunzelt und dabei doch lächelnd… So widersprach sie und ließ kein gutes Haar an dem, was man zuvor gesagt hatte.
    Im Stallhof traf Jay mit Robert zusammen, der zur gleichen Zeit nach Hause kam. Sein Bruder war in schlechter Stimmung. Wenn er sich ärgerte, ähnelte er mit seinem geröteten, eingebildeten Gesicht dem Vater noch mehr als sonst.
    »Was ist denn mit dir los?« fragte Jay, doch Robert beachtete ihn gar nicht. Wütend warf er einem Pferdeknecht die Zügel zu und stampfte ins Haus.
    Jay führte gerade Blizzard in den Stall, als Lizzie zurückkehrte. Auch sie war wütend, doch machte sie der Hauch Zornesröte auf ihren Wangen und das Funkeln in ihren Augen nur noch hübscher. Jay starrte sie an; er war wie verzaubert. Ich will dieses Mädchen besitzen, dachte er. Sie soll mir gehören, mir allein…
    Er war drauf und dran, ihr an Ort und Stelle einen Heiratsantrag zu machen, doch bevor er den Mund aufmachen konnte, sprang Lizzie vom Pferd und sagte: »Ich weiß, daß Menschen, die sich schlecht benommen haben, bestraft werden müssen, aber von Folter halte ich überhaupt nichts. Wie denken Sie darüber?«
    Jay sah nichts Unrechtes darin, daß man Verbrecher folterte, aber angesichts der Stimmung, in der sich Lizzie befand, wußte er seine Meinung für sich zu behalten. »Sie haben völlig recht«, sagte er. »Waren Sie oben am Schacht?«
    »Es war furchtbar! Ich habe Robert gebeten, den Mann freizulassen, aber er weigerte sich.«
    Also hatten die beiden sich gestritten. Jay ließ sich seine Freude nicht anmerken. »Sie kennen die Tretmühle noch nicht? Kommt immer wieder mal vor.«
    »Nein, ich wußte nichts davon. Es ist mir schleierhaft, wie es passieren konnte, daß ich vom Leben der Bergleute bisher nicht die geringste Ahnung hatte! Wahrscheinlich hat man mir die Wahrheit vorenthalten, um mich zu schützen. Weil ich ein Mädchen bin.«
    »Robert sah ziemlich wütend aus, als er kam.« Es war ein Test.
    »Die Bergleute haben ein Kirchenlied gesungen und hörten auch nicht auf, als er es ihnen befahl.«
    Schön, dachte Jay mit wachsender Begeisterung. Da hat sie offenbar gesehen, wie Robert den Schweinehund herauskehrt. Meine Chancen steigen von Minute zu Minute…
    Ein Knecht übernahm Lizzies Pferd. Gemeinsam schritten sie über den Hof aufs Hauptgebäude zu. In der Halle unterhielten sich Robert und Sir George. »Es war ein Akt dreister Befehlsverweigerung«, sagte Robert. »Wir dürfen auf keinen Fall zulassen, daß McAsh davon profitiert.«
    Lizzie räusperte sich verärgert, und Jay sah eine Gelegenheit, Punkte bei ihr zu sammeln. »Ich meine, wir sollten uns überlegen, ob wir McAsh jetzt nicht laufen lassen können«, sagte er zu seinem Vater.«
    »Mach dich nicht lächerlich!« fauchte Robert.
    Jay erinnerte sich an das Argument, das Harry Ratchett vorgebracht hatte. »Der Mann ist ein Unruhestifter. Wir sollten froh sein, wenn wir ihn los sind.«
    »Er hat sich offen gegen uns gestellt!« protestierte Robert. »Das können wir einfach nicht durchgehen lassen.«
    »Er hat ja längst dafür gebüßt«, warf Lizzie ein. »Er ist auf barbarische Weise bestraft worden.«
    »Nein, Elizabeth, barbarisch war das nicht«, entgegnete Sir George. »Sie müssen wis sen, diese Leute empfinden Schmerzen nicht so wie wir.« Ehe Lizzie nachhaken konnte, wandte er sich an Robert: »Aber es stimmt schon, er ist nicht ungeschoren davongekommen. Die Bergleute wissen jetzt, daß sie an ihrem einundzwanzigsten Geburtstag nicht einfach gehen können. Wir haben ihnen das sehr deutlich zu verstehen gegeben. Ich frage mich, ob wir ihn jetzt nicht still und leise verschwinden lassen sollten.«
    Robert war damit nicht zufrieden. »Jimmy Lee ist auch ein Unruhestifter, aber wir haben ihn

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