Die Büro-Alltags-Bibel
Informationen regelrecht zugeschüttet zu werden (DA K-Gesundheitsreport , 2008). Und erst kürzlich ergab eine Studie unter amerikanischen Internetnutzern, dass die Zahl der Medien, die wir parallel einsetzen, stärker steigt als die Zeit, die wir online verbringen.
Stellen Sie sich bitte vor, wie sich das auf den Job auswirken muss. Ach was – sehen Sie sich einfach nur um! Die »permanente Halbaufmerksamkeit«, die dadurch ausgelöst wird und die die amerikanische Autorin und Ex-Microsoft-Managerin Linda Stone einmal so genannt hat, beeinträchtigt bereits in gravierendem Maß unseren Alltag, unsere Lernfähigkeit, unsere Kreativität und unser Ausdrucksvermögen. Zwar amüsieren wir uns nicht zu Tode, wie es einst der Medienkritiker Neil Postman befürchtete. Dafür aber kommunizieren wir bis zur geistigen Flatrate. Sogar wörtlich. Als Forscher des Londoner King’s College Büroangestellte beobachteten, die neben ihrer Arbeit fortwährend E-Mails lasen und schrieben, stellten sie ernüchtert fest, dass diese Leute so arbeiteten, als hätten sie einen um bis zu zehn Punkte geringeren Intelligenzquotienten als sonst. Zum Vergleich: Das Rauchen eines einzigen Joints verringert das geistige Potenzial allenfalls um vier I Q-Punkte .
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich sage nicht, Handys machen so dumm wie kiffen. Man kann dem Hammer schließlich auch nicht vorwerfen, dass er auf den Finger drischt. Aber ich fürchte, wir sind an dieser Dauersendungsmisere selbst schuld. »Man kann nicht nicht kommunizieren«, wusste zwar schon der Philosoph Paul Watzlawick und meinte damit vor allem die subtilen Signale, die selbst vom Schweigen ausgehen. Der Satz stimmt aber auch in seiner doppelten, modernen Bedeutung: Egal, welchen Beruf Sie ausüben – an der Multi-Kanal-Kommunikation kommen Sie heute einfach nicht mehr vorbei. Erst recht, wenn Sie im Beruf weiterkommen und Karriere machen wollen. Es gehört mittlerweile zum guten Ton, auf allen Kanälen zu senden. Niemand wirkt monotoner als ein verortetes Funkloch. Und die besten Ideen, die meisten Erfahrungen, die höchste Fachkompetenz nutzen nichts, wenn man sein Wissen nicht präsentieren, weiterleiten und uploaden kann. Selbst wer nur mit Geschäftspartnern in spe ins Gespräch kommen, eine angenehme Atmosphäre aufbauen oder sich einfach nett unterhalten will, braucht heute kommunikative Stärken – in Wort, Schrift und in maximal 140 Zeichen wie etwa bei Twitter.
Allerdings gibt es Unterschiede zwischen belanglosem Plaudern, einer kunstvollen Präsentation und echter Konversation. Erstere ist immer irgendwie amüsant, Zweites hoffentlich lehrreich, aber ein gutes Gespräch zu führen ist mehr. Der Unterschied zwischen Reden und Gerede liegt schlicht und ergreifend im Fokus, in der Konzentration auf das Gegenüber. Ein Beispiel dazu: Eine junge Frau geht durch die Klapptür einer U-Bahn in London und bleibt stecken. Sie ruft in die Menge, dass ihr bitte jemand helfen möge. Niemand reagiert. Alle gehen weiter, keiner hilft. Die Frau wird immer verzweifelter. Doch dann erinnert sie sich an einen Schlüsselsatz während ihrer Kampfsportausbildung: Wenn du ein Problem hast, fokussiere deine Energie. Also sucht sie sich gezielt einen Menschen aus der Menge heraus und spricht ihn direkt an: »Hey Sie, ja, Sie da, im braunen Mantel! Ich stecke hier fest. Bitte rufen Sie sofort die Aufsicht und helfen Sie mir!« Und tatsächlich: Der Mann reagiert und die Frau wird kurz darauf befreit.
Die Anekdote lässt sich problemlos auf den Büroalltag übertragen: Nur weil wir ständig und mit vielen Menschen parallel quatschen, heißt das nicht, dass wir wirklich mit ihnen reden. Deswegenkommt ja auch häufig so wenig dabei heraus. Wir glauben, wir wären kommunikativ, aber in Wahrheit sind wir allenfalls unterhaltsam. Es gibt Studien, die zeigen, dass Menschen ein Gespräch dann als besonders wertvoll einstufen, wenn sie die meiste Zeit selbst geredet haben – vor allem über sich selbst: die eigenen Stärken, Erfolge, die Arbeit, ihre Genialität. Männer sind darin nahezu unschlagbar – vor allem in Gegenwart von attraktiven Frauen. Ein Irrglaube. Ein echtes Gespräch kommt erst zustande, wenn wir die Beziehung zum Gegenüber ins Blickfeld rücken. Es verbindet zwei Menschen, die nicht nur jeweils eigene Ideen austauschen, sondern sich wirklich annähern wollen. Auch wenn es in diesem Kapitel mehrheitlich um die Bewältigung aufdringlicher Mentalathleten mit
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